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Leserartikel Online Redaktion, 17.11.2016 08:08

BEZIRK. Ein neues Buch über das Waldviertel ist erschienen. „Es geschah im Waldviertel“ ist der Titel. Autor Thomas Hofmann hat in alten Zeitungsarchiven gestöbert und interessante Beiträge gefunden. Garniert werden die historischen Presseberichte mit Bildern von damals. von ERICH SCHACHERL

Ereignisse welcher Art auch immer bleiben lebendig, wenn sie weitererzählt werden. Zu Papier gebracht, bleiben sie auch dann erhalten, wenn sie im Laufe der Zeit aus dem Gedächtnis verschwinden. Kramt sie dann irgendwann jemand aus den Archiven, lassen sie die Vergangenheit hinter sich und tauchen in die Gegenwart ein.

Aus alten Archiven

Buchautor Thomas Hofmann hat genau das getan. „Wir folgen dem gedruckten Wort in alten Zeitungen, blättern in Gazetten, die nicht von heute, auch nicht von gestern, sondern aus dem vorigen, noch besser aus dem vorvorigen Jahrhundert sind“, schreibt er in den einleitenden Bemerkungen zum kürzlich erschienenen Buch „Es geschah im Waldviertel“. Hofmann hat alte Zeitungsarchive durchstöbert und zahlreiche Geschichten aus längst vergangenen Zeiten im Waldviertel gefunden. Sie sind allesamt interessant, viele in der heutigen Zeit gänzlich unbekannt, manche dramatisch, kaum zu glauben, nicht mehr nachvollziehbar, skurril, witzig und amüsant. Insgesamt 45 alte Zeitungsartikel haben in dem 120 Seiten umfassenden Werk Platz gefunden. Eingeteilt sind sie in sieben Themenbereiche.

Vielfalt an Zeitungen

Die meisten der insgesamt 27 verschiedenen Tages- oder Wochenzeitungen aus denen zitiert wird, gibt es schon lange nicht mehr. Etwa „Das Vaterland“, „Volksblatt für Stadt und Land“, „Reichspost“, „Österreichische Land-Zeitung“, „Das interessante Blatt“ oder die Arbeiter Zeitung“. Einige wenige haben die Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte überdauert, beispielsweise „Die Presse“ und als älteste Tageszeitung der Welt die im Jahr 1703 (!) gegründete „Wiener Zeitung“. Auch die Sprache hat sich verändert. Gerade das ist stellenweise sehr amüsant.

Habsburger

Im ersten Kapitel „Kaiser, Kommunisten, Präsidenten“ findet der Leser Presseberichte über das große Heeresmanöver im Raum Schwarzenau und Göpfritz an der Wild unter Beisein Kaiser Franz Josephs und zahlreicher adeliger Gefolgschaft im September 1891. Natürlich war es ein großes Ereignis, als im August 1887 ein Thronfolger in Persenbeug geboren wurde. Das Begräbnis des Thronfolgerpaares Erzherzog Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg auf Schloss Artstetten im Juli 1914 ebenso, wenn auch trauriger Natur. Kaum noch jemand wird wissen, dass im Jahr 1919 der ungarische Kommunistenführer Béla Kun in der Haidlmühle im Thayatal bei Kollmitzgraben für einige Zeit Asyl fand.

Kirche und Klerus

Kirche, Klöster und Klerus stehen im Zentrum des zweiten Kapitels. Vom plötzlichen Tod des Zwettler Pfarrers Moritz Pihringer im Jänner 1916 berichtet das Linzer Volksblatt. Mit viel Glück hat das Stift Altenburg im Juni 1930 einen Blitzschlag überstanden. Am 7. September 1925 berichtet die Arbeiter-Zeitung von einem Einbruch und Diebstahl im Stift Zwettl. Von einer wundersamen Heilung eines Mädchens in Maria Dreieichen berichtet das Neuigkeits-Welt-Blatt Ende Juni 1876. Und 1886 nimmt sich der Kaplan P. Klein von Maria Taferl das Leben.

Einbruch und Mord

Kriminelle Aktivitäten fanden immer schon Platz in Zeitungen, wurden auch immer schon gerne gelesen. Ihnen widmet sich das dritte Kapitel. Der Leser erfährt von einem Eifersuchtsdrama mit Mordversuch in Pöggstall im Juli 1928. Eine diebische Köchin war im März 1914 in Göpfritz an der Wild zu Werke. Ein Meuchelmord ereignete sich im April 1870 in Neupölla. Im August 1895 wurde ein Gendarm in Ausübung seines Berufes in Groß Radischen von Fischdieben erschossen. Kunstverständige Diebe beraubten die Rosenburg im Juni 1920.

