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"Früher wurde ich noch auf Partys eingeladen"

Karin Novak, 10.01.2018 14:11

SONNTAGBERG. Am 12. Oktober 2017 veröffentlichte Jürgen Offenberger sein Erstlingswerk und war mit „Der Buch“ gleich auf der Frankfurter Buchmesse vertreten. Am 25. Jänner präsentiert der gebürtige Rosenauer nun Auszüge im Sitzungssaal seiner Heimatgemeinde. Wir haben den pointierten 52-Jährigen, der dem Leben sowohl die humorvollen als auch die nachdenklichen Seiten abgewinnt, zum Gespräch gebeten. Geworden ist daraus ein Abend, bei dem viel geweint wurde – vor lauter Lachen. 

Jürgen Offenberger geht mit offenen Augen durch die Welt und verpackt seinen alltäglichen Wahnsinn pointiert in Geschichten und Gschichtln.

Sind dir die Geschichten in „Der Buch“ alle selbst passiert?

Es kommen immer wieder Leute auf mich zu und sagen: „Oida, was dir alles passiert, das ist ja ein  Wahnsinn.“ Mir widerfahren natürlich schon viele seltsame Dinge, aber nicht alle Geschichten im Buch sind selbst erlebt. Weil ich keine Namen nenne, kann ich manchmal auch ein bisserl indiskret werden. Das Schöne ist, keiner weiß, ob zehn oder 90 Prozent von mir in den Erzählungen stecken. (lächelt  verschmitzt) Ich versuche halt,  Alltägliches, das von vielen unbemerkt bleibt, in eine Geschichte zu verpacken, vor allem aber lache ich gerne über  mich selbst. Manchmal kullern mir die Tränen runter, weil ich mich so sehr über mich zerkugle.

Politische Korrektness ist in deinen Anekdoten nicht immer die treibende Kraft ...

In unserer politisch überkorrekten Zeit braucht es eben gelegentlich auch Kraftausdrücke oder vulgäre Ausreißer. Manchmal braucht es die Überzeichnung, um eine Message pointiert zu transportieren. Das sehe ich als Stilmittel. Abgesehen davon polarisiere ich aus Überzeugung. Früher, als ich noch auf Partys eingeladen wurde, bin  ich bei Stimmungstiefs bewusst jemandem – metaphorisch gesehen – auf die Zehen getreten und habe auf seine Reaktion gewartet. Ich hab ein gutes Gespür für Menschen, denen Selbstironie fremd ist. Das wurde dann oft recht lustig. Zumindest für mich. (lacht spitzbübisch)

Ablehnung, auch auf künstlerischer Ebene, nimmst du also bewusst in Kauf?

Durchaus. Obwohl ich erst lernen musste, mit negativer Kritik umzugehen. Über meine Fangemeinde auf Facebook bekam ich sehr viel Bestätigung und Wertschätzung. Aus diesem Höhenflug heraus habe ich meine drei für mich besten Geschichten auf eine deutsche Webseite gestellt, wo professionelle Autoren und Kritiker bewerten. Das Urteil  war so vernichtend, dass ich zwei Monate gar nichts mehr geschrieben habe. (lacht) Heute sage ich: Natürlich ist  Negativkritik erlaubt. Wenn  jemand mein Werk für eine Katastrophe hält, reicht es aber, wenn er es seinem Nachbarn erzählt.

Was waren für dich die bisher aufregendsten Momente deines Schriftstellerlebens?

Ich sehe mich als Schreiberling, Schriftsteller wäre zu hochgestochen. Dass ich auf der Frankfurter Buchmesse ausgestellt war, ist natürlich schon ein Highlight. Das fällt aber eher unter Prestigeangelegenheit. Ich glaube nicht,  dass ich deshalb auch nur ein Buch mehr verkauft habe. Viel mehr gefreut hat mich, als ich „Der Buch“ in der Auslage bei Thalia in Amstetten entdeckt  habe. Mit dem eigenen Werk in der Buchhandlung meines Vertrauens zu liegen, hat mich schon sehr gefreut. Oder auch das Foto meiner Zahnärztin. Die hat drei Exemplare in ihrem Wartezimmer aufliegen. Eine Patientin wollte während der  Einwirkzeit der Spritze unbedingt in meinem Buch weiterlesen. Besonders berührt hat mich auch die E-Mail meines Vaters, der mir zu dem „gelungenen Werk von Herzen gratuliert“  hat. Damit habe ich nicht gerechnet, weil ich seinen Humor kenne und dachte, er würde mit meinen Schenkelklopfern, auch über Tabuthemen, nicht viel anfangen.

