WEINBURG/WIESELBURG. Christoph Schmidl ist ein Profi im Bereich der Optimierung von Biomasse-Heizungen. Für Tips bot er Einblicke in die Welt der Heizsysteme von morgen.
Tips: Herr Schmidl, welche neuen Entwicklungen gibt es im Bereich der Biomasse-Heizungen?
Schmidl: Es gibt eine ganze Reihe von spannenden Entwicklungen. Zum Beispiel arbeiten einige Hersteller an Stromerzeugenden Heizungen für den eigenen Heizraum. In Zukunft soll die Heizung neben Wärme auch Strom liefern. Besonders spannend sind auch die Entwicklungen von Hybridsystemen, wo Biomasse Heizungen mit anderen Technologien intelligent verknüpft werden: Die Kombination einer Holzheizung mit Solaranlagen ist schon ein Klassiker – wenn aber das gesamte System die Wetterprognose für die nächsten Tage berücksichtigt und die Nutzergewohnheiten kennt, um möglichst energieeffizient zu sein, ist das schon sehr innovativ. Außerdem werden heute Biomasse – Heizungen auch mit anderen Technologien gekoppelt. Die Verbindung mit einer Wärmepumpe ist zum Beispiel ganz spannend, weil so die Vorteile beider Technologien optimal genutzt werden können. Beispielsweise wurde kürzlich eine Kombination von Kachelofen und Wärmepumpe gemeinsam mit niederösterreichischen Firmen entwickelt und patentiert.
Tips: Wie gehen Sie an die Entwicklung neuer Systeme heran?
Schmidl: Es gibt unterschiedliche Konzepte um neue Lösungen zu entwickeln. Für „kleinere“ Innovationen geht man oft den Weg der schrittweisen Verbesserung bestehender Systeme. Wenn es große Innovationsschritte sind, wird zunächst das Ziel bzw. die Vision definiert, und dann der Weg zu diesem Ziel definiert. Dafür gibt es wieder eine ganze Reihe von Tools die bei der „Wegfindung“ helfen können. Dann beginnt das Projekt, in dem Schrittweise die neue Technologie entwickelt wird. Wichtig in solchen Prozessen ist, laufend zu kontrollieren ob das Ziel noch immer passt, und ob man sich noch auf dem richtigen Weg befindet. Am Ende wird man dann (meistens) mit einen neuen innovativen Produkt belohnt, das die Kundinnen und Kunden begeistert.
Tips: Welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen?
Schmidl: Die Herausforderungen beginnen schon bei der Zielsetzung. Fragen wie „Was erwarten die KundInnen von morgen?“, „Welche Anforderungen wird es durch Gesetze geben“ usw. muss man sich bei der Definition der Entwicklungsziele stellen. Am Ende sollte das Ziel eindeutig, für alle involvierten Partner verständlich definiert sein. Diese Herausforderung ist schon eine der wichtigsten, um nicht gleich von Beginn an am falschen Weg zu sein. In der Konzeptentwicklung ist dann Fachwissen und Kreativität gefragt: besonders ehrgeizige Ziele können manchmal nicht mit klassischen Ansätzen gelöst werden, hier heißt es dann erfinderisch sein. Ist die richtige Idee zur Umsetzung kommen, ist es dann noch wichtig, laufend zu überprüfen: ob das Ziel noch immer stimmt (das kann sich ja auch im Lauf der Zeit ändern) und ob man noch immer auf dem richtigen Weg in Richtung Ziel ist.
Tips: Wie schwierig ist der Übergang der theoretischen Lösungen hin zur Praxis?
Schmidl: Sehr unterschiedlich. Oft ist die Umsetzung in technische Lösungen bzw. Produkte einfach, manchmal braucht es aber auch jede Menge „Hirnschmalz“ um zu einer praktikablen Lösung zu kommen. Eines beobachten wir fast immer: man unterschätzt den Aufwand der zwischen einer tollen Lösung in der Theorie oder im Labor bis hin zu einem marktfähigen Produkt steckt. Einige innovative Ansätze sind in der Vergangenheit genau an diesem, in der Produktentwicklung gerne als „Tal des Todes“ bezeichneten, Phase auf der Strecke geblieben.
Tips: Ich habe gelesen, dass es ein Qualitätslabel für herausragende Heizsysteme geben soll – wie ist hier der aktuelle Stand?
Schmidl: Ja im Rahmen des Europäischen Forschungsprojektes beReal wurden Prüfmethoden und Kennzeichnungen für besonders gute Biomasse Heizgeräte entwickelt. Diese Geräte werden unter besonders praxisnahmen Bedingungen getestet, und nur wenn sie diese Prüfung bestehen, erhalten sie diese Auszeichnung. Aktuell ist das Forschungsprojekt abgeschlossen, und die Arbeit zur Markteinführung des Labels hat gerade begonnen. Da es geplant ist, dieses Label Europaweit einzuführen, benötigt diese Vorbereitung noch etwas Zeit, aber wir dürfen schon gespannt sein, wann die ersten beReal – geprüften Geräte auf dem Markt sein werden.
Tips: Wie wird Ihrer Meinung nach in Zukunft geheizt werden? Wie schaut die Heizung der Zukunft aus?
