REGION ST. VALENTIN. Im Monat März stellt „Tipsi“ die schimpfende Rohrammer vor.
Den Ausdruck „schimpfen wie ein Rohrspatz“ kennt fast jeder. Welcher Vogel aber damit gemeint ist, das liegt im Dunkel der Geschichte. Wer an den Haus- oder Feldspatzen denkt, liegt knapp daneben. Es ist ein Vogel, dessen tschirpenden Lautäußerungen zwar an einen Spatzen erinnern, auch der rostbraun, schwarz gescheckte Rücken und das Schlichtkleid haben durchaus eine Ähnlichkeit zur Sperlingsverwandtschaft, aber es ist kein Spatz, es ist die Rohrammer, die in unserer Redensart vertreten ist und die ihr Revier mit ihrer Stimme „volles Rohr“ verteidigt. Emberiza schoeniclus heißt die Rohrammer auf Lateinisch. Schoeniclus steht dabei für die Binse. Als Binsenweisheit können wir mitnehmen, die Rohrammer muss einmal ein bekannter Vogel gewesen sein, zumindest berühmt für ihre Schimpftiraden.
Lebensräume
Heute schaut die Rohrammer aber schon ein wenig durchs Rohr, denn die Binsen sind in unserer Region schon ziemlich in die Binsen gegangen. Mit Binsen meint man Röhricht und schilfartige Gräser in Feuchtgebieten. Rohrammern brauchen diese Lebensräume, die heute schon sehr rare Landschaftselemente sind, zum Brüten. Sie tragen das Röhricht sogar im Namen. Die meisten Feuchtgebiete wurden allerdings im 19. u. 20. Jahrhundert entwässert und einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt. So gab's früher in jedem Ortsteil der Region Teiche mit Binsen und Seggen samt Rohrammerpärchen, dazu zu bestimmten Jahreszeiten auch intensives Froschgequake ... nicht auszuhalten? Diese Frühlingslärmkulisse war immer noch besser, als tagein, tagaus monotoner Straßenverkehrslärm wie ihn viele von uns anstelle dessen aufgepropft bekommen haben.
Männchen unter Beobachtung
Heuer konnten im Raaderwald über den ganzen Winter mehrere Rohrammernpärchen beobachtet werden. Nachdem der Raaderwald ein Trockengebiet ist, fragt man sich, sind das Irrgäste? Nein, im Winter halten sie sich auch auf Waldlichtungen und Brachen auf. Außerdem war im Raaderwald vor gar nicht allzu langer Zeit auf der großen Lichtung ein riesiger Teich. Das war sicher ein spannender Lebensraum, auch für die Rohrammern. Man kann heute noch, nach vielen Jahrzehnten des Verschwindens des damaligen Raaderteiches, binsen- und seggenartige Gräser sehen, wie Rohrammern sie lieben. Zum Brüten reicht's nicht, da braucht es einen richtigen Schilfgürtel. Dort könnte man die Rohrammern auf den Schilfhalmen munter wie im burgenländischen Seewinkel herum turnen sehen. Zumindest die Männchen, die zur Balzzeit im Prachtkleid mit dem tiefschwarzen Kopf und der schwarzen Kehle so richtig aus dem hellen Schilf heraus leuchten, während die Weibchen trotz ihrer markanten weißen Bart- und Überaugenstreifen im Schilf perfekt getarnt kaum auszumachen sind. Auf diese Art gibt es alle Jahre wieder Rohrammernachwuchs.
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