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„Willkommen Mensch“ kritisiert: Ukraine-Geflüchtete mit Rückzahlungen konfrontiert

Michaela Aichinger, 02.09.2025 07:03

AMSTETTEN. Auf Anordnung der Niederösterreichischen Landesregierung hat die Bezirkshauptmannschaft Amstetten ukrainische Flüchtlinge aufgefordert, Teile ihrer bereits erhaltenen Grundversorgung zurückzuzahlen. Die Initiative „Willkommen Mensch“ rund um Christian Köstler kritisiert dies scharf.

Unterstützen Ukraine-Geflüchtete in Amstetten (v. l.): Ulrike Gangl, Christian Köstler und Inge Kühtreiber von „Willkommen Mensch“ (Foto: Willkommen Mensch)

„Für Menschen, die auf Grund des Angriffskrieges von Russland ihre Heimat verlassen mussten und hier in Österreich Sicherheit und Schutz gesucht haben, hat sich ihre bisherige schon schwierige Situation durch die plötzlich geforderte Rückzahlung ihrer Grundversorgung nochmals ganz dramatisch verändert“, berichtet Christian Köstler von der Initiative „Willkommen Mensch“ und verweist auf die Lage von Elena, einer der betroffenen Frauen. Seit sie 2022 nach Österreich gekommen ist, erhält sie vom Land monatlich 260 Euro für sich und je 145 Euro für ihre beiden Kinder. Dazu gibt es noch den Wohnzuschuss mit monatlich 330 Euro für eine Familie.

„Mit diesen insgesamt 880 Euro und der Familienbeihilfe musste Elena ihren gesamten Lebensunterhalt wie Miete, Gas, Strom und Lebensmittel finanzieren, was schon bisher sehr schwer war. Da ihre Kinder noch im Kindergarten beziehungsweise in der Volksschule sind, ist es für sie derzeit auch nicht einfach, eine Arbeit zu finden.“

Über 6.000 Euro Rückzahlung

Anfang August bekam Elena einen Brief der Landesbehörde mit der Rückzahlungsforderung von über 6.000 Euro. Als Begründung wurde angegeben, dass Förderungen und Zuschüsse, die von den auszahlenden Stellen dezidiert auch den Vertriebenen aus der Ukraine zustehen – wie Heizkostenzuschuss, Schulstarthilfe, Klimabonus oder Energiekostenrabatt – nun als Überbezug zur Grundversorgung gesehen werden und sich damit die Grundversorgung reduziert.

Köstler: „Im Fall von Elena werden von den 880 Euro jetzt monatlich 300 Euro abgezogen und damit ist das Leben eigentlich nicht mehr finanzierbar. Viele Familien sind jetzt teilweise mit Rückzahlungen von mehreren tausend Euro konfrontiert. Seit 2022 wurden diese zu Recht bezogenen Förderungen und Zuschüsse nie als Überbezug gewertet, sondern den Vertriebenen, so wie allen anderen bezugsberechtigten Familien, zugestanden.“

Appell an Landespolitik

Auch Ukrainerinnen, die mittlerweile Arbeit gefunden haben und zu Beginn ihres Aufenthaltes in der Grundversorgung waren, müssen laut Köstler diese „angeblichen Überbezüge“ jetzt zurückzahlen.

„Menschen, die vor Krieg und Zerstörung geflüchtet sind, mussten schon bisher im Rahmen der Grundversorgung täglich jeden Euro umdrehen um hier zu leben. Mit diesen dramatischen Rückforderungen wird das beinahe unmöglich. Wir appellieren daher ganz dringend an die Landespolitik, diesen Schritt der Neubewertung der sogenannten Überbezüge zu überdenken und die Familien nicht in noch prekärere Situationen zu bringen“, so Köstler.

Juristen prüfen Fälle

„Willkommen Mensch“ habe bereits Briefe an die Politik verschickt. Die ersten Fälle seien im Bezirk Amstetten aufgeschlagen. Derzeit sammeln laut Köstler aber Juristen der Caritas Wien und der Diakonie alle Rückforderungen und überprüfen, ob diese rückwirkend möglich sind.

„Drei Jahre lang gab es keine Rückforderungen. Seit Jänner 2025 stand plötzlich im NÖ Landesgesetz Grundversorgung, dass Geldbezüge angerechnet werden. Bis August ist nichts passiert. Jetzt gab es offenbar eine Anweisung. Ein Großteil der Geflüchteten hat finanzielle Sorgen. Das Wenige jetzt auch noch zu kürzen, ist mehr als zynisch“, kritisiert Köstler.

Kritik auch von den Grünen NÖ

In dieselbe Kerbe schlägt der Grüne Landtagsabgeordnete Dominic Hörlezeder: „Es ist unerträglich, wie mit Menschen in der Grundversorgung umgegangen wird. Anstatt Verantwortung für eigenes Behördenversagen zu übernehmen, zwingt die Niederösterreichische Landesregierung nun schutzsuchende Menschen, teils existenzbedrohende Summen zurückzuzahlen.“

Der Amstettner spricht von „Behördenversagen“ und davon, dass die Anträge durch die Bezirkshauptmannschaft „nicht ausreichend geprüft worden seien“. Hörlezeder fordert daher „umgehend die Aussetzung aller Rückforderungen, solange die Verantwortung der Landesbehörden nicht geklärt ist, sowie eine lückenlose Aufklärung, wie es zu den falschen Auszahlungen kommen konnte und warum es offenbar keine ordentliche Prüfung der Anträge gegeben hat“.

FPÖ: Keine Zahlungen „über das notwendige Maß hinaus“

Der zuständige Landesrat Martin Antauer (FPÖ) meint auf Tips-Anfrage: „Selbstverständlich müssen finanzielle Einkünfte, die über die gesetzlich festgelegte Grundversorgung hinausgehen, zurückbezahlt werden. Dem Steuerzahler ist es nicht zuzumuten, dass Zuwendungen über das notwendige Maß hinaus an Asylwerber oder andere Fremde ausbezahlt werden. Die Grundversorgung ist dazu da, das Notwendigste zu leisten – und nichts darüber hinaus.“

Es werde nun geprüft, welche Beträge tatsächlich „über das unbedingt notwendige Maß hinaus“ gewährt worden seien und auf welche Weise die Rückzahlung erfolgen solle. Dafür sei eine rechtliche Prüfung im Gange, die sicherstelle, dass „korrekt und einheitlich“ vorgegangen werde.

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten verwies auf Tips-Anfrage auf die zuständige Abteilung Staatsbürgerschaft und Wahlen des Amtes der NÖ Landesregierung. Bis Redaktionsschluss gab es von dieser Seite keine Stellungnahme zum Thema.


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