WOLFSBACH. Die „Rauhnächte“ zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag gelten als heilige Zeit, in der möglichst nicht gearbeitet, sondern gefeiert, Rückschau gehalten – und geräuchert werden sollte. Tips sprach mit Räucher-Expertin Michaela Palmetshofer.
Ihre ersten Erfahrungen mit dem Brauch des Räucherns sammelte Michaela Palmetshofer bereits in ihrer Kindheit. „Die Rauhnächte waren für mich schon immer sehr faszinierend. Ein altes Bügeleisen diente als Kohlenpfanne und wir gingen mit Weihrauch sowie Weihwasser und Palmbuschen von Raum zu Raum, um auszuräuchern“, erinnert sich die Wolfsbacherin.
Rauhnächte - die „Tage zwischen den Jahren“
Die Rauhnächte gelten als Tage „zwischen den Jahren“. „Ursprünglich waren es zwölf Tage. In unserer Region sind drei übriggeblieben: der 24. und der 31. Dezember sowie der 5. Jänner. Manche Menschen feiern auch den 21. Dezember, die Thomasnacht“, erklärt Palmetshofer. In früheren Tagen hätten die Menschen Angst vor dieser dunklen, kalten Zeit gehabt. Räucherungen sollten segnen und Schutz spenden.
Geschichte des Räucherns
„Ich selbst habe zum Räuchern keinen schamanischen Zugang. Mir geht es um Wohlbefinden, Volksheilkunde und Brauchtumspflege“, erklärt die Wolfsbacherin, die auch Räucher-Workshops veranstaltet. Räuchern sei ab der Entdeckung des Feuers für die Menschen ein Thema gewesen. „Es gab den Festen Struktur und Feierlichkeit. Zudem traten die Menschen durch den aufsteigenden Rauch in Verbindung zu den Naturgottheiten. Die Römer nutzten das Räuchern, um Räume, Kleidung und Speisen zu beduften. Das Wort „Parfum“ leitet sich vom Lateinischen „per fumum“, also „durch den Rauch“, ab“, so Palmetshofer.
Räuchern das ganze Jahr über
Sie selbst räuchert nicht nur in den Rauhnächten, sondern das ganze Jahr über – und das mit verschiedensten heimischen Kräutern. „Die Kelten sind Übermittler des Kräuterwissens. Sie haben zu verschiedenen Festen im Jahreskreis unterschiedliche Kräuter verräuchert“, so Palmetshofer. So seien etwa bei drohenden sommerlichen Unwettern Johanniskraut oder Königskerzen verräuchert worden, um sich gegen Blitzschlag zu schützen. „Nach dem Verräuchern der Königskerze blieb von der Pflanze nur ein schwarzer hoher Stiel übrig. Dies ist der Vorgänger der heute manchmal noch üblichen schwarzen Wetterkerze aus Wachs, die bei drohendem Unwetter entzündet wird“, erklärt die Räucher-Expertin.
Räuchern - ein Erlebnis für alle Sinne
Räuchern sei die älteste Form der Aromatherapie. Beim Räuchern werde jedoch nicht nur der Geruch-, sondern auch der Seh- und der Tastsinn angeregt. „Aromatherapie wirkt oft „nebenbei“. Beim Räuchern muss man sich bewusst Zeit nehmen; dem Räuchern muss man Raum geben“, unterstreicht Palmetshofer. Gerade die (Vor-)Weihnachtszeit eigne sich sehr gut dafür.
Praktisches Räucherwissen
Zum Räuchern braucht es laut Palmetshofer eine Stielpfanne, die mit Sand gefüllt wird. Darauf kommt die Räucherkohle. „Wenn diese durchgeglüht ist, gibt man am besten mit einem Weihrauchlöffel den Weihrauch oder ein anderes Harz und Kräuter nach Belieben dazu“, so die Wolfsbacherin, die in der stressigen Adventszeit auch mal einen Zweig vom Adventskranz nimmt und die Nadeln verräuchert. „Fichten- und Tannennadeln wirken beruhigend und man ist wieder ein Fels in der Brandung“, erklärt Palmetshofer. Mit einer Räucherfeder werde der Rauch dann im Raum verteilt.
Gegen „dicke Luft“
Am liebsten verwendet die Wolfsbacherin, die auch ausgebildete Kräuterpädagogin ist, Beifuß, Alant und am Abend gerne Benzoeharz, das beruhigend wirkt und den Schlaf fördert. „Beifuß wirkt raumreinigend, Alant, Thymian oder Quendel sind bei Erkältungen hilfreich. Salbei wird gegen Gerüche oder bei „dicker Luft“ verwendet. Rose und Weihrauch sind segnend“, erklärt Palmetshofer.
Man kann nichts falsch machen
Allgemein könne man beim Erstellen von Räuchermischungen nichts falsch machen. „Schwangere sollten aber keinen Beifuß oder Dost verwenden, da diese wehenauslösend sind“, so die Räucher-Expertin, die beim Kauf von fertigen Kräutermischungen, Räucherstäbchen oder Harzen dazu rät, auf gute Qualität zu achten. Und noch ein Tipp: auch abgelaufene Küchenkräutermischungen, die nicht mehr so intensiv schmecken, könnten zum Räuchern verwendet werden. Wichtig sei nur, nicht zu viele Kräuter zu mischen.
Räuchern verbindet Generationen
Dass Räuchern Generationen verbindet, erlebt Palmetshofer in ihrer eigenen Familie: „Ich habe das Räuchern von meinen Großeltern und Eltern übernommen und gebe es an meine vier Kinder weiter. Sie lieben den Duft von Lavendel und Melisse. Und was das Räuchern in den Rauhnächten betrifft: meine Kinder diskutieren schon jetzt, wer das Weihrauchgefäß tragen darf“, schmunzelt die Wolfsbacherin.
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