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70 Jahre agrartechnische Forschung in Wieselburg gefeiert

Ariane Zeilinger, 11.10.2017 09:30

WIESELBURG. AM BLT (ehemals Bundesanstalt für Landtechnik), dem Forschungs-und Prüfinstitut des Francisco Josephinums, wurden Technikerfolge gefeiert.

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Die BLT wurde im Jahr 1947 als Bundesversuchs- und Prüfungsanstalt für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte (BVPA) in Wieselburg gegründet. Nach der dramatischen Zeit nach dem Krieg war das vorrangige Ziel die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion durch Begleitung der Mechanisierung und Elektrifizierung in der Landwirtschaft. Eingehende praktische Erprobungen und die Begleitung der Entwicklungsarbeiten waren die ersten Hauptaufgaben. Damit mussten auch Prüfregeln für die verschiedensten Maschinen und Geräte entwickelt werden. Durch die rasante Verbreitung des Traktors wurden im ersten Jahrzehnt umfassende Schulungen für Maschinen und Traktoren durchgeführt. Arbeits- und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen, Ergonomie und Sicherheit, insbesondere für Maschinen und Geräte am Hang, waren wichtige Themen der Untersuchungen. Fahrersitz- und Schutzrahmenprüfung wurden ab 1973 zu einer gesetzlichen Prüfung.

Pionierarbeit

Die Erdölkrise 1973 zeigte die Grenzen der Energieverfügbarkeit auf und war Startpunkt für Untersuchungen zu alternativen Energieträgern. Stroh und Holz als Brennstoff, Biogas, alternative Kraftstoffe und die Nutzung von Niedertemperaturabwärme waren fortan zentrale Forschungsthemen. Ab Ende der 70er Jahre begann die BVPA mit der Prüfung von Biomasseheizkessel und entwickelte sich zu einer der bedeutendsten Prüfstellen Mitteleuropas. Mit dem Forschungsprojekt „Biodiesel“ wurden die Voraussetzungen für eine breite Markteinführung von pflanzenölbasierten Kraftstoffen geschaffen. Mit einem Flottenversuch von über 35 Traktoren wurde die Praxistauglichkeit nachgewiesen und damit Pionierarbeit geleistet.

Von der BVPA zum BLT

Mit dem 230. Bundesgesetz über die landwirtschaftlichen Bundesanstalten wurde 1982 die BVPA in „Bundesanstalt für Landtechnik“ (BLT) umbenannt. In dieser Zeit gewann die Forschungstätigkeit insbesondere im Bereich der Bioenergie immer mehr an Bedeutung. In den 90er Jahren wurde im Bereich der Prüfungen ein Qualitätsmanagementsystem aufgebaut. Im Jahr 1998 erfolgte erstmals die Akkreditierung als Prüfstelle.

Internationale Forschungsarbeit seit 1995

Ab dem EU-Beitritt im Jahr 1995 begann eine breite internationale Forschungstätigkeit. Dabei war die gute internationale Vernetzung der Forscher von großem Nutzen. Die Teilnahme an EU-Projekten, die Mitgliedschaft in einer Vielzahl internationaler Vereinigungen und Ausschüssen und die Mitwirkung in der Normierung auf nationaler und europäischer Ebene sorgten für einen exzellenten Ruf der Institution.

Lehre und Forschung gehören zusammen. Im Jahr 1956 wurde die Abteilung „Landtechnik“ am Francisco Josephinum gegründet, wobei seit dem Teile Ausbildung in der Rottenhauser Straße erfolgen. Durch die enge Verbindung zum Francisco Josephinum wurde von Beginn an für eine effiziente Umsetzung des erarbeiteten Wissens im Labor, in der Werkstätte, im Theorieunterricht oder in der Konstruktion gesorgt. Durch die Zusammenlegung der beiden Dienststellen zur Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Landtechnik und Lebensmitteltechnologie Francisco Josephinum in Wieselburg im Jahr 2005 wurde der engen Verbundenheit Rechnung getragen. Seit diesem Jahr ist die BLT integraler Bestandteil des Francisco Josephinums und zuständig für Forschung und Prüfung in Biomasse und Landtechnik.

2010: Gründung von Josephinum Research

Die steigenden Herausforderungen in der landtechnischen Forschung, verbunden mit knapper werdenden Ressourcen in der Verwaltung machte jedoch eine Neustrukturierung notwendig. Im Jahr 2010 wurde die eigene Forschungsfirma Josephinum Research gegründet, mit der es möglich war, gezielt auf Forschungs- und Entwicklungsfragen der Landtechnik reagieren und auch öffentliche Fördermittel abrufen zu können. Ein junges, engagiertes und hochspezialisiertes Team beweist seitdem die Kompetenz, mit neuartigen Methoden Antworten auf aktuelle Fragestellungen zu finden. Mechatronik, Sensortechnik für Boden und Pflanze, Bildverarbeitung, Biogene Rohstoffe, Datentechnik und die Digitalisierung in der Landwirtschaft prägen den Forschungsalltag der innovativen Gruppe.

Projekte durch erfolgreiche Zusammenarbeit am Standort Wieselburg

Die enge Zusammenarbeit zwischen Josephinum Research, BLT und der Lehre hat sich dabei als besonders fruchtbar erwiesen. Bei der Durchführung von Projekt- oder Diplomarbeiten können neuartige Methoden, z. B. die optische Auswertung der Bodenbedeckung oder der Bodenrauigkeit, eingesetzt und für Untersuchungsfragen verwendet werden. Eine moderne Ausbildung muss sich am Puls der Zeit orientieren. Dies ist durch die enge Verzahnung gewährleistet.

Die BLT – 70 Jahre Forschung und Prüfung in Biomasse und Landtechnik

Das fundierte Wissen zu technologischen Entwicklungen brachte in der 70-jährigen Geschichte einen umfangreichen Nutzen für Landwirtschaft und Umwelt. Derzeit arbeiten 34 Mitarbeiter in 3  Abteilungen (Biogene Rohstoffe, Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik und Prüfung) in der BLT. Die anerkannten Experten sind in einer Vielzahl von Normungsgremien, Ausschüssen und Arbeitskreisen auf nationaler und internationaler Ebene tätig.

Josephinum Research – Sieben Jahre innovative Forschung

Eine Vielzahl an Forschungs­projekten, internationale Sichtbarkeit und die aktuellen Auszeichnungen beweisen die Innovationskraft des jungen Forscherteams. Seit der Gründung wurden Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von etwa 8,6 Mill. € umgesetzt. Aktuell arbeiten 9 wissenschaftliche Mitarbeiter in den Bereichen Sensor Technologies, Data & Information Sciences und Biogenic Raw Materials.

Kameragestützte Saatbettbereitung – Silbermedaille beim Innovation Award der Agritechnica 2017

Josephinum Research hat eine Methode entwickelt, mit der die Rauigkeit des Ackerbodens mittels Bildverarbeitung analysiert werden kann. Im Zuge des Projekts „Smart Seeding“ (gefördert im Rahmen des BRIDGE Programms der FFG) wurde gemeinsam mit den Firmen Pöttinger und CNH, sowie der Universität für Bodenkultur dieses Verfahren auf eine Kreiseleggen-Drillsämaschinen-Kombination aufgebaut. Damit lässt sich die Arbeitsintensität der Kreiselegge in Abhängigkeit der Bodenrauigkeit gezielt regeln. Die Agritechnica ist die weltgrößte Landmaschinenmesse und findet alle 2 Jahre in Hannover/DE statt. Beim diesjährigen Innovation Award wurden 320 Neuentwicklungen eingereicht und dafür 2 Gold- und 29 Silbermedaillen vergeben.

Farmdok – Silbermedaille beim Innovation Award der Agritechnica 2017

Farmdok ist ein junges Start up-Unternehmen mit Sitz in Wieselburg, das eine App zur automatisierten Dokumentation landwirtschaftlicher Tätigkeiten entwickelt hat. Dabei erkennt die App durch Fahrmusteranalysen nicht nur zuverlässig die bearbeitete Flächen, sondern es werden auch Maßnahmen, Betriebsmittel, etc. automatisiert vorgeschlagen. Das einfach zu bedienende System erfordert keine zusätzliche Hardware und ermöglicht damit einen kostengünstigen Einstieg in die Digitalisierung für Landwirte, Maschinenring oder Lohnunternehmer. Im nächsten Jahr plant Farmdok eine Erweiterung seines Firmensitzes an der BLT in der Rottenhauser Straße in Wieselburg.