Schmidl: Hoffentlich weniger als heute – durch moderne Baustandards sinkt der Wärmebedarf von Gebäuden (leider viel zu langsam). Trotzdem werden wir auch 2050 noch gerne mit warmem Wasser duschen, und an kalten Wintertagen etwas Wärme zum Aufheizen unserer Häuser brauchen. Eine Heiztechnologie der Zukunft ist sicher die Umgebungswärme (Wärmepumpe). Auch Solarwärme gekoppelt mit Biomasse wird nach wie vor eine große Rolle spielen, weil sich die beiden Technologien optimal ergänzen. Biomasse spielt vor allem im Winter und beim Bedarf nach hohen Wassertemperaturen (z.B. Warmwasser, oder Prozesswärme) ihre Vorteile im Vergleich zu anderen Technologien (z.B. Wärmepumpen) aus. Auch für die Versorgung ganzer Siedlungen über Mikro – Netze eignen sich Biomasse Lösungen besonders gut. Eine Entwicklung die wir aktuell noch sehen - die nicht von allen gerne gesehen wird – ist das Heizen mit Strom: Die Nutzung von Strom, entweder aus eigener PV Erzeugung oder auch aus dem Netz für Heizzwecke wird durch die niedrigen Strompreise in Kombination mit niedrigem Wärmebedarf und geringen Anschaffungskosten für die Heizungstechnik zunehmend auch ökonomisch interessant. Aus Ökologischer Sicht, ist die Verwendung von hochwertigem Strom nur für Heizzwecke natürlich nicht unumstritten.
Tips: Wie sind Sie zur Optimierung von Biomasseheizungen gekommen?
Schmidl: Ich bin eigentlich Chemiker und habe mich auf Umweltchemie spezialisiert. In meiner Dissertation habe ich mich mit dem Thema Feinstaub in Österreich und Europa beschäftigt und war damals noch an der Technischen Universität Wien an einer ganzen Reihe von Projekten zur Identifikation der Feinstaub Quellen beteiligt. Schon in dieser Zeit hat mich das Thema Energiebereitstellung besonders interessiert, und so bin ich nach einigen Jahren an der TU Wien in die Forschung im Bereich Energie aus Biomasse gewechselt. Quasi von der negativen Auswirkung hin zur Verbesserung der Situation – und wir waren sehr erfolgreich… Biomasse Heizsysteme von heute sind sehr sauber und effizient. Dazu durften wir in der Forschung auch einen wesentlichen Beitrag leisten.
Seit einigen Jahren hat sich mein Fokus durch meine Tätigkeit als Studiengangsleiter an der FH Wr. Neustadt am Campus Wieselburg noch auf das gesamte Feld der erneuerbaren Energie erweitert. Hier forschen und lehren wir neben Biomasse auch an Wind, Sonnenenergie und Wasserkraft.
Tips: Wie wichtig ist die internationale Vernetzung in der Forschung in Ihrem Bereich?
Schmidl: Enorm wichtig. Erneuerbare Energietechnologie und Bioenergie im Speziellen sind international absolute Aushängeschilder. Österreichischer Hersteller sind weltweit führend bei Biomasse Heizsystemen, vom Kamin- und Kachelofen, über Pellets- bis zur Hackschnitzelheizung. Es ist wichtig, dass die Information über diese Produkte weltweit verbreitet wird, weil das unmittelbar zum internationalen Erfolg unserer Betriebe beiträgt. Es freut mich daher sehr, dass ich seit letztem Jahr Österreich im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie in der Internationalen Energie Agentur vertreten darf. In regelmäßigen Treffen berichte ich hier einer internationalen ExpertInnenrunde über neue Errungenschaften aus Österreich. Im Herbst war wir beispielsweise in Japan zu Gast, heuer führen uns unsere Treffen nach Schweden und Kanada.
Tips: Wie schaut Ihre berufliche Laufbahn aus? Seit wann interessieren Sie sich für Naturwissenschaften & Co?
Schmidl: Ich habe nach meinen Ausbildungen in Umweltchemie und Umweltmanagement, Chemieingenieurwesen und technischer Chemie einige Jahre als wiss. Mitarbeiter und Projektleiter an der TU Wien gearbeitet, wo ich auch meine Dissertation absolviert habe. Danach bin ich an das Kompetenzzentrum Bioenergy2020+ gewechselt, wo ich zunächst Projektleiter, dann Unit Head und Area Manager wurde. Seit zweieinhalb Jahren bin ich zusätzlich Studiengangsleiter des Masterstudiengang „Regenerative Energiesysteme“ an der FH Wr. Neustadt, und seit 2016 österreichischer Delegierter in der Internationalen Energieagentur (Bioenergy Technology Collaboration Programme). Nebenberuflich lehre ich noch an anderen Universitäten und Fachhochschulen.
Tips: Welche Heizung haben Sie im Privatbereich?
Schmidl: Ein Pellet – Solar Kombisystem.
ZUR PERSON CHRISTOPH SCHMIDL
Der in Weinburg lebende Christoph Schmidl wurde 1982 in St. Pölten geboren. Er absolvierte Ausbildungen in Umweltchemie und Umweltmanagement, Chemie-Ingenieurswesen und technischer Chemie. Nach seiner Tätigkeit an der Technischen Universität Wien, wo er auch dissertiert hat, wechselte Schmidl an das Kompetenzzentrum Bioenergy 2020+. Seit zweieinhalb Jahren ist er zusätzlich Studiengangsleiter des Masterstudienganges „Regenerative Energiesysteme“ am Wieselburger Campus der FH Wiener Neustadt. Zudem ist er seit 2016 österreichischer Delegierter in der Internationalen Energieagentur und lehrt nebenberuflich an anderen Unis und FHs.
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