Im Waldland regnete es Dankesworte für eine „wahre Europäerin mit Herz und Hirn“
OBERWALTENREITH. Es war ein Festakt mit berührenden Worten, Gesten der Wertschätzung und der Dankbarkeit, die allesamt einer Person gebührten, Agnes Schierhuber. Denn die bisherige Obfrau des Waldviertler Sonderkulturenvereins (der Marke hinter Waldland) legte ihr Amt nach 13 Jahren nieder. Ihr zu Ehren wurde am 18. November, im Anschluss an die Hauptversammlung des Vereins, ein würdiges Fest auf die Bühne gestellt. Hoher Besuch aus Brüssel stellte sich ein, um ihr ein herzliches Dankeschön auszusprechen. Und in Anbetracht der erschienenen Gästeschar wurde die Anerkennung deutlich spürbar, die man der ehemaligen Europa-Parlamentarierin und langjährigen Obfrau Agnes Schierhuber entgegenbrachte.
Ein Höhepunkt jagte am 18. November im Waldlandhof den anderen: Im Zuge der Hauptversammlung des Waldviertler Sonderkulturenvereins fanden die Neuwahlen des Vereinsvorstandes statt. Robert Haidl wurde zum neuen Obmann gewählt und folgt damit Agnes Schierhuber, die seit 2003, neben ihrer politischen Karriere, an der Spitze des Vereins stand. Die scheidende Obfrau wurde zur Ehrenobfrau auf Lebenszeit ernannt und im Zuge des anschließenden Festaktes gebührend verabschiedet. Zahlreiche Kollegen, Freunde und Wegbegleiter stellten sich ein, um ihr Danke zu sagen.
„Du hast die europäische Agrarpolitik maßgeblich beeinflusst“, meinte Bezirkshauptmann-Stellvertreter Josef Schnabl zur ehemaligen Europa-Abgeordneten, die insbesondere im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung tätig war. Er beschrieb die 70-Jährige als eine Frau, die sich um jeden Einzelfall akribisch angenommen hat. Als eine Seelenverwandte des Vorgängers Adi Kastners habe sie seinen Weg konsequent fortgesetzt und „heute steht Waldland besser denn je da.“
Der österreichische Bauernbund-Präsident Jakob Auer knüpfte an die Dankesworte nahtlos an: „Es ist bemerkenswert, was du geleistet hat, so vielfältig war dein Einsatz und dein Wirken, auf dich konnte man sich verlassen.“
Mit 50 Jahren ins Europäische Parlament
Moderatorin Birgit Perl führte gekonnt durch den Festakt, sie gab den Gästen einen Einblick in das Leben und Wirken von Agnes Schierhuber, die mit 50 Jahren in das Europäische Parlament wechselte. Das bedeutete gleichzeitig, jeden Montagmorgen um drei Uhr früh aufzustehen, 14 Jahre lang. Am Wochenende legte sie dann - zurück im Waldviertel - am eigenen landwirtschaftlichen Betrieb Hand an. Agnes Schierhuber erinnert sich noch gut an jenen 3. Jänner 1995, als sie das erste Mal in das Flugzeug Richtung Brüssel stieg: „Ich hatte Zweifel, ob ich das schaffen würde, in der Silvesternacht habe ich nur geheult, mein Mann war es, der mich ermutigt hat.“ Bei ihrer der Ankunft in Brüssel überwog der Angstschweiß, „nichtwissend, eine fremde Sprache, ich war anfangs alleine in Brüssel und habe mir gleich Verbündete und Berater gesucht.“
„Republik Waldland“
Als nächster Redner ließ es sich der ehemalige EU-Landwirtschaftskommissar Franz Fischler nicht nehmen, der ehemaligen Agrarpolitikerin Danke zu sagen, er witzelte: Waldland sei mittlerweile eine eigene Republik geworden und „jede Republik braucht ihre Hauptstadt, wenn ich als Nicht-Zuständiger einen Vorschlag machen kann, wäre das Agnesschlag. Danke für das, was du geleistet hast, du hast es verstanden, wie man in Brüssel vernünftig und erfolgreich auftritt.“
Der am weitesten angereiste Gast war der Präsident der Europäischen Volkspartei, Joseph Daul. Er kam aus dem französischen Elsass und bezeichnete Schierhuber als eine „wahre Europäerin mit Herz und Hirn“. Ihr Einsatz als Abgeordnete wäre nicht einfach gewesen, große Herausforderungen wie die BSE-Krise oder die EU-Erweiterung fielen in ihre Periode. Dennoch war sie stets eine „bescheidene Frau aus dem Waldviertel, die es geschafft hat, zu überzeugen. Das, gepaart mit ihrer Handschlagqualität und ihrer Hartnäckigkeit, zeichne sie aus, „sie ist eine ruhige Frau, die Konfrontationen nicht scheut, sie hat ein Gespür für Menschen und weiß wie man sie abholt und auf sie zugeht. Sie hat Probleme stets auf den Tisch gebracht, sie angesprochen und gelöst“, war Daul voll des Lobes. Ihre Heimat, das Waldviertel hatte sie auch in Brüssel immer mit dabei, in Form von Mohnzelten, Schnäpsen und weiteren regionalen Schmankerl, wie Daul verriet.
VP-Landtagspräsident Hans Penz gab im Zuge seiner Laudatio einen Einblick in das Leben und die vielfältigen Tätigkeiten Schierhubers, mit der er seit 42 Jahren eine persönliche Freundschaft pflegt. „Waldland verliert mit deinem Abschied eine kraftvolle Stimme, ein hohes Maß an Kompetenz und eine zuverlässige Wegbegleiterin“, so Penz.
Schierhuber: „Freue mich auf die kommende Zeit“
Die Geehrte selbst zeigte sich ob der vielen Lobeshymnen überwältigt, „ich vertrage viel Lob, dieses finde ich doch ein wenig zu viel, aber ich genieße es.“ Bei der abschließenden Frage, was sie denn mit ihrer vielen Zeit nun anfangen werde, schmunzelte sie. „Ich freue mich sehr darauf, werde jeden Tag ein Mittagsschläfchen halten“, zudem warten auch noch fünf Enkelkinder auf sie.
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