Versuchswesen in der Landwirtschaft – Die Kooperation mit Borealis L.A.T. GmbH

In der beruflichen Ausbildung sind der praktische Unterricht und die Diplomarbeiten zwei wesentliche Erfolgsfaktoren. Am Francisco Josephinum wurden schon bisher im Rahmen der Diplomarbeit Versuche angelegt und im praktischen Unterricht bewirtschaftet. Diese pflanzenbauliche Versuchstätigkeit wird nun durch eine Zusammenarbeit mit der Firma Borealis L.A.T. GmbH intensiviert und professionalisiert und führt zu einer win-win Situation. Forschung, praktischer Unterricht und Projektmanagementunterricht, Maturaarbeiten (Diplomarbeiten) und die berufliche Praxis über Borealis L.A.T. GmbH werden vernetzt. Ein Vorzeigemodell für Kooperationen entsteht! 

OECD Traktorentests

Entsprechend der offiziellen Mitteilung der OECD und des OECD Co-ordinating Centers wurden im Jahre 2016 von der OECD weltweit 124 OECD-Code-2-Testberichte approbiert. Von der BLT Wieselburg wurden davon 25 Berichte veröffentlicht, gefolgt von der amerikanischen Prüfstelle NTTL in Nebraska mit 22, der französischen OECD-Prüfstelle IRSTEA mit 21 und den Prüfstellen in Italien DISTAL mit 17 und IMAMOTOR mit 16. Damit ist die HBLFA Francisco Josephinum / BLT Wieselburg mit 20 Prozent aller weltweit OECD-approbierten Traktortests nach 2011 abermals Top of the World!

Teacher Award bei der Industriellenvereinigung

Ziel des IV-TEACHER´S AWARD ist es, pädagogisch und fachlich herausragende Leistungen von Pädagogen anzuerkennen, wertzuschätzen und diese in einem feierlichen Rahmen zu würdigen. Für die Industriellenvereinigung ist der IV-TEACHER´S AWARD eine wichtige Maßnahme hin zu mehr Exzellenz und Qualität im Bildungssystem.

Am 3. Oktober 2017 erfolgte die Verleihung des IV-TEACHER'S AWARD 2017 mit einer feierliche Preisverleihung im großen Festsaal im Haus der Industrie unter Mitwirkung von Sonja Hammerschmid (SPÖ, Bundesministerin für Bildung) und Georg Kapsch (Präsident der Industriellenvereinigung). Die beiden Lehrkräfte Peter Prankl und Thomas Riegler wurden in der Kategorie MINT mit dem 1. Preis ausgezeichnet.

In der Kategorie „MINT — Begeisterung für Technik und Innovation“ werden besondere Leistungen in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik ausgezeichnet. Das eingereichte Projekt „Umwelt- und Ressourcenschonung“ wurde im Theorieunterricht mit den SchülerInnen vorbereitet und im Praxisunterricht und in der Freizeit umgesetzt.

Durch den Einsatz von automatischen Lenksystemen werden Überlappungen beim Anbau, der Pflege, beim Pflanzenschutz sowie bei der Düngung vermieden. Durch den Einsatz von Sensoren (Erkennung der Biomasse, des Versorgungsgrades der Pflanzen mit Stickstoff) sowie der Hinterlegung der erstellten Boden- und Ertragspotentialkarten wird auf Grund der Koppelung der Daten mit den Applikationsgeräten ein bedarfsorientierter Pflanzenschutz und eine bedarfsorientierte Düngung teilflächenspezifisch möglich. Dadurch werden trotz hoher Erträge Pflanzenschutzmittel und Düngemittel eingespart. Dies führt neben ökonomischen Vorteilen vor allem auch zu einer Umwelt- und Ressourcenschonung.


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