Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Arzneipflanzen: Waldviertler Johanniskraut im Antidepressiva

Katharina Vogl, 23.09.2016 14:08

FRANZEN/OBERWALTENREITH. Ginko für Demenzpräparate, Roggenpollen für Prostatamedikamente und Johanniskraut als Basis für Mittel mit antidepressiver Wirkung. Bei uns im Bezirk und in der Umgebung wächst eine Vielzahl an Arzneipflanzen. Tips war bei der Johanniskrauternte mit dabei.

  1 / 4   Franz Tiefenbacher mit den Johanniskraut-Bauern Willi und Mario Aschauer bei der Ernte in Franzen. Fotos: KaVo

Nahezu 100 Prozent der Arzneipflanzen in Österreich werden von Waldland produziert“, meint Prokurist Franz Tiefenbacher nicht ganz ohne Stolz. Das entspricht einer Fläche von rund 2500 Hektar, aufgeteilt auf das Waldviertel. So ist es nicht verwunderlich, dass der 45-Jährige auch den Vizepräsidenten der EUROPAM (European Herb Growers Association), also des europäischen Heil- und Gewürzkräuterverbandes, stellt.

EUROPAM

Der angesprochene Verband wurde 1996 in Frankreich gegründet, national schloss man sich bereits 1993 zusammen. Damals gab es eine Presseaussendung: Kräuterbauern ziehen an einem Strang. „Ich habe mir als junger Waldland-Mitarbeiter gedacht, das ist doch der komplett falsche Weg, unser mühsam aufgebautes Wissen und Know-how mit anderen zu teilen. Schnell habe ich realisiert, dass das für unsere Nischenproduktion eine enorme Chance ist“, erläutert Tiefenbacher. Und es war gut so. „Man macht sich Sorgen über die gleichen Probleme, man hat dieselben Visionen und Perspektiven.“ In den bestehenden 20 Jahren hat sich viel getan, im Fokus stand stets die Qualität als bestimmender Wegweiser, denn „damit könne man sich gegen die Produkte außerhalb der EU durchsetzen.“ Die Kooperation mit der Industrie pflegte man seit Anbeginn. Und ein Herzstück des europäischen Heil- und Gewürzkräuterverbandes war die Erarbeitung der Richtlinien für die „Gute Landwirtschaftliche Praxis für Medizinal- und Aromapflanzen“, diese wurden von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) geprüft und übernommen.

Großes Potential

„Heil- und Gewürzkräuter kommen nach wie vor zu einem großen Teil aus China, da gibt es für unseren Raum noch ein großes Potential“, meint Tiefenbacher im Hinblick auf den Anbau. So ist dieser Tage im August die Johanniskrauternte im vollen Gange. Die Bauern Willi und Mario Aschauer aus Nondorf zählen zu den „Waldland-Urgesteinen“, neben Mohn, Mariendistel und Kümmel bauen sie auch auf Johanniskraut. „Wir ernten nur den Blühhorizont“, erklären sie. Dieser wird dann bei Waldland getrocknet und an die pharmazeutische Industrie geliefert, wo die Wirkstoffe extrahiert als Basis für Medikamente mit antidepressiver Wirkung dienen.

„Bekommt man Antidepressiva verschrieben, so kann man mit Garantie davon ausgehen, dass Johanniskraut von Waldland drinnen ist.“ Franz Tiefenbacher

Johanniskraut im Aufwind

Rund 70 Hektar werden derzeit bei Waldland angebaut, auf ganze 100 wird noch ausgeweitet. „Nachdem Ende der 90er die Nachfrage total eingebrochen ist, ist das Interesse nun wieder erwacht“, so Tiefenbacher. Damals war der Markt nach einem richtiggehenden Hype gesättigt. Zudem kam im Rahmen von Gutachten zutage, dass es bei der Anwendung von solchen Präparaten zu negativen Nebenwirkungen kommen kann. Seitdem man wieder vermehrt auf Qualität setzt, gehe es wieder aufwärts, außerdem werde seitens Waldland garantiert, dass es sich um „giftpflanzenfreie Drogen“ handle. Die rund 30 Johanniskrautbauern im Waldviertel können ihre kleinstrukturierten Flächen noch kontrollieren, so Tiefenbacher.

Nachdem das Waldviertel einzigartige Vegetationsunterschiede aufweist, erstreckt sich die Johanniskrauternte über mehrere Wochen, von Harmannsdorf angefangen über Franzen bis hin zu Kleinschönau – für Waldland von Vorteil. Franz Tiefenbacher beurteilt die Ernte des Heilkrauts, die heuer mit 12. September abgeschlossen wurde, als sehr zufriedenstellend, auch wenn die überwiegend händische Unkrautbekämpfung aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschlagsmenge eine sehr herausfordernde war.

Das gelbe Pflänzlein zählt übrigens als ganz persönlicher Liebling Tiefenbachers: „Wir sind zusammen schon durch dick und dünn gegangen, wahrscheinlich deswegen.“ Er verwendet es auch privat, zählt doch das Gartln zu seinen Hobbys. Gemeinsam mit seinen Jungs wird das Johanniskrautöl angesetzt, als wunderbare Pflege für die Haut oder bei Verbrennungen. Zeit, um sich zurückzulehnen, hat Franz Tiefenbacher aber noch nicht, denn die Ginkoernte ist nun an der Reihe!


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden