Bettina Ludwig: „Den Glauben an die Menschheit trotz allem nicht verlieren“
EFERDING/ FELDKIRCHEN. Bettina Ludwig veröffentlicht ein Buch. In „Unserer Zukunft auf der Spur“ erklärt die Kulturanthropologin aus Feldkirchen, welche Verhaltensmuster geändert werden können.
Tips:Was meinen Sie mit „Wir brauchen ein neues Menschenbild“?
Ludwig: Wenn wir Zukunft gestalten und formen wollen, dann müssen wir uns heute zuallererst überlegen, welche Glaubenssätze und Vorstellungen wir über den Menschen in uns tragen. Ist der Mensch „von Natur aus“ egoistisch, strebt er von Natur aus nach Macht und Besitztum, hat er ursprünglich eine Verbindung zur Natur, ist Zeit etwas, das Menschen an sich eben einfach immer zu knapp ist? Diese Themen behandle ich unter anderem in meinem Buch. Und alle diese Fragen beantworte ich mit nein.
Tips: Was verbindet das Buch mit dem Eferdinger Zukunfts.Symposium?
Ludwig: Zukunft – das Unbehagen und die Angst der Zukunft gegenüber wurden in den letzten Jahren gesellschaftlich immer präsenter. Veränderungen durch Digitalisierung, Klimawandel, Pandemie und Krieg machen vielen Menschen Angst vor der Zukunft. Was ich durch meine Vorträge, mein Buch, das Zukunfts.Symposium versuche zu zeigen, ist, dass wir den Glauben an die Menschheit trotz allem nicht verlieren müssen.
Tips:Was ist die erstaunlichste Erkenntnis, die der moderne Mensch von Ihren Forschungen zu Jägern und Sammlern lernen kann?
Ludwig: Besitztum, Vergangenheit, Zukunft und Hierarchie sind Konzepte, die es in Jäger-Sammler-Gesellschaften nicht gibt. Diese kulturelle Gleichzeitigkeit ist faszinierend und zeigt auf, wie unterschiedlich wir Menschen unser Zusammenleben organisieren können. In der Gegenwart, aber eben auch in Zukunft.
Tips:Welche Verhaltensmuster, sozialen Regeln und gesellschaftlichen Strukturen können wir ändern?
Ludwig: Mithilfe der Erkenntnisse aus der Jäger- und Sammler-Forschung möchte ich zeigen, dass wir viel mehr Möglichkeiten haben, uns zu organisieren, als wir vielleicht denken. Wenn für manche Menschen die Idee von Besitztum de facto nicht existiert und Hierarchie nicht Teil der gesellschaftlichen Organisation ist, was können wir in der Gesellschaft hier dann alles ändern und anpassen? Formen gesellschaftlicher Organisation sind vielfältiger als oft angenommen.
Tips:Welche Erkenntnisse können die Leser vom Buch erwarten?
Ludwig: Phänomene, die oft als universell oder naturgegeben angenommen werden, sind dies nicht. Wir sind nicht so, weil wir „eben so sind“, sondern wir sind so, weil Kultur uns formt. Die Leser bekommen einen völlig neuen Blickwinkel auf die Idee von Besitztum, Zeit, Gewaltbereitschaft, Naturverbundenheit. Außerdem erfahren sie, dass evolutionsbedingt jeder Mensch Wissenschaftler ist.
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