Benjamin Karl greift in Pyeongchang nach seinem ersten Olympia-Gold
WILHELMSBURG. Nach seinem schweren Trainingssturz im Dezember hat sich Snowboarder Benjamin Karl mit einem Weltcupsieg in Rogla (Slowenien) eindrucksvoll zurück gemeldet. Bei den Österreichischen Meisterschaften auf der Gerlitzen (Kärnten) sicherte sich der Athlet von Union Trendsport Weichberger Anfang Februar knapp vor seiner Abreise nach Südkorea seinen siebten Staatsmeistertitel. In Pyeongchang soll nun die erste olympische Goldmedaille her.
Tips: Sie hatten schon mit zehn einen schweren Unfall, bei dem Sie sich drei Brustwirbel gebrochen haben, und erlitten im Dezember einen Bruch des Sprungbeins und zwei Bänderrisse. Beide Male kamen Sie innerhalb kürzester Zeit zurück. Sind Sie unverwüstlich?
Benjamin Karl: Da gibt es keine genaue Wissenschaft. Da spielen Dinge wie Nahrungsergänzungsmittel oder eine gesunde Ernährung eine wichtige Rolle - alles, was man eben so in Erfahrung bringen kann. Wichtig ist auch, dass man fleißig ist, seinen Fuß ständig bewegt, mobilisiert und therapiert. Dann gibt es noch die nicht greifbaren Dinge, dass man sich beispielsweise in seinen Fuß hineindenkt, dass man seine Selbstheilung aktiviert – Dinge eben, die nicht alltäglich sind und an die die Leute nicht unbedingt glauben.
Tips: Sind Sie ein esoterischer Mensch?
Karl: Ich glaube, dass der Mensch generell ein spirituelles Wesen ist. Die einen glauben halt an die Spiritualität in sich und die anderen nicht, weil sie nur an das glauben, was sie sehen. Die anderen glauben, dass mehr da ist.
Tips: Beten Sie vor Ihren Rennen?
Karl: Im klassischen Sinne nicht, aber Selbstgespräche führe ich sehr wohl.
Tips: Wären Sie in Lackenhof beim Weltcup gestartet, wenn nicht die Olympischen Spiele vor der Tür gestanden wären?
Karl: Da wäre ich sicher nicht am Start gestanden. Ich habe irgendwie das Gefühl gehabt, dass ich es den Organisatoren schuldig bin, weil sie den Weltcup extra wegen mir veranstaltet haben. Nach all dem Einsatz, den die Michi Dorfmeister gezeigt hat, war es für mich keine Option, nicht dabei zu sein - wenn es irgendwie geht sozusagen, und es ist irgendwie gegangen und sogar gar nicht so schlecht. Einen Versuch war es wert, sagen wir so.
Tips: Sie haben bei den Weltcup-Rennen in Rogla (Slowenien) auf den letzten Drücker das Olympia-Ticket gelöst. Wie groß war der Druck für Sie?
Karl: Ich habe den Rückhalt der Trainer gehabt. Sie haben gesagt, dass, wenn nicht vier Fahrer aufs Podest fahren, sie mich trotzdem mitnehmen. Natürlich wollte ich mich aber aus eigener Kraft qualifizieren, weil es sonst zu teaminternen Streitereien und Redereien hinter dem Rücken kommt. Das wollte ich vermeiden. Für das Teamklima und für mich war es so, wie es gekommen ist, besser.
Tips: Sie haben in Vancouver 2010 Silber im Parallelriesenslalom geholt und in Sotschi 2014 im Parallelslalom Bronze. Ist es jetzt höchste Zeit für Gold?
Karl: Das werden wir sehen. Ich habe im Vorfeld alles dafür getan und bin körperlich und mental fit. Ich freue mich auf das Rennen und dass es endlich losgeht. Wir haben aber nur ein olympisches Rennen in vier Jahren, das ist wenig, aber irgendwer wird sicher gewinnen.
Tips: Wie sieht das Programm in Pyeongchang aus?
Karl: Wir sind seit 14. Februar hier. Am 22. ist die Qualifikation und am 24. am letzten Bewerbstag das Rennen.
Tips: Pyeongchang ist ja in Küstennähe. Kann es sein, dass der Schnee dort recht batzig ist?
Karl: In Südkorea ist alles in Küstennähe. Vom Wetter her kann es sehr unterschiedlich sein, es kann an einem Tag schneien, an einem Tag regnen oder kalt sein. Bis jetzt haben wir aber in Südkorea immer Glück gehabt. Zum Rennen hin hatten wir immer gutes Wetter, blauen Himmel und eine gute Piste. Ich habe ja in Korea meinen ersten Weltcupsieg gefeiert und dort auch meinen ersten Weltmeistertitel geholt. An Korea habe ich also gute Erinnerungen.
Tips: Sie werden Anfang Juni zum zweiten Mal Vater (wahrscheinlich wieder ein Mädchen Anm. d. Red.). Motiviert Sie das zusätzlich?
Karl: Nein, ich weiß nicht, was an einem Kind motivieren soll. Das ist eine Lebensaufgabe und eine Arbeit, die man sich zusätzlich auferlegt, die wunderschön sein kann, die aber auch ihre harten Seiten hat. Ich wollte immer Kinder, aber kein Einzelkind, also sind wir es meiner Tochter Benina schuldig, dass wir ihr noch ein Geschwisterle schenken. Meine Frau Nina und ich sind sehr entspannt. Wir haben den Kinderführerschein schon mit Benina gemacht. So schlimm kann es also nicht mehr werden sagt meine Frau.
Tips: Wie wird sich die größere Familie auf Ihre Sportlerkarriere auswirken?
Karl: Na ja, die Zeit wird sicher nicht mehr mit einem zweiten Kind. Job ist aber Job, und den kann ich nicht vernachlässigen, sonst kann ich es e gleich bleiben lassen. Im Spitzensport gibt es keine Kompromisse. Entweder man macht es mit vollem Einsatz oder man lässt es bleiben. Von dem her muss ich schon etwas egoistisch bleiben in einer gewissen Art und Weise. Beim zweiten Kind ist man aber in der Partnerschaft als Team schon eingespielter, dann gibt es nicht mehr so viele Überraschungen wie beim ersten.
Tips: Werden Sie eigentlich auch wieder beim Race around Austria teilnehmen oder bei einer ORF-Show (die Überflieger, Das Match)?
Karl: Die ORF-Shows habe ich mir nicht selber an Land gezogen, da wurde ich gefragt. Keine Ahnung, was da in nächster Zeit so ansteht. Solche Projekte wie das Race around Austria habe ich immer wieder. Ob ich heuer teilnehme, kann ich besonders in Hinsicht auf die Geburt im Sommer noch nicht sagen.
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