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Kleine Bauwerke - große Kunst: Zu Besuch in der Zwettler Krippenwerkstatt

Katharina Vogl, 19.12.2016 07:47

ZWETTL. Sie zählt bei den meisten Familien zum weihnachtlichen Inventar und bekommt einen Fixplatz unter dem Christbaum: Die Krippe. Über 50 Unikate hat der Zwettler Ernst Sinnhuber bereits gebaut. Tips durfte einen Blick in seine Werkstätte werfen, dem Ort, wo die Modelle mit viel Herzblut und Liebe zum Detail entstehen.

Zuhause, in seiner Garage: Über 52 Krippen hat Ernst Sinnhuber bereits gebaut
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Die Tore zu seiner Garage öffnen sich und darinnen befinden sich nicht wie vermutet Auto und Zubehör, sondern eine Krippe nach der anderen, sorgfältig verpackt in Kisten und Schachteln. Es ist gewissermaßen Ernst Sinnhubers ganz persönliche Schatztruhe.

15 Stück hat er momentan bei sich zuhause, in Kürze wird er beim Sonnentor Adventmarkt ausstellen, denn „es muss ja wieder etwas weggehen“. Seit seiner Pensionierung 1999 ist der Krippenbau sein Hobby. Damals hatte er eine Krippe für die private Nutzung im Sinn, letzten Endes fiel sie aber viel zu groß für den Geschmack seiner Frau Hannelore aus. Eine kleinere musste her – so nahm das Hobby seinen Lauf und Ernst Sinnhuber kam auf den Gusto, wie er selbst sagt. Stolze 52 Stück hat der 77-Jährige seitdem erschaffen und doch gleicht kein Modell dem anderen. Auf das legt er ganz besonderen Wert, jedes Stück sollte ein Unikat für sich sein. Und der Bau ist eine eigene Wissenschaft für sich, schließlich gibt es eigene Zeitschriften und Magazine und sogar einen österreichweiten Verein, dem der Zwettler selbstverständlich angehört.

Ochse oder Kamel

Man nehme die Alpenländische Version, die an unsere heimatlichen Gegebenheiten erinnert und oft in Form von alten Bauernhäusern in verschiedenen Ausführungen nachempfunden wird: „Das ist praktisch ein Krippenstall, nicht picobello, sondern es sollte alles ein wenig alt ausschauen, die Schindel sollten zum Beispiel nicht ganz glatt sein“, erläutert Sinnhuber. Der obligatorische Holzstoß, das Bankerl, der Hackstock mit Beil sowie die tierischen Begleiter à la Esel und Ochsen sind wesentliche Elemente von solch alpenländischen Modellen. Im Gegensatz dazu steht die Orientalische Krippe, die die Geburtsstätte Jesu in Israel widerspiegelt. Hier wird der Nahe Osten in Form von Höhlen, Ruinen und Teilen von orientalischen Städten aufgegriffen. Palmen dürfen nicht fehlen und auch das Kamel bekommt seinen Platz. Letztere werden in unserem Raum kaum nachgefragt. „In unseren Breiten bevorzugt man die alpenländische Variante, ein Stadl, ein Krippenstall, das ist das, was die Leute hier wollen“, merkt der Krippenbauer an.

