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Achtsamkeit im Advent: Wie man in der Vorweihnachtszeit zur Ruhe kommt

Michaela Aichinger, 22.11.2023 09:36

MOSTVIERTEL. Der Advent stand lange Zeit für Stille, Ruhe, Besinnlichkeit – die Realität sieht anders aus. Claudia Heiland, zertifizierte MBSR-Lehrerin, verrät, wie man dem vorweihnachtlichen Stress entgegenwirken kann.

Claudia Heiland ist zertifizierte MBSR-Lehrerin sowie Achtsamkeits- und Meditationstrainerin. (Foto: Manuela Hofmacher)
Claudia Heiland ist zertifizierte MBSR-Lehrerin sowie Achtsamkeits- und Meditationstrainerin. (Foto: Manuela Hofmacher)

„Achtsamkeit ist das bewusste Erleben und die Wahrnehmung des aktuellen Moments. Und zwar mit allem, was dazu gehört: Gedanken, körperlichen Vorgängen, Emotionen, Sinneseindrücke – einfach alles, was um uns herum geschieht und in die Wahrnehmung fällt“, erklärt Claudia Heiland aus St. Georgen am Ybbsfelde.

Durch das Kultivieren dieser Wahrnehmungen im Alltag und bei Achtsamkeitsübungen wie Sitzmeditation, Atemmeditation und Gehmeditation entwickeln Menschen ein „Frühwarnsystem“. Heiland: „Wir nehmen bewusster wahr, wie es uns im Moment geht und können erfahren, dass wir die Wahl haben, wie wir auf eine herausfordernde Situation reagieren.

Achtsamkeit in Alltag integrieren

Auch in stressigen Zeiten – wie vor Weihnachten – sollte man versuchen, Achtsamkeit in den Alltag zu integrieren. „Je achtsamer du durch deinen Alltag gehst, desto leichter fällt es dir, aus deinem 'Automatikprogramm' auszubrechen und wieder mehr im Moment und mit dir in Kontakt zu sein. Besonders gut eignen sich Alltags- und Routinetätigkeiten, die automatisiert oder unbewusst ablaufen“, erklärt Heiland.

So kann man etwa ein Getränk mit allen Sinnen zubereiten und sich für jeden einzelnen Schritt Zeit nehmen. Oder wenn man beim Einkauf an einer Kasse warten muss, kann man seinen Atem beobachten, wie er aus der Nase oder dem Mund ein- und ausfließt.

„Bei Spaziergängen kann man bewusst auf seine Gehbewegung achten. Interessant ist auch, sich die Zähne mal mit der anderen Hand zu putzen, die Haptik der Zahnbürste wahrzunehmen und die Konsistenz der Zahnpaste zu spüren ...“, so Heiland, die auch empfiehlt, kurze Atemübungen in den Alltag zu integrieren, wie etwa die Nasenwechselatmung, bei der man abwechselnd ein Nasenloch verschließt und dann ein- und ausatmet.

Auch die 3-6-3-Atmung kann hilfreich sein: drei Sekunden einatmen, sechs Sekunden ausatmen, drei Sekunden Atem halten.

MBSR: achtsamkeitsbasierte Stressreduktion

Seit 2022 ist Heiland, die in ihrem Hauptberuf als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin arbeitet, zertifizierte MBSR-Lehrerin sowie Achtsamkeits- und Meditationstrainerin. „MBSR steht für 'Mindfulness-Based Stress Reduction' und bedeutet achtsamkeitsbasierte Stressreduktion. In einem MBSR-Kurs legt man acht Wochen lang durch tägliches Üben von Achtsamkeit besonderen Wert auf das Beobachten von Gedanken, Gefühlen, Emotionen, Körperempfindungen und Handlungen im Alltag. Durch die Kombination aus Kurzvorträgen über achtsame Kommunikation, Stress, Selbstfürsorge und das Praktizieren der Übungen zur Körperwahrnehmung werden eigene Gedanken-, Stress- und Verhaltensmuster erkannt und Bewältigungsstrategien für den Alltag erlernt“, informiert Heiland.

Tägliches Üben im Alltag

Eine wichtige Grundlage um Achtsamkeit zu erfahren, ist das tägliche Üben und Umsetzen im Alltag. Unterstützend bietet Heiland im MBSR-Kurs ein Kurshandbuch und Audios (mp3) mit Anleitungen für zuhause an. „Durch tägliches Praktizieren von 45 Minuten kann es dem Kursteilnehmer gelingen, gelassener und konstruktiver mit beruflichem oder privatem Stress und Leistungsdruck umzugehen - Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen klarer wahrzunehmen, ohne sich in Bewertungen und Sorgen zu verlieren“, so die St. Georgnerin.

Für wen MBSR geeignet ist

MBSR richtet sich an Menschen, die Stresssymptome wie Schlaflosigkeit, Ruhelosigkeit, körperliche Verspannungen oder Erschöpfung verspüren, sich gestresst und getrieben fühlen, einen neuen Umgang mit Schmerzen finden möchten, gelassener und konstruktiver mit herausfordernden Situationen umgehen möchten oder präventiv eine regelmäßige Meditationspraxis kennenlernen möchten.

Heiland: „Dieser Kurs ist eine sinnvolle Ergänzung zur medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung, ersetzt diese jedoch nicht.“

Vor über 40 Jahren entwickelt

MBSR wurde vor über 40 Jahren von Jon Kabat-Zinn, Professor am Universitätsklinikum von Massachusetts (USA), ins Leben gerufen. „Aufgrund von zahlreichen Studien über die Wirksamkeit und den Nutzen von MBSR werden achtsamkeitsbasierte Ansätze in Kliniken (neurologischen und psychotherapeutischen Stationen) sowie in pädagogischen und sozialen Institutionen bereits angewandt. Ursprünglich wurde dieses Programm für chronische Schmerzpatienten entwickelt. Da ich vor einigen Jahren auf verschiedenen neurologischen Abteilungen mit Schwerpunkt Schmerz gearbeitet habe, weckte der Ansatz von MBSR, ‚Dem Schmerz neu begegnen‘, bei mir großes Interesse und ich entschloss, mit dieser Thematik näher zu beschäftigen. Derzeit arbeite ich auf einer psychotherapeutischen Abteilung, in der Achtsamkeitstraining bereits etabliert ist“, so Heiland.

Achtsamkeit in der Kunst

Die Mostviertlerin ist in ihrer Freizeit auch künstlerisch tätig – auch hier ist ihr das Thema „Achtsamkeit“ ein großes Anliegen: „Eine Haltung, die ich immer wieder einnehme, sobald ich in meiner kleinen Werkstatt bin ist, ‚Dem Entstehen vertrauen‘. Auch wenn ich ähnliche Farben und Malmedien verwende, so ist die Beschaffenheit der Materialien und das Fließverhalten der Farben immer wieder neu. Geduld übe ich während der langen Trocknungsphasen meiner Bilder. Neue Materialien und Farben wecken den Anfängergeist in mir. So kann es vorkommen, dass ich über einen längeren Zeitraum präsent sein kann mit dem was ich tue. Hier werden meine Sinne geschärft, ich nehme die Haptik und Gerüche der Materialien bewusst wahr und lasse meine alltäglichen Gedanken in den Hintergrund treten – die Kunst der Achtsamkeit!“

Mehr erfahren auf www.claudia-heiland.com


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