Wirkt sich deine noch größer werdende Bekanntheit auch auf dein Liebesleben aus?

Bedingt. schmunzelt) Ich flirte zwar manchmal ganz gerne, halte es da aber mit Milan Kundera: „Die Koketterie ist ein Versprechen auf Beischlaf, aber eines ohne Gewähr.“ One-Night-Stands interessieren mich nicht und für eine neue Beziehung bin ich einfach noch nicht bereit. Ich war nach Trennungen nie lange alleine und genieße nun erstmals seit zwei Jahren die Vorzüge des Singledaseins.

Legendär sind noch immer die Faschingsscherze, die seinerzeit sogar für großes mediales Aufsehen gesorgt haben ...

Ja, (lacht) bei der fingierten Ufo-Landung in Mauer am Weltuntergangstag laut Maya-Kalender war sogar das Fernsehen vor Ort. Ich gab den Bauern, der sich megamäßig darüber aufregte, dass alle über seinen Grund latschten und sich niemand für den entstandenen Schaden verantwortlich fühlte. Noch witziger aber fand ich die Aktion  in  Neuhofen. Anlässlich der 1000-Jahr-Feier Ostarrichi versuchte der damalige Bürgermeister den Papst, der tatsächlich auf Österreichbesuch war, für eine heilige Messe in Neuhofen zu gewinnen. Mein Freund und ich sind in einem geliehenen großen BMW bei der Gemeinde vorgefahren und haben uns in dunklem Anzug mit Pistolen im  Schulterhalfter als Staatspolizei ausgegeben, die für die Sicherheitsvorkehrungen für den Papst zuständig  sei. Bei der Begehung des Ortes mit dem Amtsvorsteher war es dann schon schwierig, die Posse aufrechtzuerhalten. Wir  forderten etwa das Abschneiden einer ganzen Baumallee und die Räumung aller Gemeindewohnungen im ersten Stock, damit unsere Scharfschützen freies Schussfeld hätten. Er sah sich außerstande, unsere Auflagen zu erfüllen. Wir haben uns fast in die Hose gemacht, als der immer mehr und mehr verfallen ist. Dann sind wir mit der Ankündigung eines weiteren Besuchs in den nächsten Tagen wieder gefahren. Oder in Viehdorf, das war auch köstlich, da gaben wir uns als CIA auf der Suche nach Waffenlagern aus. Die Obrigkeitshörigkeit ist in Österreich eine weit verbreitete Krankheit, in Uniform und mit entsprechendem Auftreten kann man beinahe jeden manipulieren, wie  diese Aktionen deutlich zeigen. Am Aschermittwoch hat uns dann immer ein Redakteur angerufen, was wir dieses Jahr für eine Story hätten. Und schon war die Geschichte in der Zeitung. In der darauffolgenden Ausgabe rechtfertigten sich die Bürgermeister, dass sie das als Schabernack erkannt und einfach mitgespielt hätten. 

Diese Faxen waren vom „Urlrat Öhling“ oft von langer Hand geplant. Bist oder warst du Mitglied im Faschingsverein?

Nein, beim Urlrat war ich nicht. Bis auf einen Ausreißer (Anm. d. Red.: einige Jahre Mitgliedschaft in der Amstettner  Faschingsgilde) ist Vereinsmeierei nicht mein Ding. In Anlehnung an Groucho Marx: „Ich mag keinem Verein angehören, der mich als Mitglied aufnimmt.“ (lacht)

Glück ist meine Tochter Lisa.

Was mich nervt: Oberflächlichkeit und Unaufrichtigkeit

Mit wem ich gerne einen Abend verbringen möchte: Michael Niavarani

Mit wem auf keinen Fall: Donald Trump, aber wer weiß, vielleicht wäre das sogar schon wieder lustig.

Wenn ich mich für einen Tag wo hinbeamen könnte, wäre das: Keine Ahnung. Außerdem fahre ich viel lieber selbst. (grinst)

Worauf ich nie verzichten möchte: meine Tochter

Liebe ist etwas sehr Persönliches.

Mein Lebensmotto: Augen auf!


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