Ganz anders ist das in Tirol, dort steht die orientalische Variante im Vordergrund. Manche Regionen dürfen sich gar als „Krippendörfer“ bezeichnen, was einem Ehrentitel gleichkommt und unbestritten zur Tiroler Volkskultur zählt. Zu den bekanntesten zählen Thaur und Götzens, Axams oder Zirl, wo der Brauch des „Krippeleschauens“ hochgehalten wird. Auch Ernst Sinnhuber erinnert sich gerne an Ausflüge in den Westen Österreichs: „Dort gibt es teilweise riesige Krippen, mit 150 Figuren und mehr. Die Leute dort freuen sich, wenn man sie besucht, um ihr „Wahrzeichen“ zu bewundern, dort haben Krippen eine ganz andere Wertigkeit als bei uns.“ Teilweise werde dort mit dem Aufbau schon Wochen vor Weihnachten begonnen, oftmals sei das halbe Wohnzimmer verbaut, aber jedes Schaf habe seinen Platz, schmunzelt der Zwettler. Dennoch habe er das Gefühl, dass Krippen auch bei uns wieder an Aktualität gewonnen haben „man kann schon sagen, dass das Bewusstsein dafür ein bisschen stärker wird.“ Seine Lieblingsfigur, das ist ganz klar die Heilige Familie, standardmäßig gehören noch ein, zwei Hirten, Engel, die tierischen Begleiter und die Heiligen Drei Könige dazu. Obwohl Letztere ja geschichtlich eigentlich erst am 6. Jänner zur Krippe gelangen, weiß Sinnhuber.

Viel Herzblut gefragt

Was sollte denn ein guter Krippenbauer mitbringen, wollte Tips wissen? Eine gute Idee zu Beginn gepaart mit Einfallsreichtum sowie eine gewisse handwerkliche Begabung. Aber das Wesentlichste überhaupt: Eine Portion Herzblut, die bei jeder Anfertigung mitschwingen sollte. „Nicht 0815, zack, fertig und schon das Nächste“, bringt es Sinnhuber auf den Punkt. Die notwendige Liebe zum Detail sowie die erforderliche Geduld sollte ein Krippenbauer schon mitbringen. Denn mit 30 bis 40 Arbeitsstunden pro Modell müsse man locker rechnen.

Von der Platte, über die Wände mit ausgeschnittenen und verglasten Fenstern bis hin zum Dachstuhl – wenn man das alpenländische Modell (großes Foto, links) hernimmt. Die dafür benötigte grüne Platte wurde dick farbig angestrichen und grün gebeizte Sägespäne drauf gepresst, Tricks, die er sich nach und nach angeeignet hat. Oder aber der Rauchfang: „Der muss zuerst gebastelt werden, dann wird das Dacherl angefertigt, dieses muss gestrichen werden, dann trocknet es einen Tag, um geklebt und verputzt zu werden, das alles erfordert viel Zeit“, weiß Sinnhuber.

Eine Zeit, die der Zwettler Bezirksobmann des NÖ Seniorenbundes gerne aufbringt. Denn neben der ansprechenden Optik ist ihm die Wahrung einer guten Qualität wichtig: „Die Krippen müssen auf jeden Fall einen Sturz aus einem Meter Höhe aushalten.“

Stressigste Zeit

Weihnachten ist für Ernst Sinnhuber und seine Frau seit jeher mit einem gewissen Stresspegel verbunden. Früher, als Inhaber eines Elektrogeschäftes in Zwettl, hat „das Weihnachtsgeschäft enorm viel Substanz gekostet.“ Heute ist der Bezirksobmann des NÖ Seniorenbundes in der Vorweihnachtszeit viel in dieser genannten Funktion unterwegs – Weihnachtsfeiern, Seniorennachmittag oder Wahlen stehen am Programm. „Oft hat man gar nicht die Zeit, sich auf das an sich besinnliche Weihnachten vorzubereiten.“

Das Fest selbst mit seinen Feiertagen steht dann bei den Sinnhubers ganz im Zeichen der Familie – selbstverständlich darf auch eine Krippe nicht fehlen.Sie ist für Ernst Sinnhuber aber viel mehr als nur ein kleines kunstvolles Bauwerk: Sie ist die Veranschaulichung für das „wahre“ Weihnachten und Ansporn, sich wieder zu besinnen und Weihnachten aus der eigentlichen Perspektive heraus zu betrachten. Eine fixe Krippe gibt es übrigens nicht im Hause, es wird einfach eine verbleibende aus seiner Schatzsammlung herangezogen!


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