
GLEISS. Ein Ring aus Aluminium oder Holz, dazu noch Zwirn in den unterschiedlichsten Farben – recht viel mehr braucht Renate Halbartschlager nicht, um daraus kunstvolle Zwirnknöpfe zu fertigen. Tips bat die kreative Mostviertlerin zum Gespräch.¶
Tips: Der klassische Zwirnknopf aus Großmutters Zeiten ist vielen noch ein Begriff. Man sieht ihn jedoch kaum mehr. Wie und wann bist du mit Zwirnknöpfen in Berührung gekommen? Wie kam es zur Gründung von „K(n)opfkunst“?
Renate Halbartschlager: Die Bettwäsche von meiner Großmutter war‘s, die mein Interesse geweckt hat. 50 Jahre oder noch länger haben die Überzüge bereits am Buckel und die Knöpfe sind immer noch gut. Wenn man an die heutige Wäsche denkt, wo nach zehn Mal waschen der Reißverschluss eckt, denkt man da gerne zurück. Dank meiner ausgeprägten Kreativität ist mir gleich ganz viel zu diesen Knöpfen eingefallen. Es fasziniert mich immer wieder, was mit so einem Knopf alles möglich ist.
Tips: Welche Tradition hat der Zwirnknopf in unserer Region?
Halbartschlager: Die Geschichte in unserer Region kenne ich leider nicht. Es war halt von früher her so, dass Bäuerinnen und auch deren Kinder im Winter mit der Erzeugung von Knöpfen den Abend verbracht haben – sicher sinnvoller als Fernsehen. Der Knopf an und für sich ist ein „Ding“, das einen einfachen Nutzen hat. Es gab überregional im Mühl- und Waldviertel schon Betriebe, die sehr bald Knöpfe mit Maschinen hergestellt haben und das auch noch heute in kleinen Betrieben machen. Dort gibt es auch häufiger kleine Manufakturen, die Knöpfe wieder in Handarbeit herstellen.
Tips: Was ist das Besondere an einem Zwirnknopf im Vergleich zu herkömmlichen Knöpfen?
Halbartschlager: Der Knopf soll etwas verschließen und guten Halt bieten, was ja bei Kunststoffknöpfen durch die glatte Oberfläche nicht immer der Fall ist. Der Zwirnknopf hat, je nach verwendetem Garn, eine raue Oberfläche und bietet daher sehr guten Halt in den Knopflöchern. Durch das Farbenspiel ist es sogar möglich, in schlichten einfarbigen Oberbekleidungen wie Blazern, Kleidern oder Mänteln richtig stylische Elemente einzunähen. Ich trage immer etwas mit buntem Knopf an mir – das ist mein Erkennungsmerkmal!
Tips: Was braucht es, um einen Zwirnknopf herzustellen und wie lange arbeitest du an einem Stück? Wie viele Knöpfe hast du schon selbst hergestellt?
Halbartschlager: Auf der Stückliste für einen Zwirnknopf stehen lediglich ein Ring aus Aluminium oder Holz, Garn oder fester Zwirn und aus der Nähkiste Nadel und Schere. Für Anfänger kommt natürlich noch eine große Portion Ausdauer und Geduld dazu. Mit etwas Übung bekommt man bereits nach vier bis fünf Knöpfen richtig schöne Schmuckstücke. Für einen traditionellen Zwirnknopf brauche ich ungefähr 15 Minuten. Für große Schmuckstücke mit drei bis fünf Farben gehen dann schon ein bis zwei Stunden vorüber. Die Frage der bisher gewickelten Knöpfe kann ich nicht genau beantworten. Aber es werden schon 1.000 Stück gewesen sein ...
Tips: Das ist schon eine schöne Summe ... Wo hast du die Wickeltechniken erlernt und wie viele verwendest du?
Halbartschlager: Die Grundtechniken des Zwirnknopfmachens habe ich vor einiger Zeit im Bildungshaus Sankt Benedikt in Seitenstetten erlernt. Marlene Zehetner-Brauer, eine leidenschaftliche Schneiderin aus Wolfsbach, gibt dort ihr Wissen weiter. Die Basis für einen Knopf ist das Wickeln eines Fadens um einen Ring. Je nach Muster einmal mehr oder weniger. Mit der Verwendung von farbigem Garn entstehen dann unterschiedliche Muster. Man kann seiner Phantasie freien Lauf lassen.
Tips: Zu welchen Gegenständen verarbeitest du deine Knöpfe?
Halbartschlager: Der Vielfalt mit nur einem Knopf sind wirklich keine Grenzen gesetzt. Egal ob auf einer Kette um den Hals getragen oder mit einer Sicherheitsnadel auf Strickwaren, Schals oder Mänteln. Pins für Taschen, Stirnbänder und Hauben sind auch immer schön. Ein „Hingucker“ für viel Anlässe. Für das trachtige Outfit gestalte ich individuelle Ketten. Je nach Muster und Farben der Dirndlstoffe wickle ich die Knöpfe zur Kette zusammen. Hin und wieder erstelle ich sogar ganze Bilder mit Knöpfen. Das sind dann ganz besondere Unikate im Wohnraum.
Tips: Wie wichtig ist deiner Meinung nach in Zeiten von „Made in China & Co.“ regionales Kunsthandwerk? Welche Bedeutung hat es für eine Region?
Halbartschlager: Nicht lachen bitte – Zwirnknöpfe kann man sogar bei Amazon bestellen. Es darf jeder entscheiden, wann und wo er einkauft. Nach einem Jahr Knopfkunst habe ich schon einige Stammkunden, die meine Knopf-Vielfalt schätzen. Laufend gibt es Beiträge in den Sozialen Kanälen, wo auch Termine für Märkte zu finden sind. So habe ich einen Stand beim Adventmarkt von BMW Steyr (3. Dezember). Auch bei der Ulmerfelder Schlossweihnacht von 9. bis 11. Dezember bin ich vertreten. Ein kleines Standardsortiment gibt es im M&M Marktladen in Seitenstetten und in der Feinkostbar in Rosenau. Für Bestellungen mit Farbwünschen bitte mich persönlich kontaktieren.
Renate Halbartschlager im Word-Rap
Glück ist, ein freier Mensch zu sein.
Was mich nervt: Verspätungen
Worauf ich nie verzichten möchte: Süßes zum Kaffee
Kunsthandwerk bedeutet für mich: Detailverliebtheit; mit Hingabe etwas gestalten zu können und es jemandem zu geben, der das erkennt und wertschätzt
Mein Lebensmotto: Lebe. Liebe. Lache.