Die Kritik an der Venus in der Welser Schmidtgasse wird lauter
WELS. Die Venus-Figur kommt nicht aus den Schlagzeilen. Mehr als 100 Personen des öffentlichen Lebens fordern in einem offenen Brief die Entfernung der Statue. Bundesweit gibt es Reaktionen und auch in der Kommunalpolitik wird diskutiert.
„KZ-Überlebende und Opferverbände sind empört, Historiker und Politikwissenschafter kommen zu einem klaren Urteil“, sagt der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich, Willi Mernyi. „Die Aufstellung der braunen Venus war eine krasse Fehlentscheidung. „Gänzlich überflüssig und ein Schaden für Wels“ – so nennt Werner Retzl, der Vorsitzende der Welser Initiative gegen Faschismus, das wiedererstandene NS-Kultobjekt. „Die breite Kritik inner- und außerhalb der Stadt spricht Bände. Jetzt müssen die Mitglieder des Gemeinderates ihre Verantwortung wahrnehmen und die Notbremse ziehen!“ Bis zur Entfernung der Statue wird der Widerstand fortgesetzt, betonen Mernyi und Retzl: „Das sind wir den Opfern des NS-Terrors schuldig!“.
Bei den Unterzeichnern des offenen Briefes sind neben KZ-Überlebenden auch beispielsweise die Schriftsteller Anna Mitgutsch, Michael Köhlmeier, Doron Rabinovici, Franzobel, Kurt Palm, der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky, der Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft Peter Florianschütz, der Bundesvorsitzende des KZ-Verbandes Harald Grünn, und die Bundessprecherinnen der „Omas gegen rechts“ Susanne Scholl und Monika Salzer. Angeschlossen haben sich dem Appell auch viele bekannte Namen aus Wels, darunter Rechtsanwälte, Ärzte, Kirchenvertreter sowie Engagierte aus Kultur und Zivilgesellschaft. Bei der Venus in der Schmidtgasse handelt sich laut den Kritikern um eine Nachbildung einer antiken Statue (Der Venus von Wels, gefunden in Gunskirchen im Jahre 1913), die die Nationalsozialisten zum Kultobjekt erhoben haben. Mit damaligen kleinen Nachbildungen sind Hermann Göring und andere verdiente Männer der NSDAP geehrt worden.
Replik des Bürgermeisters
Bürgermeister Andreas Rabl (FP) kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Was in dem offenen Brief behauptet wird, stimmt nicht“. Die Figur in der Schmidtgasse halte sich detailgetreu an das Anfang der 1900er Jahre auf einem Feld in Gunskirchen rund 15 Zentimeter große Vorbild. „Durch das oftmalige wiederholen einer Unwahrheit wird diese nicht wahrer. Die Antifa sollte sich besser informieren und endlich aufhören, unanständiges Wels-Bashing zu betreiben“, sagt FP-Vizebürgermeisterin Christa Raggl-Mühlberger und weiter, dass die „Germania“ aus den 1940er-Jahren ist eine 2,5 Meter große Statue, die aus Zink gegossen wurde. Lediglich als Vorlage diente die oben angesprochene Venus, die Statue weicht aber in ihren wuchtigen Proportionen entsprechen dem damaligen Zeitgeschmack ab. Darüber hinaus hält sie in der linken Hand entgegen der römischen Venus eine Haarsträhne. Die beiden Statuen sind in ihrer Erscheinung auf den ersten Blick zu unterscheiden und zwei völlig unterschiedliche Statuen, so Raggl-Mühlberger. Es gehe darum einen Anker zur römischen Vergangenheit zu schaffen. Außerdem war man im Stadtsenat einstimmig dafür.
„Falscher Anker“
„Das ist der falsche Anker in die Vergangenheit“, erklärt SPÖ-Bürgermeister-kandidatin Petra Wimmer. „Eine historisch so vorbelastete Figur ohne entsprechende Hinweistafel aufzustellen ist ziemlich provokativ“, sagt SPÖ-Stadtparteivorsitzender Stadtrat Klaus Schinninger.
Eine Hinweistafel war übrigens vor Wochen angekündigt. Doch bis jetzt gibt es keine.
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