Mit Herz und großem Engagement für bessere Medizin in Ghana
WITTIBREUT/BURGKIRCHEN/TECHIMAN. Was mit einem einfachen Gespräch unter Kollegen begann, ist für Petra Pöttinger aus Wittibreut zu einer Herzensmission geworden. Seit 2015 engagiert sich die heute 60-jährige OP-Schwester ehrenamtlich in Ghana – mit dem Ziel, die medizinische Versorgung nachhaltig zu verbessern und pflegerische Standards zu etablieren. Mittlerweile ist sie fester Bestandteil eines Entwicklungsprojekts, das mit kleinen Schritten Großes bewirkt.
Die gebürtige Wittibreuterin lebt seit vielen Jahren in Burgkirchen und arbeitet in einem Krankenhaus in Mühldorf. Ihr Engagement in Ghana begann, als ein pensionierter Urologe aus ihrem Haus, Mitglied bei den German Rotary Volunteer Doctors (GRVD), sie fragte, ob sie ihn auf eine Reise begleiten wolle. „Ich hab sofort Ja gesagt – und seitdem lässt es mich nicht mehr los“, erzählt Pöttinger.
Dreimal pro Jahr im Einsatz
Ihre erste Reise als GRVD-Mitglied führte sie im November 2015 ins Holy Family Hospital in Techiman, Zentralghana. Die Eindrücke waren prägend: überfüllte Notaufnahmen, kaum Struktur, mangelnde Hygiene und medizinisches Personal, das ohne klare Standards arbeitete. „Mit der Medizin ist man in Ghana rund 30 Jahre zurück.“ Vor Ort hatten sie zwar das neueste Equipment zur Verfügung, wussten jedoch nicht damit umzugehen. Rasch war für Pöttinger klar: Sie möchte nicht nur mithelfen, sondern auch nachhaltige Verbesserungen bewirken. Warum? „Ich möchte Afrika besser machen, damit die Afrikaner in ihrem Land bleiben können und nicht zu uns kommen müssen. Unsere Leben sind nicht vereinbar, deswegen muss der medizinische Standard vor Ort verbessert werden.“
In den Folgejahren reiste sie biszu dreimal jährlich für jeweilsdrei Wochen nach Ghana – oft im unbezahlten Urlaub. Flüge und Taschengeld werden dabei von GRVD übernommen. „Ich habe Schulungen gemacht, Powerpoints vorbereitet, Standards eingeführt – vom Umgang mit Sterilgut bis zur OP-Hygiene“, so die 60-Jährige. Mit viel Geduld, praktischer Schulung und vor allem persönlichem Einsatz gewann sie das Vertrauen des Teams vor Ort.
Modernisierung auf vielen Ebenen
Dank der Unterstützung durch die GRVD und Spenden wurden in den letzten zehn Jahren große Fortschritte erzielt. Neue Gebäude entstanden: ein Trakt für Geburtshilfe mit Frühchenintensivstation, eine moderne Notaufnahme, eine Kinderintensivstation, eine Augenklinik. Sogar ein CT (Computertomographie) wurde angeschafft – in Ghana eine echte Seltenheit. „Ein CT kostet rund 400 Ghana Cedis, das sind etwa 23 Euro. Wenn man bedenkt, dass viele Menschen dort nur 1.500 Cedis im Monat verdienen, ist das eine enorme Hürde“, erklärt sie. Ein Traum für die Zukunft wäre ein MRT (Magnetresonanztomographie) – davon gibt es im ganzen Land mit rund 35 Millionen Einwohnern derzeit nur drei Stück.
Aktuell liegt der Fokus auf dem Aufbau der Unfallchirurgie. Gemeinsam mit zwei engagierten ghanaischen Orthopäden werden Frakturen operativ versorgt – eine wichtige Maßnahme angesichts der vielen schweren Verkehrsunfälle im Land. Um das Team weiterzubilden, kommen auch regelmäßig Ärzte und Helfer zu Pöttinger nach Österreich und hospitieren bei ihr im Spital.
Bildung als Schlüssel
Ein weiterer Meilenstein ist das neue Trainingszentrum vor Ort, das von GRVD finanziert und von Intensivschwester Christine Kern aufgebaut wurde. Mit realistischen Übungspuppen und moderner Technik können Pflegekräfte und Ärzte dort Reanimations- und OP-Techniken erlernen – ganz nach europäischem Standard. „Es braucht nicht nur Geräte, sondern auch das Wissen, damit richtig umzugehen“, sagt Pöttinger. Besonders stolz ist sie auf ihr OP-Team, das mittlerweile viele Prozesse eigenständig umsetzt.
Blick in die Zukunft
Trotz aller Fortschritte gibt es noch viel zu tun: Der Ausbau der Sterilisation, die Etablierung derLaparoskopie, eine bessere Ausstattung in der Urologie – all das steht auf der Liste. Auch die palliative Versorgung wurde ausgebaut, inspiriert durch den kürzlich verstorbenen GRVD-Koordinator Henner Kraus. Pöttinger fliegt im Jänner 2026 wieder für sechs Wochen nach Ghana. Bis dahin freut sie sich über Spenden, plant Schulungen und pflegt den Kontakt zu ihren Kollegen vor Ort. „Veränderung passiert langsam – aber sie passiert“, sagt sie überzeugt.
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