Praktische Ärztin über generelle Impfpflicht: „Ich halte nichts von Zwangsmaßnahmen“
AMSTETTEN. Jüngste Masernfälle in der Steiermark zogen eine Diskussion über eine generelle Impfpflicht nach sich. Tips sprach mit der Praktischen Ärztin Luzia Eckert-Graf, die selbst Impfungen durchführt.
Tips: Sind die Menschen heute „impfmüder“ als früher?
Eckert: Die allermeisten Menschen nehmen den ärztlichen Rat bezüglich Impfungen sehr ernst. Nach heutigem Stand des Wissens zählt die aktive und passive Immunisierung gegen gefährliche Infektionserkrankungen zu den wichtigsten Errungenschaften der modernen Medizin. Die jüngere Generation, die die verheerenden Folgen von Infektionskrankheiten wie Masern, Röteln, Diphterie, Polio, Tetanus, um nur einige zu nennen, nicht mehr selbst miterlebt haben, ist in der Tat zum Teil skeptisch. Dies ist verständlich, da der Schutz in der Bevölkerung durch hohe Durchimpfungsquoten den Blick des Laien trübt.
Tips: Was kann passieren, wenn zu wenig geimpft wird?
Eckert: Wie die jüngsten Beispiele von Masernausbrüchen zeigen, kommt es in einer nicht mehr ausreichend durch Impfen geschützten Bevölkerung wieder zu einer Häufung von Krankheitsfällen und den damit verbundenen Komplikationen.
Tips: Können auch beim Impfen Komplikationen aufgetreten?
Eckert: Impfnebenwirkungen sind sehr selten und spielen in meinem Praxisalltag keine Rolle. Generell wird in der Medizin immer der Nutzen gegen potentiell schädigende Nebenwirkungen einer Behandlung abgewogen: „Primum non nocere- zuerst einmal nicht schaden“ fordert die Medizinethik zu Recht.
Tips: Welche Rolle spielen Hausärzte bei der Aufklärung über das Impfen?
Eckert: Dem Hausarzt kommt in seinem über viele Jahre und manchmal auch über mehrere Generationen aufgebauten Vertrauensverhältnis eine entscheidende Bedeutung zu: Aufklären, Selbstverantwortung fördern, begleiten und wenn möglich heilen statt Bürokratie, elektronischem Datenwahn und Zwangsmaßnahmen.
Tips: Stehen Sie für eine generelle Impfpflicht ein?
Eckert: Ich halte nichts von Zwangsmaßnahmen generell. Impfnachweise bei Einstellungsuntersuchungen (medizinisches Personal, Lehrer usw.) oder als Aufnahmekriterium (für Schulen, Lehrstellen usw.) sind teilweise schon Realität und könnten meiner Meinung nach ausgebaut werden. Auch eine Bindung an staatliche Zuwendungen wie Kindergeld oder Pflegegeld ist denkbar.
Tips: Was ist Ihre Meinung zur Homöopathie?
Eckert: Das Konzept der Homöopathie beruht auf dem Weltbild und dem Wissenstand des 18. Jahrhunderts. Die als hilfreich und heilsam empfundene Wirkung beruht ausschließlich auf der ärztlich menschlichen Zuwendung, die verabreichten Kügelchen und Wässerchen an sich sind wirkungslos und überflüssig. Ärztliches Handeln bedeutet einfühlsame Zuwendung, Begleitung in Gesundheit und Krankheit, Anleitung zur Selbstsorge und Behandlung auf wissenschaftlich fundiertem Niveau. Impfen ist nach heutigem Wissenstand hocheffektive Vorsorgemedizin.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden