Krisensicherer Beruf in der Pflege: neue Chancen für Quereinsteiger
BEZIRK BRAUNAU. Der Arbeitsmarkt befindet sich im Wandel. Durch die wirtschaftlichen Unsicherheiten, insbesondere durch Insolvenzen und globale Herausforderungen, steigt die Arbeitslosenquote weiter an. Viele Branchen stehen unter Druck, während gleichzeitig in systemrelevanten Bereichen wie der Pflege weiterhin ein enormer Bedarf an Fachkräften besteht. Die Pflegebranche bietet eine sinnstiftende Tätigkeit und langfristige Arbeitsplatzsicherheit – ein entscheidender Faktor in unsicheren Zeiten.
Im Jahr 2023 verzeichnete der Bezirk noch eine Rekordbeschäftigung. Ende Jänner 2025 waren nicht zuletzt als Folge der KTM-Insolvenz über 4.100 Personen arbeitslos gemeldet. Damit gab es im Bezirk den höchsten Anstieg der Arbeitslosenquote (+31,3 Prozent) im Vergleich zum Vorjahresmonat in ganz Österreich. Stefan Seilinger, stv. Leiter des Arbeitsmarktservice (AMS) Braunau, prognostiziert eine weitere Steigerung in den kommenden Wochen. Das befürchtet auch Klaus Berer, Leiter der Wirtschaftskammer Braunau: „Aktuell sind die Folgen der KTM-Insolvenz noch nicht ganz klar. Zum einen, wie es mit KTM nun wirklich im Bezirk weitergeht, und zum anderen, was am Ende die Folgen für die Zulieferer und deren Lieferanten sein werden. Das heißt, die Arbeitslosenquote wird noch steigen, möglicherweise kommen noch weitere Betriebe in Schwierigkeiten.“
Blick auf den Bezirk
Dazu kommt, dass überproportional viele Braunauer Betriebe auf Exportmärkten tätig seien und dort aufgrund hoher Lohn- und Energiekosten zunehmend in einen Wettbewerbsnachteil kommen würden. Asien, allen voran China, habe technologisch längst aufgeholt und sei in vielen Zukunftsbranchen auf der Überholspur. „Auf der anderen Seite gehen die USA gerade eigene Wege, deren Ziel man noch nicht kennt. Das alles bringt enorme Herausforderungen für Europa, damit auch für Österreich und letzten Endes für unsere Region und unsere Betriebe mit sich“, erklärt Berer. Es gilt, Kosten anzupassen, Bürokratie und andere Hürden abzubauen und innovativer als andere zu sein.
„Für uns als Gesellschaft heißt das, wieder vermehrt aus der Komfortzone herauszukommen, wieder mehr Vollzeit zu arbeiten, sich weiterzubilden und zu entwickeln. Wir sind in unmittelbarem Wettbewerb mit Menschen in Schwellenländern, die viel Energie in das eigene Vorwärtskommen investieren und die Mittel, die sie in Händen haben, sind mindestens ebenbürtig mit unseren. Konkret heißt das in unserer Region und Situation, nicht die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten, sondern Eigenverantwortung und Eigeninitiative zu zeigen.“
Eigeninitiative besonders wichtig
Gerade jetzt ist es daher wichtig, neue berufliche Perspektiven in den Fokus zu rücken. Nicht nur den Arbeitgeber, sondern auch die Branche und den Beruf zu wechseln, kann ein erfüllendes Abenteuer sein. Die demografische Entwicklung zeigt klar: Der Bedarf an gut ausgebildetem Pflegepersonal wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Daher setzen das AMS Braunau, der Sozialhilfeverband (SHV) und regionale Ausbildungsstätten verstärkt auf Ausbildungsprogramme, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und interessierten Quereinsteigern den Einstieg in die Pflege zu erleichtern. Denn „Pflegekräfte werden dringend gebraucht, nicht nur in Krisenzeiten“, betont Seilinger.
Beispiel aus der Praxis
Der Pflegeberuf ist fordernd, aber sinnerfüllt und wertschätzend – so beschreibt Christine Weinberger ihre Tätigkeit. Vor 17 Jahren wechselte sie selbst als Quereinsteigerin aus der Gastro in die Pflege und bereut ihre Entscheidung nicht. „Wir sind hier wie eine Familie und erhalten viel Unterstützung“, sagt sie. Sie würde sich freuen, wenn Vorurteile abgelegt werden würden, und sich gerade jetzt einige für eine Umorientierung entscheiden würden. Laut SHV-Geschäftsführerin Karin Altmüller stehen derzeit 75 Pflegebetten im Bezirk leer. 35 Vollzeitkräfte in diversen Stellen könnte man sofort einstellen.
Neue Ausbildung ab Herbst
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wird ab Herbst eine neue Vollzeitausbildung zur Pflegefachassistenz (PFA) an der Fachschule in Mauerkirchen angeboten. Die Ausbildung dauert zwei Jahre und ermöglicht Absolventen, eigenverantwortlich angeordnete Pflegemaßnahmen durchzuführen. Das Mindestgehalt nach Abschluss beträgt 2.804 Euro brutto plus Zuschläge. Neben der theoretischen Ausbildung wird Wert auf praktische Einsätze gelegt, um den Einstieg in den Beruf zu erleichtern. Zusätzlich gibt es weitere Ausbildungswege: Fachsozialbetreuung für Altenarbeit (FBS-A), Pflegeassistenz (PA) oder Heimhilfe (HH). Seit Neuestem gibt es im Bezirk die Möglichkeit zur Pflegelehre, damit man auch jene, die direkt nach dem Pflichtschulabschluss in diesen Beruf einsteigen möchten, ansprechen kann. „Ich war eine von denen, die eine Lehre beginnen wollten, aber noch zu jung waren“, blickt Weinberger zurück.
Der Appell an Arbeitsuchende und Interessierte ist klar: „Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit bietet die Pflegebranche krisensichere Jobs.“ Um den Einstieg in die Pflege zu erleichtern, finden zwei Info-Events statt.
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