Folgen des Ukraine-Kriegs: Familienbetrieb in turbulenten Zeiten
ATTNANG-PUCHHEIM. Die weitreichenden Folgen des Ukraine-Kriegs auf Preise und Lieferzeiten stellen das europäische Unternehmen overtec vor große Herausforderungen. Sebastian Hilscher, Geschäftsführer von overtec, hat große Pläne für den Familienbetrieb: „Ich will unseren Umsatz die nächsten zwei Jahre verdoppeln!“ Doch nun wurde er über Nacht vor eine der größten Herausforderungen seiner jungen Karriere gestellt.
Durch Russlands Einmarsch in die Ukraine sind die Produktionen vieler Lieferanten von Teilen und Rohmaterial drastisch eingebrochen. Unternehmen, die in Russland, Weißrussland oder der Ukraine auf Lieferantenbeziehungen angewiesen sind, müssten kurzfristig für lokalen Ersatz sorgen. Das führt teilweise dazu, dass selbst jene Firmen, die österreichische Produktionsstätten besitzen, aufgrund der Einkaufsverlagerungen völlig ausgelastet sind. Nun steht overtec vor zwei signifikanten Problemen: einerseits erhöhen sich die Lieferzeiten bestimmter Komponenten um viele Monate und andererseits sind hohe Preisanstiege zu beobachten, was die Wachstumspläne von Sebastian Hilscher durchkreuzen könnte. Overtec und viele andere Unternehmen müssen jetzt rasch auf die plötzlichen Veränderungen am Markt reagieren.
Lieferengpässe
Neue Konzepte, Weiterentwicklung der Produktpalette und eine Diversifizierung der Lieferanten und Kunden sind wichtige Schritte in dieser existenzgefährdenden Situation. Die Lieferengpässe entstehen aus zwei Gründen: In der Ukraine wurde die Produktion weitgehend eingestellt, während die Transportrouten für Lieferungen aus Russland gesperrt wurden. Russische Lkw können die Grenzen nicht mehr passieren – bereits getätigte Bestellungen hängen fest. Overtec ist davon besonders betroffen, da sein Hauptlieferant für Holzzementplatten ebenfalls plötzliche Einbrüche bei den Produktionskapazitäten zu verzeichnen hat. Betrug die Lieferzeit kürzlich noch vier Wochen, rechnet overtec inzwischen mit bis zu sechs Monaten. Angebote von neuen europäischen Produzenten müssen eingeholt werden, die jedoch ohnehin bereits größtenteils ausgelastet sind.
Preissteigerungen
„Ich habe aus dieser Situation gelernt, dass man niemals auf ein Pferd setzen darf, sondern Herstellern und Kunden in mehreren Ländern aufbauen muss. Wir müssen schnell reagieren und Preissteigerungen an Kunden weitergeben oder alternative Materialien suchen und finden“, so Hilscher. Für die Preissteigerungen gebe es unterschiedliche Gründe, so overtec: Viele Holzlieferungen kommen aus der Ukraine, Russland und Belarus, wo die Wirtschaftssanktionen und Ausfälle den Holzpreis enorm in die Höhe treiben. Metall wird zwar nur teilweise aus der Ukraine bezogen, trotzdem besteht eine große Unsicherheit am Markt, welche sich ebenfalls in Preissteigerungen niederschlägt. Preisangaben schwanken bei unterschiedlichen Herstellern um bis zu 50 Prozent und gelten letztendlich nur noch für wenige Stunden.
Gewinneinbußen
Im Vergleich zu Vorkrisenzeiten lagen die Preisunterschiede in der Beschaffung von Rohmetall üblicherweise nur im Cent-Bereich. Als Familienunternehmen sind das für overtec ungewohnte Umstände. Manche Bauunternehmer geben die Preissteigerungen an Zwischenhändler weiter und verursachen so auch höhere Kosten bei Endkunden. Viele Unternehmen müssen sich an vertraglich vereinbarte Preise halten und werden folglich hohe Gewinneinbußen einfahren oder im schlimmsten Fall sogar in den Konkurs getrieben. Overtec will hingegen gestärkt aus der Krise hervorgehen: „Leading in turbulent times“, sagt der junge Unternehmer Sebastian Hilscher optimistisch, „das braucht es jetzt, um ein langlebiges Zukunftsgerüst aufzubauen“.
Über overtec
Seit mehr als 40 Jahren produziert das familiengeführte Unternehmen mit Standorten in Wien, München und Attnang-Puchheim Fertigteilprodukte für die Bauindustrie. Das Portfolio umfasst die Bereich Attika, Brüstungen, Flachdachabschlüsse und Schachtelemente.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden