Winklarner Kräutergarten feiert großes Jubiläum
WINKLARN. Der Mostviertler Kräutergarten „Wohl-be-Hagen“ feiert im Juli sein zehnjähriges Jubiläum. Tips hat die Besitzerin und Kräuterpädagogin Sigrid Hagen zum Interview in ihrem Gartenparadies getroffen.
Tips: Liebe Sigrid, dein Kräutergarten feiert im Juli sein zehnjähriges Jubiläum. Mit welchen Gefühlen blickst du auf das vergangene Jahrzehnt zurück?
Sigrid Hagen: Ich blicke mit großer Freude zurück, dass sich mein Kräutergarten so entwickelt hat! Am Anfang war alles ganz „nackert“. Man muss ja bedenken, dass beispielsweise ein Baum zehn Jahre braucht, bis er angewachsen ist. In den vergangenen zwei Jahren hat man einen richtigen Schub gemerkt. Mein Kräutergarten wurde immer größer und jede neue Pflanze hat ein schönes Platzerl gefunden. Manche Pflanzen haben sich von selbst angesiedelt. Die Vielfalt ist groß und mein Garten ist jetzt richtig verwachsen. Die Leute sagen, dass wir in einem Paradies leben. Wir haben übrigens auch Pferde, Truthähne, Hühner, Bienen, Hunde und Katzen ...
Tips: Da tut sich was im Garten! Wie ist es eigentlich zum Kräutergarten „Wohl-be-Hagen“ gekommen?
Hagen: Das war am Anfang nicht geplant. Ich wollte den Garten einfach ein wenig gestalten. Dann habe ich Kräuterausbildungen gemacht – unter anderem bei Miriam Wiegele und 2011 auf der Kräuterakademie des FNL (Freunde naturgemäßer Lebensweise). Als ich Miriam Wiegeles Garten im Südburgenland gesehen habe, habe ich bei meiner Rückkehr zu meinem Mann gesagt: „Wir brauchen einen Bagger.“ Im Laufe der Jahre kamen dann auf den 3.000 Quadratmetern immer neue Elemente dazu. Mittlerweile erfüllt mein Kräutergarten alle FNL-Auflagen. Hier biete ich auch FNL-Ausbildungen nach Ignaz Schlifni an, die eineinhalb Jahre dauern. Die Teilnehmer lernen 400 Kräuter mit botanischem Erkennen, Verarbeiten und der Anwendung nach der Volksheilkunde. Wenn du eine Pflanze wirklich kennenlernen möchtest, dann funktioniert das am besten vom ersten Keimblatt an. Es ist auch wichtig, eine Pflanze im Jahreskreis zu beobachten. Gegen Voranmeldung (Tel. 0660 1616743) kann mein Kräutergarten gerne besucht werden!
Tips: In deinem Garten wachsen rund 200 verschiedene Kräuter. Was ist dein Lieblingskraut?
Hagen: Das ist die Brennnessel! Dabei handelt es sich um ein Konstitutionskraut, das heißt, es ist für jede körperliche Konstitution geeignet – außer bei Herzschwäche. Die Brennnessel ist ein Universalkraut. Abgesehen von der volksheilkundlichen Anwendung eignet es sich auch zur Auflockerung und Regeneration des Bodens, man kann eine Pflanzenjauche ansetzen, es enthält viel Eisen und ist auch für Nützlinge wichtig.
Übrigens: Die Brennnesselsamen – eigentlich sind es Blüten – sind aufgrund ihrer vielen Vitalstoffe sehr gesund und haben einen nussigen Geschmack. Ein Esslöffel pro Tag in Aufstrichen, Suppen oder im Salat ist ein toller Beitrag zur Gesundheit! Und: Brennnesselsamen sind gut für die Potenz und werden daher auch manchmal als „Bauernviagra“ bezeichnet!
Tips: Klingt prickelnd – im Gegensatz zur Brennnesselernte! Hast du einen Tipp?
Hagen: Man muss die Pflanze einfach von unten angreifen, dann heckt sie nicht. Und wenn doch, dann einfach gleich Spitzwegerich drauf und gut ist’s!
Tips: Alles klar! Du sagst immer, dass du in deinen Kursen „eine lebenslustige und dankbare Sichtweise auf die Natur“ vermitteln möchtest. Was ist damit gemeint?
Hagen: Ich meine damit, dass man nicht alles als selbstverständlich nehmen sollte – dann stellt sich automatisch ein Gefühl der Dankbarkeit ein. Wir müssen auf unsere Umwelt aufpassen und auch bei der Ernte schonend vorgehen. Hier kann man sich ein Beispiel an der Biene nehmen: Sie fliegt so lange beispielsweise zu einem Kirschbaum, bis keine Polle mehr da ist. Erst dann sucht sie eine neue Pollenquelle.
Tips: 2021 ist bei dir ein 1.000 Quadratmeter großer Gemüsegarten entstanden, in dem du mit deinem Mann über 45 Kulturen in biologischen Grundsätzen anbaust ...
Hagen: Ja, genau! 2022 war meine erste Saison und es war schon viel los! Im Sortiment habe ich Zwiebel, Melanzani, Zucchini, Radieschen, Knoblauch, Kohlrabi, Knollenfenchel, Kürbis, Sellerie, Brokkoli, Fisolen, Mangold, Salat, heuer 40 Sorten Tomaten und noch viel mehr. Alles wird nach biologischen Grundsätzen angebaut und gedüngt. Donnerstags ist von 17 bis 19 Uhr Markttag – jeder ist herzlich willkommen! Erstmals biete ich heuer auch eine wöchentliche Gemüsekiste an.
Tips: Du hast 2018 die Mostviertler Kräutertage auf Schloss Zeillern veranstaltet und mit der Fotografin Doris Schwarz-König das Buch „Von der Wiese in den Kochtopf“ herausgegeben. Welche Projekte planst du derzeit?
Hagen: Beim Grasen hat man viel Zeit. Ideen hätte ich viele ... schauen wir mal, was mir einfällt!
Tips: Hast du vielleicht ein gschmackiges Kräuterrezept für die Tips-Leser auf Lager?
Hagen: Da fallen mir spontan die Blätterteig-Waldrandschnecken ein – sie sind schnell zubereitet, wenn spontan Gäste am Tisch sitzen: einfach frische Kräuter fein hacken und mit Öl und eventuell auch etwas Topfen verrühren, salzen und pfeffern. Dann die Paste auf einem ausgerollten Fertigblätterteig verteilen, der Länge nach einrollen, in eineinhalb Zentimeter breite Scheiben schneiden, auf ein Backblech verteilen und 10 bis 15 Minuten bei 180 Grad backen.
Tips: Zum Kräutergarten-Jubiläum planst du am 1. Juli ein Fest. Was erwartet die Besucher?
Hagen: Geplant ist um 10 Uhr eine Feldmesse. Danach gibt es Wildkräuterbratwürste nach eigenem Rezept, Gemüse, Kräutersäfte, Kaffee und Kuchen. Außerdem werde ich Führungen durch den Kräuter- und den Gemüsegarten anbieten. Ich freue mich auf viele Besucher!
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