ZWETTL. Die Beratungsstelle Rat & Hilfe der Caritas in Zwettl feiert jetzt im Juli das 40-jährige Jubiläum. Was sich seit der Gründung verändert hat, welche Herausforderungen es täglich zu meistern gilt und wie man es schafft, die nötige Distanz zu den beruflichen Erlebnissen zu schaffen – Stellenkoordinator Christian Scheidl hat Tips davon berichtet.
Im Juli 1975 wurde das Beratungszentrum Rat & Hilfe am Standort Zwettl eröffnet. Zu Beginn beim Pastoralamt der Diözese St. Pölten angesiedelt, übernahm 2010 die Caritas die Trägerschaft. Unzählige Menschen haben in den letzten 40 Jahren das geförderte Beratungsangebot in Anspruch genommen und die Anfragen häufen sich. Beratungsfeld vergrößertDie Herausforderungen sind heute andere geworden, das Beratungsfeld hat sich aufgrund der gesellschaftlichen Veränderung spezialisiert und ausgeweitet, erzählt Christian Scheidl, Stellenkoordinator von Rat & Hilfe Zwettl, rückblickend. Das fünfköpfige Zwettler Team kommt tagtäglich mit aller Art von Konflikten – ob in der Erziehung, Partnerschaft oder innerhalb von Generationen, ob Schulverweigerung, Trennung und Scheidung, Besuchsregelung oder Traumabegleitung – in Berührung.Fokus MännerberatungErweitert wurde die Palette vor etwa zehn Jahren um den Bereich Männer- und Gewaltberatung, Rat & Hilfe Zwettl ist die einzige Institution in der Diözese, die dies anbietet. „Speziell Männer haben als der vermeintlich Starke und Versorger der Familie, hier oft eine große Hemmschwelle zu überwinden“, berichtet Scheidl. Überforderung, das Funktionieren in Arbeit und Familie sowie Gewalt, Alkohol und Sexualität – das sind die wiederkehrenden Themen im Bereich Männerberatung. Homosexualität zähle in der heutigen sogenannten modernen Gesellschaft noch immer zu einem Tabuthema, wie Scheidl betont. Seit dem Songcontest rund um Conchita Wurst sei aber auch in der Waldviertler Region eine Aufbruchsstimmung zu beobachten.“Es wird heute eher der Mut gefasst, mit intimen Themen, wie Sexualität, zu uns zu kommen, als noch vor etlichen Jahren“, so Scheidl. „Während das Beratungsangebot früher oft als letzter Ausweg angesehen wurde, kommen viele heute bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu uns“, erzählt Scheidl. Speziell im Bereich Gewalt sei die Veränderung spürbar, viele nehmen das Angebot wahr, bevor sie sprichwörtlich explodieren, zu Schlägen ansetzen, Suizid ausüben oder dergleichen.„Ich habe das Gefühl, dass die Leute offener geworden sindund sich trauen, ihre Probleme anzusprechen.„Christian ScheidlGroße regionale UnterschiedeBereits innerhalb des Bezirkes Zwettl seien große regionale Unterschiede zu erkennen, was die Häufigkeit und Themen der Anfragen betrifft, berichtet Scheidl. So gäbe es immer zwei, drei Hotspots. Im benachbarten Bezirk Gmünd stehen – nicht zuletzt durch die Grenznähe – oftmals ganz andere Themen im Fokus.OnlineberatungNeben der telefonischen und persönlichen Beratung gibt es die Möglichkeit, diese online zu absolvieren. Auf www.ratundhilfe.net kann man anonymisiert eine Anfrage abschicken, diese wird von zwei Mitarbeitern beantwortet und zurückgesendet. Jeden Montag von neun bis elf Uhr ist Rat & Hilfe außerdem beim Bezirksgericht Zwettl zugegen, parallel zum Richtersprechtag. Im Zuge der kostenlosen Familienberatung bei Gericht können Erstanfragen zum Thema Scheidung, Obsorgeregelung, Kontaktrecht und Ähnliches geklärt werden. Gesamtpaket kostenlosGrundsätzlich ist das Gesamtpaket, also alles was unter das Familienberatungsförderungsgesetz fällt, kostenlos. Das Jahresbudget der Initiative ist stets relativ knapp, das jährliche Defizit, das nicht durch die öffentliche Hand gedeckt wird, wird durch Spendengelder der Caritas getragen, zum Beispiel durch die Caritas Haussammlung. Nötige DistanzUnd wie schafft man es, das Berufliche nicht so nah an sich ran zu lassen? „Die Erfahrung im Laufe der Jahre, ein toller Kollegenkreis sowie verpflichtende Supervisionen helfen dabei, das Ganze ein wenig distanzierter zu sehen“, so Christian Scheidl abschließend
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