Der kleine Mattis kämpft täglich um sein Leben
WARTBERG AN DER KREMS. Wie ein schlechter Traum hört sich das Schicksal einer jungen Wartberger Familie an. Dabei hatte es so schön begonnen. Mit dem Kauf eines Hauses in Wartberg vor rund zwei Jahren und der bevorstehenden Geburt des zweiten Kindes schien das Glück für Corinna Hofbauer und Lukas Plescher perfekt. Doch dann traf die junge Familie ein Schicksalsschlag: Ihr kleiner Mattis leidet an einer unheilbaren Krankheit.
Alles begann nach einem Organscreening in der 21. Schwangerschaftswoche, als die Ärzte feststellten, dass das Baby zu klein sei. Eine Abtreibung kam für die Eltern jedoch nie in Frage. Am 16. Dezember 2015, zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin, wurden die Herztöne schwächer und die Ärzte holten den kleinen Mattis Jaron (996 Gramm und 38 Zentimeter) mittels Kaiserschnitt auf die Welt. „Ich habe ihn nur kurz gesehen. Nach drei Minuten hat er nicht mehr selbständig geatmet. Erst fünf Stunden später durfte Lukas zu ihm“, berichtet Corinna Hofbauer. „Es war ein schrecklicher Anblick und es hatte den Anschein, als wäre Mattis wirklich unterversorgt gewesen“, erzählt Lukas Plescher.
Mattis ist ein Kämpfer
Kurz nach der Geburt wurde Mattis' Atmung immer schlechter, er benötigte eine Atemunterstützung. Am sechsten Lebenstag hatte der Kleine eine Kreislaufinsuffizienz. Medikamente haben nicht geholfen, nur mit Cortison ging es ihm besser. Die Ärzte stellten fest, dass Mattis keine Nebennieren hat. Es folgten neun Monate Intensivstation und sechs Wochen Interne in Linz sowie rund 20 Lungenentzündungen und mehrere Operationen. Doch Mattis ist ein Kämpfer. Am 3. November 2016 durfte er das Krankenhaus zum ersten Mal verlassen.
Diagnose nach elf Monaten
Zu dieser Zeit konnten die Ärzte noch immer keine Diagnose stellen. Als schließlich der gesamte Genpool untersucht wurde, fand man einen Defekt am Gen SAMD 9. Mattis leidet am sogenannten Mirage Syndrom, eine genetisch bedingte noch völlig unerforschte, seltene und unheilbare Erkrankung. Lediglich fünf weitere lebende Kinder mit diesem erst 2016 erstmals beschriebenen Gendefekt konnten Corinna Hofbauer und Lukas Plescher via Internet bisher ausfindig machen. „Wir sind mit acht Eltern und mehreren Ärzten auf der Welt in Kontakt“, erzählt Corinna Hofbauer.
„Es war einfach Pech!“
Eine weitere Feststellung machten die Ärzte: Der Gendefekt wurde nicht weiter vererbt. „Es war einfach Pech!“, so die bittere Erkenntnis der Eltern nach elf Monaten Ungewissheit. Das traf die junge Familie hart. „Mir war schlecht. Ich habe mich gefragt, wieso trifft es genau uns? Zwar ist es angenehm, dass das 'Suchen' aufgehört hat, aber jetzt wissen wir auch, dass wir es nicht aufhalten können. Das ist erschreckend“, so die 30-jährige Mutter.
Bandbreite an Symptomen
„Wir sind trotz dieser Erkenntnis der Krankheit keinen Schritt voraus. Es gibt verschiedene Ausprägungen und jeder Körper reagiert anders. Mattis hat die ganze Bandbreite an Symptomen“, erzählt Corinna Hofbauer. Ihr 15 Monate alter Sohn hat eine Schluckstörung und bekommt über eine Ernährungssonde fein pürrierte Nahrung. Er wird über ein Tracheostoma (Luftröhrenschnitt) mit Sauerstoff versorgt.
Mit Sauerstoff beatmet
Rund 70 Prozent des Tages ist Mattis am Beatmungsgerät, die restliche Zeit an der feuchten Nase. Mit dem mobilen Sauerstoff kommt er nur bis zu maximal fünf Stunden aus. Zum Schutz der Lunge hat Mattis einen Larynx-Okkluder zwischen den Stimmbändern, das hindert ihn am sprechen. „Wir wissen aber, dass Mattis schreien kann“, berichtet die Mutter. „Außerdem macht er sich bemerkbar, er knirscht mit den Zähnen oder klopft“, so Lukas Plescher. Mattis kann nicht schwitzen, hat keine Tränen und wächst sehr langsam, hat auffällig kleine Hände und Füße (trägt Neugeborenensocken).
