Alexandra Steiner: Das Unsichtbare sichtbar machen
ARDAGGER. Die aktuellen Bilder Alexandra Steiners könnten als Mikroskop-Studien oder als Teleskopblicke ins All gelesen werden. Steiner zeigt, wie Mikro- und Makrokosmos in einander übergehen und eine Einheit bilden.
ARDAGGER. Die Künstlerin Alexandra Steiner ist gelernte Biologin, die während ihres Studiums viel mit dem Mikroskop gearbeitet hatte. Fasziniert von der Tiefenwirkung dessen, was sie da sah, überlegte sie, wie man diese Tiefe künstlerisch darstellen könnte. Eines Tages beobachtete sie ihre damals dreijährige Tochter, die mit Seife und Wasserfarben experimentierte. Und das gab den Ausschlag zu einer Technik, die Steiner in ihren aktuellen Bildern – in verfeinerter Form anwendet: Sie verwendet Ölfarbe und wasserlösliche Gouache-Farben, die sich einerseits abstoßen und andererseits doch zusammen zu einem Ganzen zusammenfinden. Die Bilder bestechen durch eine unglaubliche Tiefe, die den Betrachter geradezu ins Bild hineinzieht. Diese Tiefe erzielt Steiner durch viele Farbschichten, die sie übereinander aufträgt.
Auflösung der Form und die unsichtbare Welt
Mit dieser Technik einher geht die Auflösung der Form – eines der großen Themen Steiners. Steiner sieht sich als Künstlerin an der Schnittstelle zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Ihre Aufgabe besteht darin, die Menschen mit dieser unsichtbaren Welt vertraut machen, ihnen die Angst davor zu nehmen. „Ein Künstler begibt sich sehr tief in die andere Welt hinein, um Menschen, die diese ausblenden, damit vertraut zu machen“, erklärt Steiner. Diese unsichtbare Welt, die in der Mythologie „Anderswelt“ genannt wird und in der Physik „Dunkle Materie“ und „Dunkle Energie“ hat für Steiner eine spirituelle Komponente, denn sie durchzieht den gesamten Kosmos und sie ist das Element, das alles Existierende zusammen bindet. Selbst Atome bestehen aus mehr dunkler Materie als aus sichtbarer Materie.
Der ewige Kreislauf von Leben und Tod als zwei miteinander verwobene Erscheinungen lässt aus dem Wechselspiel von dunkler Energie und sichtbarer heraus lesen.
Das Unsichtbare so abzubilden, dass es die Augen zumindest erahnen können, ist die Herausforderung Steiners.
Pilzgeflechte
Die Analogie in der sichtbaren Welt findet sich in der Welt der Pilzgeflechte. Diese können sich über große Flächen ausbreiten und kommen nur an gewissen Stellen zum Vorschein. Die Pilze sind, ebenso wie sie kilometerlange Geflechte bilden können, auch in mikroskopischen Dimensionen faszinierend.
Ahnung einer weiteren Dimension
Steiner sieht die dunkle Materie und die dunkle Energie wie ein Pilzgeflecht das alles im Universum verbindet. Diese Geflechte stellt Steiner in der beschriebenen Maltechnik in ihren Bildern dar und gibt damit dem Betrachter eine Ahnung davon, dass da noch eine Dimension vorhanden ist, für die die menschlichen Sinnesorgane noch nicht empfänglich sind. Die Pilze sind auch Sinnbild für den Übergang vom Tod ins Leben. Abgestorbenes wird von Pilzen aufgelöst, es geht zurück in den Boden, um als verwandelte Materie wieder Leben zu entfalten.
Ästhetische Wirkung
Selbst, wenn der Betrachter alle philosophischen Dimensionen der Gemälde Steiners ausblendet, bleiben sie auch aus dem Gesichtspunkt der Ästhetik spannend und verleiten dazu, länger im Betrachten zu verweilen, den Linien der Geflechte im Geiste nachzufahren und sich in den dunklen Stellen in die Tiefe zu versenken.
Eine Auswahl Steiners Werke – aus unterschiedlichen Schaffensperioden – werden vom Verein kult:ur:gut im Atelier Jordan, St. Valentin, ausgestellt. Eröffnet wird die Ausstellung am Samstag, dem 23. Juni 2018, mit einem Konzert der Formation „First Gig Never Happened“.
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