Pfarrer Peter Bösendorfer: 20 Jahre Seelsorge in Amstetten
AMSTETTEN. Seit zwei Jahrzehnten prägt Peter Bösendorfer als Priester das Leben der Pfarre Amstetten Sankt Stephan. Im Tips-Interview spricht er über besondere Begegnungen, Herausforderungen der Kirche und seine persönliche Motivation.
Tips: Peter, du bist seit 20 Jahren Pfarrer in Amstetten Sankt Stephan und 16 Jahre Pfarrer in Sankt Marien – wenn du auf diese Zeit zurückblickst, was waren für dich die bewegendsten Momente, aber auch die größten Herausforderungen?
Peter Bösendorfer: Eine besondere Herausforderung war der Fall Josef Fritzl im Jahr 2008. Es gab viele telefonische Journalisten-Anfragen, ein emotionaler Druck lastete auf der ganzen Stadt. Und dann sind da natürlich auch die vielen persönlichen Schicksalsschläge von Menschen und deren Familien, die mich bewegen – Todesfälle oder Unfälle, die mich mit vielen Familien sehr verbinden. Besonders der Tod von Kindern und Jugendlichen bleibt für mich herausfordernd. Aber es gibt auch viel Schönes wie etwa Taufen, Hochzeiten, Feste und Feiern – und natürlich auch manche Reisen wie etwa nach Israel, die mir immer in Erinnerung bleiben werden.
Wie hat sich deiner Meinung nach das Leben in der Pfarre und die Rolle der Kirche in der Region in den vergangenen 20 Jahren verändert?
Die kirchliche sowie gesellschaftliche Großwetterlage beeinflusst das Leben in den Pfarren massiv. Die abnehmende Bindung an die Kirche ist spürbar, der Rückgang der Mitfeiernden am Gottesdienst ist unbestritten. Die Pfarren haben sich auch massiv verkleinert. Vor 20 Jahren hatten wir in der Pfarre Sankt Stephan noch 6.500 Katholiken, heute sind es 4.300, wobei sich der Prozentsatz jener, die tatsächlich die Gottesdienste besuchen, mit 10 bis 15 Prozent nicht wirklich verändert hat. Aber es gibt einfach weniger Katholiken, die im Pfarrgebiet leben – und die Tendenz geht weiter nach unten. Der Situation liegen also gesellschaftliche Veränderungen zugrunde. Auch die Corona-Pandemie war eine große Zäsur.
Gerade in Zeiten sinkender Kirchenbindung und gesellschaftlicher Veränderungen – was motiviert dich tagtäglich in deiner seelsorgerischen Arbeit?
Mich motiviert, dass ich immer wieder Begegnungen erfahre, die gut, herausfordernd und nachdenklich machend sind. Begegnungen mit Menschen in Freud und Leid. Es ist für mich immer noch sehr motivierend zu spüren, dass Gott auf unterschiedliche Art und Weise wirkt. Hier möchte ich aus dem Vorwort des Zweiten Vatikanums zitieren: 'Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.' Dieses Zitat war und ist sehr prägend für mich und motiviert mich immer wieder.
Wie erlebst du die Jugend in der Pfarre und was braucht es, damit junge Menschen wieder mehr mit der Kirche in Berührung kommen?
Zuallererst möchte ich betonen, dass es wichtig ist, dass die Jugend kritisch ist. Und es fängt dort zu funktionieren an, wo Kinder und Jugendliche eine gute Gemeinschaft erleben. Genau dort geschieht Bindung. Es braucht keine Riesen-Konzepte. Wichtig ist, junge Menschen ernst zu nehmen und für sie Zeit zu haben. Unsere Ministranten sind aktuell die stärkste Gruppe – hier funktioniert Bindung sehr gut.
Wenn du auf die Zusammenarbeit mit den Christen der Pfarre und dem Pfarrgemeinderat blickst – was macht diese Arbeit für dich besonders wertvoll?
Mir ist eine Begegnung auf Augenhöhe sehr wichtig und dass man sich gegenseitig ernst nimmt. Ich sehe einen Pfarrer als Begleiter auf dem Weg – so wie Jesus die Emmausjünger auf ihrem Weg begleitet hat. Das Um und Auf ist, dass alle in einem guten Miteinander versuchen, die Pfarre zu gestalten und die Pfarrgemeinschaft zu leben. Ziel ist, die Gemeinschaft zu stärken, den Heiligen Geist wirken zu lassen und diesem als Pfarrer nicht im Weg zu stehen.
Was wünschst du dir für die Zukunft deiner Pfarre/der Pfarrpartnerschaft sowie der Kirche allgemein – und gibt es ein Projekt, das dir besonders am Herzen liegt?
Ich wünsche mir, dass immer wieder neue Menschen, die mit der Pfarre nicht so verbunden sind, bei uns ihre spirituelle und geistliche Heimat finden und dass das Gebäude wächst und es lebendig bleibt. Als nächstes Projekt steht die große Kirchenrenovierung in Sankt Stephan an. Voraussichtlicher Start ist 2027. Außerdem wird in der Pfarre Sankt Marien, die mit der Pfarre Sankt Stephan durch eine Pfarrpartnerschaft verbunden ist, nächstes Jahr das 50-Jahr-Jubiläum gefeiert. Hier stecken wir bereits mitten in den Vorbereitungen. Es bleibt also spannend – und lebendig.
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