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Deutsche Studierende arbeiten Lambacher Stiftsbibliothek auf

Gertrude Paltinger, BSc, 09.09.2020 08:06

LAMBACH. Im Benediktinerstift sind für mehrere Wochen fünf Studierende zu Gast. Zusammen mit der Gmundner Historikerin Christine Grafinger arbeiten sie die umfangreiche Stiftsbibliothek auf.

  1 / 5   Roman Walch, Emmanuel Walz, Bibliothekar Pater Jakob Stoiber, Christine Maria Grafinger, Serafin Bauer, Katharina Bayer und Stefan Neumann (v.l.) inmitten der Schätze der Stiftsbibliothek Lambach. Foto: GPaltinger

Zum ersten Mal besucht haben die fünf Studierenden der Universität Augsburg das Stift Lambach im Vorjahr, im Rahmen eines Geschichte-Seminars gemeinsam mit ihrer Lehrveranstaltungsleiterin Christine Maria Grafinger. Alte Handschriften zu besichtigen war der Grund für die Reise nach Oberösterreich. Damals haben die Besucher vom großen Problem in der Stiftsbibliothek erfahren.

Nach Krieg unbenutzbar

Die Bibliothek wurde im Krieg nämlich ausgelagert um sie zu schützen. Nach dem Krieg wurden die Bücher von Schwestern wieder eingeräumt, aber leider nicht richtig sortiert. Auch der Katalog der Bibliothek ging in den Kriegswirren verloren, wie der Bibliothekar Pater Jakob Stoiber erzählt. Für eine neuerliche Erfassung und Sortierung der Bücher fehlten den Brüdern in den nachfolgenden Jahrzehnten aber die Zeit und die Ressourcen. Und so blieb der umfangreiche alte Bestand der Stiftsbibliothek unbenutzbar.

Vier Wochen im Stift

Für diesen Sommer haben sich aber Serafin Bauer, Katharina Bayer, Stefan Neumann, Roman Walch und Emmanuel Walz bereit erklärt, die Bibliothek aufzuarbeiten, oder besser gesagt, damit zu beginnen. Denn die Bibliothek ist besonders umfangreich und birgt zahlreiche Schätze, wie Christine Grafinger erklärt. Die Historikerin aus Gmunden hat 33 Jahre in der Vatikanischen Bibliothek gearbeitet, war dort für 150.000 Handschriften verantwortlich und hält nach ihrer Pensionierung noch Lehrveranstaltungen. Als Expertin unterstützt sie die Augsburger Studenten bei ihrer Arbeit.

„Die Lambacher Stiftsbibliothek ist besonders gut erhalten, es gibt kaum Schimmel oder Wasserschäden. Nur ein paar Löchern von Bücherwürmern oder ganz wenige Mäuse-Fraßspuren gibt es“, kann die Historikerin nach den ersten Arbeitstagen berichten. Zum Teil weisen die Bücher kunstvolle Einbände mit Wappenprägungen oder detailreiche Stiche auf. „Hier in Lambach findet sich viel mehr als ich erwartet habe“, sagt Grafinger.

Jedes Buch erfassen

Die Aufgabe der Augsburger Studenten ist es jetzt, jedes Buch zu sichten und Buchnummer, Titel, Erscheinungsjahr, Verlag und Erscheinungsort zu erfassen. Zusätzlich wird jedes Buch einer Thematik zugeordnet und es werden Anmerkungen zum Buch gemacht, zum Beispiel über den Zustand oder über vermerkte Besitzer. Gleichzeitig werden die erfassten Daten in den bedeutenden Online-Buch-Katalogen der Welt gegengecheckt.

Besondere Schätze entdeckt

Die Arbeit erfordert von den Studenten Genauigkeit und viel Geduld. Aber Christine Grafinger hat nur lobende Worte für die Gruppe: „Sie sind besonders engagiert und interessiert“. Bei ihren Recherchen sind die sechs Forscher auch schon auf so manchen Schatz gestoßen.

„Jedes Buch ist eine Überraschung“, schwärmt der 26-jährige Serafin Bauer, der aus Kempten stammt und in Augsburg Geschichte studiert. Zu den ganz besonderen Schätzen zählt etwa ein Buch, das Roman Walch (24) aus Unterallgäu und Emmanuel Walz (22) aus Mittelfranken gefunden haben – einen Kommentar des Heiligen Bonaventura zu den Sentenzen von Petrus Lombardus, gedruckt vom berühmten Nürnberger Drucker Anton Koberger. Auf der ganzen Welt gibt es nur fünf oder sechs Exemplare dieses Buches.

Katharina Bayer hat ein Nachschlagewerk aus 1774 entdeckt. Darin sind Diözesanriten und Festtage auf Deutsch und Latein beschrieben. Der aus Burgau stammende Geschichte-Student Stefan Neumann (29) hat ein besonders altes Buch gefunden. Das Sammelwerk des berühmten Isidor von Sevilla stammt aus 1505.

Wie im Urlaub

Untergebracht sind die fünf Studierenden direkt im Stift und dort werden sie auch bestens verpflegt, wie sie erzählen. „Das ist wie ein All-inclusive-Urlaub hier“, meint die 24-jährige Germanistik- und Geschichte-Studentin Katharina Bayer.


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