Nach Mord an Ehefrau: "Gewaltprävention muss effektiver werden"
WEISSENKIRCHEN. Ein 46-Jähriger hat seiner Ehefrau (42) in den Hinterkopf geschossen, sie saß gerade am Esstisch. Der Mord an der fünffachen Mutter erschütterte am Wochenende ganz Österreich. Politikerinnen reagieren mit Forderungen darauf.
Laut Polizei gab es einen bereits jahrelang schwelenden Streit zwischen den beiden. Nach der Tat verständigte der Mann die Polizei und ließ sich widerstandslos festnehmen. Die Frau verstarb im Kepler Uniklinikum. Der Täter wurde über in die Justizanstalt Wels eingeliefert. 2021 waren es 31 Frauen, die in Österreich von ihren (Ex-)Partnern getötet wurden. Ähnlich hoch waren die Zahlen in den Vorjahren: 2020 wurden ebenfalls 31 Frauen ermordet, 2019 waren es 39 und 2018 starben 41 Frauen durch ihnen nahestehende Männer.
Durch gezieltes Einschreiten ist effektiver Gewaltschutz möglich
„Ich bin zutiefst betroffen über den brutalen Mord bei uns im Bezirk Vöcklabruck“, sagt Grüne-Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger aus Seewalchen. „Wichtig ist, dass wir auf diese Gewalttat genau hinschauen und für die Zukunft lernen. Gewaltprävention muss effektiver werden, indem es klare Verantwortlichkeiten und ein rasches Einschreiten gibt – nämlich bevor etwas passiert.“ Es gibt viele Organisationen wie beispielsweise Polizei, Gewaltschutzzentren, Frauenhäuser etc., die mit dem Thema Gewaltschutz befasst sind. „Der multidisziplinäre Ansatz ist wichtig, um die Komplexität des Phänomens Gewalt gegen Frauen abzubilden. Es braucht jedoch eine klare Verantwortlichkeit im Sinne der Koordination, um ein gezieltes Einschreiten sicherzustellen und das sehe ich am ehesten bei der Polizei, die einerseits über speziell geschulte Präventionsbeamte verfügt und andererseits im Krisenfall Annäherungsverbote und Wegweisungen aussprechen kann“, so Hauschildt-Buschberger.
„2022 darf nicht zu einem zweiten 2021 werden“
„2022 darf auch beim Thema Gewalt gegen Frauen nicht zu einem zweiten 2021 werden. Der erste Femizid des Jahres ist bereits einer zu viel und ist Auftrag, die Situation für betroffene Frauen rasch zu ändern. In den letzten Jahren haben die Übergriffe in den eigenen vier Wänden gerade durch Ausgangssperren oder auch die zunehmende Belastung durch Arbeitslosigkeit leider weiter zugenommen. Die Politik hat gerade auch den Frauen in unserem Land viel zugemutet und muss deshalb jetzt auch mit den Folgen umgehen“, sagt die stellvertretende NEOS-Klubobfrau Julia Bammer.
NEOS werden sich in diesem Jahr weiter auf allen Ebenen für ein Aufbrechen von veralteten Rollenbildern und ein Enttabuisieren des Themas Gewalt an Frauen einsetzen. Beginnen müsse man schon im Bildungsbereich, sagt Bammer: „Nur wenn wir schon im Kindergarten und in der Schule vermitteln, dass der starke Mann ohne Gewalt noch viel stärker ist, schaffen wir es, das tradierte Rollenbild in den Köpfen unserer Gesellschaft nachhaltig zu bekämpfen. Wir müssen neben den Schulen auch am Stammtisch, in der Mittagspause und beim Fußballtraining über Gewalt an Frauen sprechen.“
Gleichzeitig müsse auch der niederschwellige Ausbau von Anlaufstellen schon vor Baubeginn stärker unterstützt werden. „Wir sehen es aktuell beim geplanten Frauenhaus Salzkammergut. Die Förderung vom Land setzt erst ab Grundkauf und Bautätigkeit ein. Der Aufbau der Infrastruktur vorab ist eine Hürde, die oft zu Verzögerungen bei der Schaffung von Anlaufstellen führt. Es ist unsere Aufgabe als Landtag, diese Hürden abzubauen. Ich werde den Verein rund um das Frauenhaus Salzkammergut auch persönlich als Mitglied unterstützen“, so die Gmundner Landtagsabgeordnete Bammer.
„Gewalt einen Riegel vorschieben“
Ähnlich sieht das auch NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter, die aus Mondsee stammt. „Das besonders Schlimme ist: Dieser Mord ist der erste im heurigen Jahr, wird aber beileibe nicht der letzte sein“. Durchschnittlich alle drei Wochen wird in Österreich eine Frau umgebracht; nirgendwo sonst in Europa ist die Mordrate an Frauen so hoch, wie bei uns. Die meisten Morde passieren nicht plötzlich, denn viele Täter sind bereits amtsbekannt. Sie sind häufig in früheren oder in der aktuellen Beziehung durch Gewalt aufgefallen und die Behörden wurden informiert.
„Wir müssen daher dringend besser darin werden, früher einzugreifen und der Gewalt einen Riegel vorzuschieben, bevor Frauen sterben. Die verantwortliche Ministerin Susanne Raab ist hier viel zu wenig entschlossen und agiert defensiv.“ Auch die Rufe nach einer besseren finanziellen Ausstattung des Gewaltschutzes verhallen ungehört. Es brauche 228 Millionen Euro und zusätzliche 3.000 Stellen im Gewaltschutz, um diesen Tragödien wirksam entgegenzutreten. „Wir NEOS haben schon im Sommer ein umfassendes Gewaltschutz- und Gleichstellungskonzept vorgelegt. Durch präventive Maßnahmen wie Informationskampagnen und das Aufbrechen von Geschlechterstereotypen müssen wir endlich eine echte Gleichstellung zwischen Mann und Frau erreichen. Ein Unterhaltsvorschuss des Bundes kann dafür sorgen, Frauen weniger abhängig zu machen. Außerdem braucht es endlich eine ordentliche Beweissicherung, denn viele Täter kommen ungeschoren davon.“
„Jetzt endlich handeln“
Erschüttert zeigt sich auch SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. „31 Femizide im Jahr 2021 und mehr als 50 Mordversuche. Die Bundesregierung ist aufgefordert, unter Einbindung aller Experten, endlich zu handeln“. Es brauche jetzt einheitliche Kenngrößen, um Gefährder rasch festzustellen, regelmäßige Hochrisikofallkonferenzen, einen Ausbau der Präventionsarbeit sowie Sensibilisierung der Justiz. „Die dringend notwendigen Fallkonferenzen können nur von der Behörde statt von den Gewalt- und Opferschutzeinrichtungen einberufen werden. Das ist ein Fehler“, so Holzleitner. Die SPÖ-Frauenvorsitzende erneuert außerdem ebenfalls die Forderung nach 228 Millionen Euro sowie zusätzlich 3.000 Beschäftigten im Gewalt- und Opferschutz.
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