WELS. Ein Artikel in den Welser Tips vom 11. Mai 2022 bereitete den Weg für ein denkwürdiges Treffen im Café Hoffmann. Menschen, die sich nicht kannten aber doch in ihrer Geschichte miteinander verbunden sind, begegneten sich hier zum ersten Mal, weil Reinhard Forst sich auf die Spuren seiner Vergangenheit begeben hatte.
Im April vergangenen Jahres wandte sich der 82-jährige Deutsche an die Tips Redaktion mit der Bitte, bei der Suche nach Verwandten im Raum Wels zu helfen.
Die Geschichte
Die Unsicherheiten der Nachkriegszeit veranlassten das damals in Prachatitz lebende Ehepaar Ida und Joseph Thomas Forst, ihre 18 und 15 Jahre alten Söhne Ulf und Helmut im Januar 1945 zu ihrer Tante zu schicken, die in Vornwald (Bezirk Grieskirchen) lebte. Der vierjährige Reinhard blieb bei den Eltern zurück.
Obwohl die Brüder ein erstes Mal von amerikanischem Militär an der bayrischen Grenze aufgegriffen wurden, schlugen sie sich in knapp drei Wochen nach Vornwald durch. Die Kälte und die großen Anstrengungen führten beim jüngeren Bruder aber zu einer schweren Lungen- und Rippenfellentzündung und weil man das Schlimmste befürchtete, kam er nach Wels ins Krankenhaus. In Wels lebte zum Glück eine Cousine von Forsts Vater, Justine Vogl. Sie und ihr Mann retteten möglicherweise durch Milch, die sie besorgten und Semmeln dem Jungen das Leben.
Tips-Bericht bringt Erfolg
Tips berichtete davon und tatsächlich fand sich jemand, der mit dieser Geschichte etwas anzufangen wusste. Isabella Neubauer, eine Enkelin von Justi Vogl meldete sich bei Forst, Wissen wurde ausgetauscht, weitere Verwandte kamen hinzu und schließlich stand ein großes Treffen in Wels an.
Reinhard Forst und seine beiden Neffen Mathias und Thomas, die Söhne von Ulf, reisten aus Hessen, der Oberpfalz und Oberbayern an. Gemeinsam mit Forsts Nichte Christiane Forst, der Tochter des geretteten Helmut, die seit kürzerer Zeit in Pollham lebt, trafen sie die in Wels und Umgebung lebenden Enkelinnen und Enkel der hilfreichen Verwandten. „Ich habe auf einen Schlag sechs neue Familienmitglieder hinzubekommen, von denen ich bis dato überhaupt nichts wusste“, ist Christina Forst begeistert von der „fröhlichen, sehr intensiven Begegnung“.
„Dabei stellte sich auch heraus, dass bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende Familienfotos existierten, die neue Informationen brachten“, freut sich Reinhard Forst und bestätigt, dass man natürlich in Verbindung bleiben wird.
Zufluchtsort gefunden
Besonders erfreulich war für die Besucher auch der Abschluss des Tages. Die Angereisten suchten am Abend noch in Vornwald nach dem „Jagerhaus“, in dem 1945 Familie Steinbrener lebte, zu der sich die beiden Brüder gerettet hatten. „Wir läuteten beim ersten Haus mit Licht. Die freundliche Besitzerin kam an die Tür und erklärte auf die entsprechende Frage, das passe gut. Die Besitzerin des Jagerhauses sei gerade bei ihr zu Besuch“, erzählt Forst. Und so zeigte eine zweite freundliche Frau der Cousine und den beiden Cousins, wo ihre Väter im Winter 1945 nach ihrer Odyssee Zuflucht gefunden hatten.
Nach seiner erfolgreichen Suche und dem schönen Kennenlernen hat Reinhard Forst noch einen speziellen Rat für die Leser der Tips: „Man muss dem Zufall eine Chance geben“.
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