Queere Person im Gespräch: "Wir haben dasselbe Recht, glücklich zu sein"
LINZ/ENNS/PERG. Vor etwa 20 Jahren outete sich Hubert Buchberger als homosexuell. Seither engagiert sich der ehemalige Ennser bei der HOSI (Homosexuelle Initiative) für queere Menschen in Oberösterreich. Zum Abschluss des Pride Month Juni sprach er mit der Redaktion über seine persönlichen Erfahrungen als schwuler Mann und Aktivist.
Tips:Wie setzt du dich für die queere Community in OÖ ein?
Buchberger: Ich bin seit 18 Jahren bei der HOSI aktiv und Mitbegründer der Linzer Pride-Parade. Besonders am Herzen liegt mir die Arbeit mit Jugendlichen, weshalb ich die HOSI-Jugendgruppe „YOUnited“ ins Leben gerufen habe. Zudem organisiere ich das jährliche Sommer-Meeting am Attersee: Hier beschäftigen sich queere Teenager eine Woche lang mit dem Thema Coming-out und werden dabei professionell unterstützt.
Tips:Wann ist die Idee zur Pride-Parade in Linz entstanden?
Buchberger: Im Jahr 2011 veranstaltete die HOSI Linz vor dem alten Zentrum in der Fabrikstraße ein Straßenfest zu Ehren des Cristopher Street Day. Da waren damals etwa 800 Leute dabei. Irgendwann kam die Idee auf, das Fest mit einer Parade zu verbinden – die „linzpride“ war geboren. Heuer sind bereits 9.500 Menschen gemeinsam mit uns auf die Straßen gegangen, um freie Liebe zu feiern. Dadurch bewegt sich sehr viel in der Gesellschaft. Auch die Politik merkt mittlerweile: Wir sind viele und wir sind laut.
Tips:Warum ist dir das Engagement für LGBTQ+ so wichtig?
Buchberger: Als schwuler Mann bin ich Teil der Community. Mit 18 Jahren habe ich mir die Homosexualität eingestanden, meinen ersten Freund hatte ich etwa zwei Jahre später. Das Outing war damals keine kleine Sache: Ich bin in einer ländlichen Gegend aufgewachsen, über queere Liebe wurde öffentlich kaum geredet. Es gab niemanden, mit dem ich mich austauschen oder identifizieren konnte. Die „Bravo“ überzeugte mich kurzerhand davon, dass meine Gefühle für Männer eine Phase seien. Ich war in heterosexuellen Beziehungen – konnte den Frauen aber nie die Liebe geben, die sie verdient gehabt hätten. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich mich nicht mehr verstecken wollte. Ich wollte nicht mehr lügen, nichts mehr vorspielen.
Tips:Wie reagierte dein engstes Umfeld auf das Outing?
Buchberger: Zuerst habe ich mich einer Freundin anvertraut, die sofort super reagiert hat. Es war so befreiend, endlich auszusprechen, dass ich schwul bin. Der positive Zuspruch meines Freundeskreises hat mir extrem viel Kraft gegeben, weil ich natürlich Angst hatte, dass sich Leute abwenden werden. Wer die Homosexualität nicht akzeptieren wollte, den habe ich relativ schnell aus meinem Umfeld entfernt.Weitaus komplizierter war das Outing bei meiner Familie. Meine Mutter hat praktisch im Streit herausbekommen, dass ihr Sohn schwul ist. Eine nicht ganz so optimale Situation. Schnell haben sich Vorurteile über Homosexuelle in den Köpfen meiner Eltern und Großeltern eingenistet: Sie hatten Panik, ich würde in die falschen Kreise gelangen, Drogen nehmen, mich mit HIV infizieren. Ich wurde ständig traktiert, wieder „normal“ zu sein . Das war der absolute Horror. Dank therapeutischer Hilfe konnte meine Familie wieder einen Draht zu mir finden. Ängste und veraltete Denkmuster wurden mit der Zeit abgelegt. Sie unterstützen mich von Herzen.
Tips:Ist es auch heutzutage noch schwierig, sich zu outen?
Buchberger: Meine Story war vor 20 Jahren, es gab kaum Aufklärung und queere Liebe wurde totgeschwiegen. Heute ist das alles leichter: Was ich von den Jugendlichen mitbekomme, verlaufen die meisten Coming-outs gut. In gewissen Strukturen gibt es aber nach wie vor Probleme mit Diskriminierung. Das sollte nicht unterschätzt werden.
Tips:Hast du selbst Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht?
Buchberger: Ja, insbesondere als Aktivist für queere Themen habe ich Anfeindungen erlebt. Aber auch im privaten Umfeld. Ich bin in Perg aufgewachsen und habe später einige Jahre in Enns gewohnt. Viele Leute aus ländlichen Gegenden denken in alten Mustern und haben Angst vor dem Anderssein. Doch auch in der Stadt erlebt man solche Dinge: Wenn mein Freund und ich Händchen halten, wird uns mal etwas wie „Schwuchtel“ hinterhergerufen. Davon lasse ich mich aber nicht einschüchtern – und das ist auch wichtig so. Denn wenn sich queere Menschen wieder verstecken, dann wird sich alles nach hinten zurückentwickeln.
Tips:LGBTQ+ müssen immer noch um Rechte kämpfen. Wie siehst du die Entwicklung?
Buchberger: Ich finde es absolut schlimm, dass Menschen nach wie vor für ihre Lebens- und Liebensweisen diskriminiert werden. Jeder sollte seine Sexualität und Identität frei wählen können. In diese höchstpersönlichen Entscheidungen darf die Politik oder Kirche niemals eingreifen. Viel wichtiger wäre es, das Miteinander in der Gesellschaft zu fördern. Den Menschen zu zeigen, wie schön gleichberechtigte Vielfalt sein kann.
Tips:Was wünscht du dir diesbezüglich von der Gesellschaft?
Buchberger: Ein besserer Umgang miteinander wäre schön. Mehr Kommunikation. Andere Lebensweisen zu respektieren und wertzuschätzen, ohne ständiges Schubladendenken. Politiker sollten für Grundrechte einstehen, anstatt Menschen gegeneinander aufzuhussen. Ich wünsche mir zutiefst, dass wir alle gemeinsam friedlich leben können.
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