Kollmitzberger Ernährungsexpertin: „Übergewicht entsteht halt nicht zwischen Weihnachten und Neujahr“
KOLLMITZBERG. Kaum ist das weihnachtliche Festessen vorüber, heißt es „Ran an den Speck!“. Kein Wunder, zählt doch die Gewichtsreduktion zu den Top-Neujahrsvorsätzen. Tips sprach mit Diätologin Manuela Brandstetter über Radikaldiäten und den Weg zu einer dauerhaften Gewichtsreduktion.
Tips: Frau Brandstetter, Abnehmen zählt zu den Top-Neujahrsvorsätzen. Was halten Sie davon?
Brandstetter: Naja, Übergewicht entsteht halt nicht zwischen Weihnachten und Neujahr, sondern während des Jahres. Und auch das Abnehmen kann man nicht schnell mal im Jänner erledigen. Das ist ein Jahresprojekt und eine Lebensumstellung. Es braucht den Entschluss, etwas anders zu machen, etwas zu verändern.
Tips: Viele Menschen probieren zahlreiche Diäten aus. Wie sinnvoll ist das Ihrer Meinung nach?
Brandstetter: Das Problem bei den verschiedenen Diäten ist, dass die Eiweißversorgung oft nicht berücksichtigt wird. Eiweiß ist lebensnotwendig für den Körper. Erhält er über die Nahrung nicht genügend davon, nimmt er sich das Eiweiß von den Muskeln, die dann abgebaut werden. Muskeln sind aber unsere Verbrennungsmotoren – ein Teufelskreis beginnt, besser bekannt als Jo-Jo-Effekt.
Tips: Ist dies vor allem bei den oft propagierten Radikaldiäten der Fall, bei denen man in kürzester Zeit viel Gewicht verliert?
Brandstetter: Ja. Ich halte nicht viel von einer Radikaldiät. Man sollte nicht in kurzer Zeit zu viel abnehmen. Erstens fällt man dabei sehr schnell wieder in den alten Trott hinein. Zweitens sind derartige Diäten meist sehr einseitig. Ich kann natürlich auch abnehmen, wenn ich mich nur von Würsteln ernähre. Das ist aber absolut nicht sinnvoll und man tut seinem Körper nichts Gutes.
Tips: Wie geht man am sinnvollsten vor, wenn man sein Gewicht dauerhaft reduzieren möchte?
Brandstetter: Eine herkömmliche Diät zum Durchstarten ist schon in Ordnung. Aber langfristig gesehen braucht es eine langsame Ernährungsumstellung, die man an 250 bis 300 Tagen im Jahr auch gut umsetzen kann. Natürlich muss und darf es auch Tage geben, an denen man sündigt. Wichtig ist jedenfalls immer, auf den Eiweißgehalt aufzupassen. Und: natürlich reicht Ernährung alleine nicht aus. Auch Bewegung ist unbedingt notwendig.
Tips: Meist ist ja die Überwindung, wirklich eine Ernährungsumstellung zu starten, sehr groß. Wie erleben sie diese Phase zu Beginn bei Ihren Patienten?
Brandstetter: Jeder Mensch weiß ganz genau, was er in Sachen Ernährung falsch macht. Sei es zu wenig Gemüse zu essen, nicht richtig zu frühstücken oder zwischendurch zu naschen. Ich rate meinen Patienten, eine Liste mit genau diesen individuellen Ernährungssünden zu schreiben und sich dann einen Punkt herauszupicken. Etwa zwei Wochen lang sollte man dann diesen einen Punkt zu ändern versuchen. Gelingt es, kommt der nächste Punkt an die Reihe. Hier plädiere ich für den „Weg der kleinen Schritte“.
Tips: Wie viele Mahlzeiten am Tag empfehlen Sie?
Brandstetter: Hilfreich sind meiner Meinung nach drei Mahlzeiten pro Tag, mit einer Nüchtern-Phase von vier Stunden dazwischen. Dann kann der Blutzuckerspiegel sinken, Hormone werden aktiviert, es kommt zu Fettabbau. Ein Tipp ist auch, das Abendessen eher früh zu sich zu nehmen, um über Nacht auf eine Nüchtern-Phase von zwölf bis 16 Stunden zu kommen. Natürlich sind die Intervalle variabel. Man sollte in sich hineinhorchen, welche Abstände am besten passen. Jeder Mensch hat seinen eigenen Rhythmus.
Tips: Das heißt, fünf Mahlzeiten pro Tag sind nicht ratsam?
Brandstetter: Ja genau. Die Snacks zwischendurch sind kontraproduktiv, da hat sich in der Ernährungswissenschaft viel getan. Bei Kindern ist das wieder ganz anders. Aber für Erwachsene reichen drei Mahlzeiten. Hier ist es dann auch wichtig, bewusst zu essen, sich Zeit zu nehmen, damit das Erlebnis Essen auch wirklich gespeichert wird. Wir planen ja Beruf und Freizeit meist sehr genau, jedoch nicht das Essen. Das passiert oft so nebenbei.
Tips: Bemerken Sie in Ihrer Praxis eigentlich zu Jahresbeginn einen Anstieg an Beratungen?
Brandstetter: Ja, Ernährungsberatung ist ein wahres Saisongeschäft (lacht). Im Advent braucht niemand eine Ernährungsberatung. Zum Jahreswechsel und im Frühling habe ich Hochsaison, das sind die stärksten Zeiten.
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