Leserbrief Lena Köstler: "Zurück zur Normalität? Nein, Danke!"
AMSTETTEN. Die 14-jährige Lena Köstler aus Amstetten ist Klimaaktivistin. In ihrem Leserbrief spricht sie über eine mögliche Bewältigung der Klimakrise und richtet einen Appell an die Bundesregierung.
Lena Köstler: „Zurück zur Normalität? Nein, Danke!“
„In der Coronakrise hat sich gezeigt: wenn wir auf die Wissenschaft hören und das tun, was die Krise erfordert, dann können wir sie mit möglichst wenig Schaden meistern. Genau das gilt auch für die Klimakrise! Was wir gerade am allerwenigsten gebrauchen können, ist die alte Normalität.
“In welche Normalität wollten wir denn wirklich zurück?“
Der Lockdown hat Amstetten und ganz Österreich geprägt und verändert. Der Wunsch, endlich wieder „normal“ leben zu können, war wohl bei allen riesig. Und jetzt, wo die Geschäfte wieder offen haben, wo die Lokale wieder aufsperren und die Schulen blockweise wieder unterrichten, stellt sich mir die Frage: in welche Normalität wollten wir denn wirklich zurück?
Wollten wir nur zurück in die Normalität, in der wir anscheinend unbekümmert durch die Stadt bummeln, uns mit Freunden treffen und miteinander ins Kino gehen können?
Oder wollten wir auch zurück in die Normalität, in der die Wissenschafter ignoriert werden? Zurück zu der Normalität, in der es wichtiger ist, die Wirtschaft zu retten anstatt unzählige Menschenleben? Wenn Letzteres ebenfalls erwünscht ist, dann sind wir gerade auf dem besten Weg, Gratulation.
Bewältigung der Klimakrise
Während der Coronakrise werden laufend Experten in die Entscheidungen miteinbezogen, es werden schnell konsequente Maßnahmen gesetzt. Warum? Um zu verhindern, dass viele Menschen sterben. Genau darum geht es auch bei der Bewältigung der Klimakrise. Nur hier interessiert es immer noch niemanden, was Experten zu sagen hätten, wie sich aktuell zeigt. Jetzt gerade werden von der Bundesregierung Verhandlungen rund um hunderte Millionen an Hilfsgeldern für die Rettung großer Unternehmen geführt. Vergabekriterien in Hinsicht auf die Klimakrise sucht man vergebens, ebenso wie Transparenz und Mitbestimmungsrecht für die Bevölkerung.
„Wissenschaft liefert alarmierendste Fakten“
Und wen man noch vergeblich sucht? Wissenschafter, die am Verhandlungstisch sitzen und mitreden können. Denn die Wissenschaft liefert alarmierendste Fakten: wenn diese hunderte Millionen oder sogar Milliarden an Euro an Unternehmen ausgezahlt werden, die nichts zur Bewältigung der Klimakrise beitragen, oder sogar hauptverantwortlich für die Treibhausgasemissionen in Österreich sind, dann werden wir das berühmte 1,5 Grad-Ziel nicht einhalten können.
„Nicht in fossile Vergangenheit investieren“
Denn um dieses 1,5 Grad-Ziel einzuhalten, muss Geld in die Hand genommen werden. Dieses Geld werden wir aber später nicht noch zusätzlich übrig haben. Österreich könnte jetzt schlau sein und die Hilfsgelder an jene Unternehmen und Branchen auszahlen, die auch in Zukunft noch von Nutzen sind, anstatt in die fossile Vergangenheit zu investieren und absolut rücksichtslos sowie ohne jedes Verantwortungsbewusstsein dafür zu sorgen, dass wir nie wieder aus dieser Klimakatastrophe herauskommen werden.
Wer würde so dumm sein, ein Haus, das man sowieso umbauen wollte, nach einem Erdbeben genau gleich aufzubauen wie vorher und zu sagen: „um den Umbau kümmere ich mich später“? Genau. Unsere Bundesregierung.
Jugend erkennt „einmalige und historische Chance“
Verzweifelte Jugendliche, die die einmalige und historische Chance erkannt haben, harren seit über zwei Wochen vor dem Bundeskanzleramt aus, um den Umstieg in eine ökosoziale Zukunft zu fordern. Tag und Nacht. Es sind dieselben Jugendlichen, denen ständig gesagt wird, es würde alles gut gehen, und die Politik habe alles bestens im Griff. Die Wissenschaft steht hinter den Jugendlichen und arbeitet gemeinsam mit ihnen und über 90 Organisationen, darunter Amnesty, die Katholische Jugend und Global 2000 den Klima-Corona-Deal aus. Tausende Stunden an unbezahlter Arbeit werden nur dafür verwendet, die Politik auf das aufmerksam zu machen, was sie schon längst versprochen hat: das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten.
„Fordere, dass Wirtschaft ökologisch und sozial reformiert wird“
Abschließend will ich sagen: Ich möchte ganz sicher nicht zurück in die alte Normalität. Ich fordere, dass die Wirtschaft ökologisch und sozial reformiert wird und zwar jetzt sofort. Es ist unsere allerletzte Chance, eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten zu sichern.
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