Sommerfrische im Waldviertel

Dem Thema Sommerfrischler und Ausflügler ist das vierte Kapitel gewidmet. Da wird über das neu erbaute Hotel Kamptalhof in Gars/Kamp im Mai 1914 berichtet. 1879 werden Pläne zur Renovierung der Burg Hardegg bekannt. 1885 schwärmt ein Redakteur des Neuigkeits-Welt-Blattes von der Schönheit des Marktes Raabs/Thaya. Zwei Jahre später wird Nöchlng als „ein herrliches Fleckchen Erde“ angepriesen.1901 steht das Jauerling-Gedenkbuch im Mittelpunkt eines Berichtes. Im April 1915 schreibt die Österreichische-Land-Zeitung über den Kremser Verschönerungsverein. 1904 wird die Wasserheilanstalt auf Burg Hartrenstein vorgestellt und 1908 schließlich wird von Plänen berichtet, die Teufelsmauer bei Spitz an der Donau für die geplante Bahntrasse abzutragen.

Wirtschaft

Das fünfte Kapitel widmet sich wirtschaftlichen Themen. Im März 1911 wird bei Langau ein Braunkohlelager entdeckt. Von weißem Marmor aus dem Waldviertel berichtet die Arbeiter-Zeitung im Jänner 1928. Waldviertler Glas aus Neu-Nagelberg ist das Thema eines Artikels vom Jänner 1931. 1880 berichtet die Presse über die Fachschule für Uhren-Industrie in Karlstein/Thaya. Den Findlingen von Amaliendorf und deren Schutz vor Raubbau widmet sich ein Beitrag aus dem Oktober 1893.

Katastrophen

Wie überall hat es auch im Waldviertel „Naturkatastrophen und andere Unglücke“ – so der Titel des sechsten Kapitels - gegeben. Am 28. Mai 1890 schrieb das Linzer Volksblatt: „Donnerstag, den 22. d. ging um die Mittagszeit in Weitra und Umgebung ein Wolkenbruch nieder, der durch volle drei Stunden anhielt, infolge dessen die Vorstadt Lederthal vollständig überschwemmt wurde“. Am 18. Juli 1906 berichtete das deutsche Volksblatt: „Sonntag, den 15. d. M. entführte das Hochwasser der Thaya das mit einem Kostenaufwande von 1700 Kronen neu hergestellte Badehaus in Waidhofen; es zerschellte an der Brücke und wurde dann trümmerweise von den Fluten fortgerissen“. Im Juli 1915 ertrank ein Mädchen in der Braunau im Malerwinkel in Gmünd. Eine Brandkatsatrophe ereignete sich im Oktober 1827 in Horn. Zu einem Eisenbahnunglück kam es im November 1875 auf der Franz Josephs Bahn bei Schwarzenau.

Alltag

„Freud und Leid im Waldviertler Alltag“ berichtet von der Sechshundertjahrfeier in Gföhl im August 1927. Festlichkeiten gab es auch in Heidenreichstein im August 1932 anlässlich der Stadterhebung. Eine abenteuerliche Besonderheit war der Überlandflug des österreichischen Flugpioniers Karl Illner von Wien nach Horn und zurück im Oktober 1910. Im August 1909 wurde in Karlstift ein Denkmal zu Ehren des Dichters Robert Hamerling enthüllt. Kaum jemand weiß, dass im Juli 1907 in Gmünd der erste Oberleitungs-Bus Österreichs in Betrieb ging. Auch der rasche Bau der Eisenbahnbrücke in Zwettl und die Eröffnung der Bahnstrecke von Zwettl nach Martinsberg im Jahr 1906 ist schon in Vergessenheit geraten. Gmünd als Stadt heimatloser Ukrainer war dem „Neuigkeits-Welt-Blatt“ am 22. September 1915 sogar ein gezeichnetes Titelbild wert.

Alte Fotos und Postkarten zu jedem Kapitel bereichern die Texte mit visuellen Kostbarkeiten. Alles in allem hat Thomas Hofmann für die an Waldviertler Geschichte interessierten Leser ein interessantes und nettes Werk verfasst. Erschienen ist „Es geschah im Waldviertel“ in der Edition Winkler-Hermaden, 2123 Schleinbach.


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Gastuser
Gastuser
26.11.2017 21:47

Geboren 1949 in Gmünd, Schule (6-18Jahre) in Waidhofen/Th.

Karl Illner ist 1910 sogar bis Waidhofen/Th. geflogen! Beim Lagerhaus Waidhofen gegenüber ist ein Gedenkstein aufgestellt!