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Jubiläumsbericht: Zehn Jahre Mostelleria in Öhling

Michaela Aichinger, 19.08.2020 08:06

ÖHLING. Behutsam und mit viel Gespür für die wertvolle Substanz haben Doris und Josef Farthofer von der Destillerie Farthofer das denkmalgeschützte Presshaus am Dorfplatz renoviert und unter dem Namen „Mostelleria“ zum Produktions, Verkaufs- und Verkostungsgebäude umfunktioniert. Nun wird zehnjähriges Jubiläum gefeiert.

Josef und Doris Farthofer Foto: Fabian Altphart
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Seit 2003 arbeiten Doris und Josef Farthofer auf ihrem Hof in Biberbach an der Kreation feinster Edelbrände. „Als wir in Öhling das alte Kellerhaus sahen, haben wir uns sofort in das denkmalgeschützte Gemäuer mit seiner italienischen Fassade, dem Gewölbe und der venezianischen Wendeltreppe verliebt“, erinnert sich Doris Farthofer. 2007 starteten die Verhandlungen mit der Gemeinde, die Farthofers ließen sich in Südtirol und im Burgenland von renovierten Weingütern inspirieren und los ging es mit den Umbauarbeiten.

„Standen vor großen Herausforderungen“

„Wir haben viel selbst gemacht und standen oft vor großen Herausforderungen. Im Eingangsbereich waren wir mit vier verschiedenen Niveaus konfrontiert. Die Mauern mussten trockengelegt werden. Dabei bestand immer die Gefahr, dass das Gewölbe einstürzt. Familie und Freunde haben uns immer sehr unterstützt, wofür wir sehr dankbar sind“, unterstreicht Farthofer.

Eröffnung am 3. September 2010

Nach drei Jahren Umbau- und Renovierungsmaßnahmen – der Innen-Bereich wurde von einem Südtiroler Architektenpaar zeitlos modern gestaltet – war es dann soweit: die Eröffnung wurde am 3. September 2010 im Beisein des damaligen Landesrates Stephan Pernkopf (ÖVP) und Landtagsabgeordneter Bürgermeisterin Michaela Hinterholzer (ÖVP) gefeiert. „Fünf Minuten vor der Eröffnung ist der letzte Putzfetzen gefallen, aber es ist alles gut gegangen“, schmunzelt Farthofer.

„Komplette Quereinsteiger“

Waren die Farthofers zuvor noch rein in der Produktion von Edelbränden beheimatet, stiegen sie mit der Mostelleria in die Freizeitwirtschaft ein. „Wir waren ja komplette Neulinge im Ausflugstourismus. Niemand hat uns am Anfang gekannt“, beschreibt Farthofer die Startschwierigkeiten. Doch sie ließ sich nicht unterkriegen: um auf die neue Mostelleria aufmerksam zu machen, stattete Farthofer im Dirndl und mit dem beliebten Birnendessertwein „Mostello“ im Gepäck regionalen Busunternehmern sowie Pensionisten- und Seniorenvereinen einen Besuch ab. Der erste Bus, der aus St. Valentin kam, wurde empfangen und die Mundpropaganda begann zu laufen.

Weltbester Vodka änderte alles

„Im ersten Jahr durften wir 1681 Besucher begrüßen. Das war schön, jedoch auch überschaubar. Zwei Jahre später änderte sich dann alles schlagartig“, verweist Farthofer auf die IWSC Trophy 2012 in London: „Aus 2400 Einreichungen aus 96 Ländern wurde unser O. Vodka zum Weltbesten in seiner Kategorie gewählt. Wir sind heute noch stolz und dankbar. Plötzlich hatte der Name Farthofer einen fixen Platz in der österreichischen und internationalen Spirituosenbranche“.

20.000 Besucher pro Jahr

„Vorher hatten wir 300 Flaschen Vodka pro Jahr verkauft. Mit London gelang der Verkauf von 1000 Flaschen in einer Nacht“, erklärt Farthofer immer noch fasziniert. Mit der Auszeichnung stieg auch die Zahl der Besucher schlagartig und in der Mostelleria wurden 20.000 Gäste im Jahr empfangen.

Neuorientierung

„Wir konnten das fast nicht mehr stemmen. Da mussten wir uns überlegen, wo wir wirklich hinwollen. Zudem war das Gebäude von der Akustik her nicht auf so viele Gäste ausgelegt. Unser Fokus lag und liegt am Produzieren. Wir mussten also wieder runter reduzieren und haben uns von der Gruppentouristik weg und hin zu Kleingruppen orientiert. Aber natürlich freuen wir uns immer über jeden Gast“, unterstreicht Doris Farthofer.