Ärzte des Vertrauens
Der Junge verbringt rund drei von vier Wochen im Krankenhaus. Sein Immunsystem funktioniert nicht richtig, deshalb wird er schnell und oft krank. „Man fühlt sich schon wie ein Inventar im Krankenhaus. Aber wir bekommen immer ein großes Zimmer, damit wir zumindest ein Gefühl von Freiheit bekommen“, berichtet die 30-jährige Mutter. „Unser Sohn fällt medizinisch komplett aus der Rolle. Wir wollten immer viel wissen und haben alles hinterfragt, damit sind nicht alle Ärzte zurecht gekommen“, erzählt Corinna, die festgestellt hat: „Je besser wir mit den Ärzten zusammenarbeiten, desto besser geht es Mattis.“ Begeistert ist die Familie von ihren Ärzten des Vertrauens, Oberarzt Bernhard Csillag und Oberarzt Simon Kargl.
Mattis bekommt Physiotherapie und Frühförderung. Wenn es ihm gut geht, ist auch eine Entwicklung sichtbar. An schlechten Tagen kämpft er nur mehr ums Überleben.
Betreuung rund um die Uhr
Zuhause hat die Familie eine kleine Intensivstation. „Mattis braucht uns 24 Stunden am Tag. Nachts wechseln wir uns täglich ab“, so Corinna Hofbauer. Für die junge Mutter wäre es nicht möglich, ihren Sohn alleine zu betreuen.
„Mattis ist ein Fulltimejob“
Zum täglichen Ablauf von 7 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts gehört sechsmal bis zu eineinhalb Stunden Ernährung, sechsmal inhalieren und bis zu 15 Mal die Windeln wechseln. „Es gibt Tage da sitzt man kein einziges Mal“, so Corinna und ihre dreijährige Tochter Nora braucht auch Aufmerksamkeit.
Finanziell wird es oft eng
Corinna Hofbauer ist von ihrer Arbeit als Pädagogin freigestellt. Die neunmonatige Hospizkarenz von Lukas Plescher, der bei der Grünen Erde in Scharnstein angestellt ist, läuft bald aus. Die Eltern der beiden helfen mit, wo es nur geht. Corinnas Eltern bauen derzeit den Dachboden aus, damit sie in Zukunft auch im Haus sind.
Finanziell wird es bei der jungen Familie oft eng, vorallem wenn Mattis auf der Intensiv- und Überwachungsstation des Krankenhauses ist, denn dann entfällt das Pflegegeld. Die Eltern müssen auf viel verzichten, sie haben keine Freizeit.
Umgang mit Gedanken an die Zukunft
Corinna Hofbauer rät Eltern, die ein krankes Kind haben, sich zu trauen, nach Hilfe zu fragen: „Am Anfang wollte ich nicht, dass es jemand weiß. Aber wir brauchen Hilfe, damit wir mit Mattis schön leben können und ich möchte ihm viel Positives geben, dass er bleiben mag.“ Lukas Plescher denkt nicht an die Zukunft: „sondern daran, dass das hier und jetzt funktioniert. Man muss auf sein Recht beharren, obwohl es zusätzlich viel Kraft kostet. Man muss immer optimistisch bleiben und das Schöne nicht verlieren“, so Lukas Plescher, der dazu rät, „sich ein Ventil zu suchen, wie man das ganze verarbeiten kann.“
Unterstützung erhalten
Die Geschichte der Wartberger Familie berührt die Menschen. Einige Lokale und Geschäfte unterstützen sie bereits. Auch Privatpersonen wie Klaus Gutwald aus Ansfelden, der ab 2. Mai den Jakobsweg geht und pro Kilometer 0,50 Euro spendet, haben Aktionen gestartet.
Nur mit Hilfe, können die Eltern bei ihrem Sohn zu Hause bleiben und ihn bei seinem Kampf ums Überleben unterstützen.
Spendenkonto Mattis Plescher:
IBAN: AT43 3438 0850 0622 7730
BIC: RZOOAT2L380
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden