Vögel der Region - Blaumeise Tipsi präsentiert den nordischen Seidenschwanz
Vögel der Region - Blaumeise Tipsi präsentiert den nordischen Seidenschwanz
Heuer könnte er wieder bei uns vorbei schauen, der Papagei des Nordens, der Seidenschwanz. Dieser wunderschöne Vogel, der im Norden Europas in der Taiga lebt, hat im November mehr als doppelt so oft wie in anderen Jahren die südschwedische Vogelbeobachtungsstation Falsterbo südwärts durchflogen. In Deutschland, Niederlande und Großbritannien wurden zehnmal so viele Sichtungen wie in den Vorjahren gemeldet. Aufgrund von „Masseneinflugsjahren“ zählt der Seidenschwanz zu den „Invasionsvögeln“. In früheren Jahrhunderten – als der Mensch noch abergläubisch war – geheimnisste man in solche Zeichen alles mögliche hinein. Er wurde als Kriegs- oder Pestvogel bezeichnet, aber damit hat er nichts am Hut, besser gesagt am aufrichtbaren Federschopf.
Er ist gesellig, vertrauensselig und in netter Gemeinschaft gärenden Früchten nicht abgeneigt. 2006 sorgten in Wien 40 tote Seidenschwänze für Aufsehen. In der ersten Hysterie wurde die Vogelgrippe vermutet, aber Tierärzte stellten fest, dass die Seidenschwänze volltrunken gegen Glasscheiben entlang der U3 gedonnert waren. Zu viele Wein- und Ebereschenbeeren waren ihnen kollektiv zum Verhängnis geworden, obwohl Seidenschwänze gegenüber uns Menschen mehr als geeicht sind. Sie haben wie viele Vögel im Vergleich zum Körpergewicht eine auffallend große Leber. Der schwedische Ornithologe und Vogelzeichner Lars Jonsson, bekannt von Kosmos-Vogelbestimmungsbüchern wie „Die Vögel Europas“ oder „Wintervögel“, beschreibt, dass ein Seidenschwanz viermal so viel Alkohol wie ein Mensch verträgt. Sie können den Alkohol schnell abbauen, aber vor Fehleinschätzungen schützt sie die Leber auch nicht. In der Taiga gibt“s aber auch kaum Glas.
Wieso alle paar Jahre vermehrt Seidenschwänze zu uns kommen, das weiß man nicht. Ein Grund könnte sein, dass sich über Sibirien heuer ein kälterer Winter als sonst zusammen braut. Etwas paradox, dass sie zu uns fliegen, wenn es hier bitter kalt ist, aber im Norden ist“s dann noch ungemütlicher. Solche Naturbeobachtungen sind die Grundlage für die Phänologie – das ist die Lehre vom Einfluss des Klimas auf die jahreszeitliche Entwicklung der Pflanzen und Tiere. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf der Hohen Warte in Wien freut sich in Zeiten des Klimawandels über jeden interessierten Naturbeobachter. Naturbeobachtungen der anderen Art kann man vom 6. bis 8. Jänner 2017 bei der Stunde der Wintervögel melden. Zu beiden Themen siehe den Kasten unten.
Tipsi würde sich freuen, wenn es der alte Schwede namens Seidenschwanz in die vorderen Ränge schafft.
Details zur Stunde der Wintervögel: http://www.stunde-der-wintervoegel.at/index.php
Für interessierte Naturbeobachter: http://www.phenowatch.at demnächst auch als App herunter ladbar.
Text: Julia Karner und Florian Mayr
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