Individuelles Verkostungserlebnis

Derzeit werden in der Mostelleria Verkostungen für zwei bis 24 Personen angeboten. „Wir haben auch das neue Verkostungskonzept „Tischlein deck dich“ kreiert, wodurch das Verkostungserlebnis noch individueller gestaltet werden kann“, so Farthofer.

„Und dann kam Corona“

In der Destillerie Farthofer wird normalerweise rege exportiert. Mostello, diverse Obstbrände, Gin, Rum, Vodka, Whisky oder eigens auf die Kunden abgestimmte Edelbrände gehen in die ganze Welt. „Wir sind sehr gut ins Jahr gestartet – und dann kam Corona. Ab dem 10. März ist bei uns alles eingebrochen. Unsere Produkte sind Luxusgüter. Das ist in Krisenzeiten schwierig“, so Farthofer. Dennoch habe man mit der Produktion von hochwertigem Weizendestillat für Desinfektionsmittel reagiert. Derzeit beliefern die Farthofers noch kleinere Pharmabetriebe. „Der Desinfektions-Hype ist jedoch vorbei und wir produzieren natürlich lieber Edelbrände“, erklärt Farthofer, die alle sieben Mitarbeiter im Betrieb halten konnte – und das seit 1. Juli im Normalbetrieb.

Zukunftspläne in der Destillerie Farthofer

An neuen Projekten und Innovationen wird es in der Destillerie Farthofer auch in Zukunft nicht mangeln. „Wir platzen hier in der Mostelleria aus allen Nähten und planen den Ausbau unserer Produktion“, erklärt Farthofer. Derzeit sei man in der Sondierungsphase. Genaueres werde verraten, wenn die Zeit reif ist.

Nachhaltigkeitsgedanke verbindet Generationen

Und wo sehen sich die Farthofers in zehn Jahren? „Wir hoffen, dass wir dann unseren Betrieb für die nächste Generation – unseren Sohn – vorbereiten dürfen und dass die Destillerie im Sinne des Unabhängigkeits- und Nachhaltigkeitsgedankens, der uns immer vorantreibt, weitergeführt wird“, so Farthofer abschließend.

Ein Haus mit Geschichte

Die Mostelleria ist ein denkmal-geschütztes Kellerhaus, das 1874 erbaut wurde und von Anfang an eng mit der Mostkultur verbunden war. Es wurde vom Öhlinger Geschäftsmann, Landwirt und Inhaber einer Ziegelbrennerei Johann Kirchweger als Presshaus erbaut. Er lebte von 1839 bis 1897, prägte die Region rund um Öhling und produzierte damals erfolgreich Most.

Johann Kirchweger wird als „Mostbaron der ersten Stunde“ bezeichnet. Er hatte den gegenüberliegenden „Meierhof“ geerbt, ließ das baufällige Gebäude aber abreißen. Bei den Bauarbeiten entdeckten die Arbeiter beträchtliche Mengen an vergrabenem Silbergeld und Golddukaten. Mit dem Geld ließ er ein Presshaus errichten, in dem er seinen Most keltere, der so begehrt war, dass er sogar bis nach Berlin exportiert wurde.

1897 starb Johann Kirchweger kinderlos und vermachte seinen Besitz an Kaiser Franz Josef. Auf einem der Grundstücke wurde das Psychosoziale Zentrum Mostviertel Amstetten-Mauer errichtet. Ab dessen Eröffnung wurden der Meierhof und das Presshaus als Wirtschaftshof für das Krankenhaus genutzt. Die Patienten pressten im Kellerhaus Most und im Meierhof waren Kühe und Schweine eingestellt. Über 100 Jahre lang – bis 1987 – war das Presshaus in Betrieb. Danach stand das Kellerhaus leer.

2007 warf Josef Farthofer einen Blick in das Kellerhaus. Es erinnerte ihn an eine Kathedrale und verzauberte ihn sofort. Quelle: Destillerie Farthofer

Sommerlicher Getränketipp von Doris Farthofer

„Ich empfehle unseren Mostello New Make - frisch auf Eis und eventuell mit etwas Soda eignet er sich als optimaler Sundowner: ein tolles Sommergetränk!“


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