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Reden hilft, wenn die Seele ins Wanken gerät

Maya Lauren Matschek, 11.11.2025 19:00

ENNS. Ob nach belastenden Ereignissen oder in der dunklen Jahreszeit – viele kämpfen mit gedrückter Stimmung. Wie Achtsamkeit, Gespräche und bewusste Pausen im Alltag helfen können, Stress und negativen Gefühlen vorzubeugen, um innere Balance zu finden, erklären Katja Sieper von der Krisenhilfe OÖ und Neuromentaltrainerin Karin Voglsam aus Enns.

  1 / 2   Die Ennser Neuromentaltrainerin Karin Voglsam bietet ab Mitte November monatliche Gruppentreffen, sogenannte Kamingespräche, an. (Foto: Karin Voglsam)

Der Doppelmord in Österreichs ältester Stadt hat viele Menschen sprachlos gemacht – Nachbarn, Bekannte, Einsatzkräfte. Solche Ereignisse lösen nicht nur Trauer, sondern oft auch ein Gefühl von Ohnmacht, Angst und Verunsicherung aus. „Fühlt man sich emotional sehr belastet oder verunsichert, ist das zunächst eine ganz normale Reaktion auf ein nicht normales Ereignis“, sagt Katja Sieper, Leiterin der Krisenhilfe Oberösterreich. Entscheidend sei, nicht allein mit diesen Gedanken zu bleiben. Gespräche mit vertrauten Personen oder den Experten der Krisenhilfe können helfen, das Erlebte besser einzuordnen und nicht in Grübelschleifen zu verharren.

Gefühle bewusst wahrnehmen 

Gerade in herausfordernden Zeiten oder nach belastenden Ereignissen zeige sich, wie wichtig es sei, über Emotionen zu sprechen. Unausgesprochene Gefühle können sich im Körper festsetzen, sagt die Ennserin Karin Voglsam, die in ihrer Praxis Menschen dabei begleitet, ihre innere Balance wiederzufinden. Sie bietet seit dem Vorfall sogenannte Kamingespräche an – kleine Gesprächsrunden, in denen Platz für Austausch und Reflexion ist. „Wir haben oft den Zugang zu unseren Gefühlen verloren – egal ob Wut, Trauer oder Angst. Wichtig ist, sie wahrzunehmen und zu benennen. Erst dann kann Regulation stattfinden“, sagt Voglsam. Ihre Erfahrung zeigt: Schon das bewusste Atmen, kurze Pausen und Dankbarkeit im Alltag können helfen, Stress zu reduzieren und innere Ruhe zu finden.

Belastende Dunkelheit

Nicht nur tragische Ereignisse können die seelische Gesundheit ins Wanken bringen. Viele Menschen spüren im Herbst und Winter, dass ihre Stimmung kippt: weniger Energie, weniger Motivation, mehr Müdigkeit. „Das liegt oft am Lichtmangel, der unseren Hormonhaushalt durcheinanderbringt“, erklärt Sieper. Der Körper produziert weniger Serotonin – jenes „Glückshormon“, das für gute Stimmung sorgt. Die Folgen: Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, Heißhunger auf Süßes oder Stimmungsschwankungen. Doch auch hier gilt: Man kann vorbeugen. Die Expertin rät, Tageslicht zu nutzen, wo es nur geht – etwa in der Mittagspause spazieren zu gehen, Wege mit dem Fahrrad zu erledigen oder sich bewusst zum Wandern zu verabreden. Auch Bewegung, ausgewogene Ernährung und soziale Kontakte stärken das seelische Immunsystem. „Man darf es sich ruhig gemütlich machen, aber nicht völlig zurückziehen. Gemeinsam lachen, kuscheln, das Streicheln eines Haustiers – all das setzt Wohlfühlhormone frei.“

Prävention beginnt im Alltag

Für die Krisenhilfe OÖ ist Prävention ein zentrales Thema – nicht nur in Zeiten nach Gewaltverbrechen. Rund 30.000 Menschen suchen jährlich telefonisch oder online Unterstützung. Dabei zeigen sich laut Sieper keine klaren saisonalen Unterschiede, wohl aber eine wachsende Zahl an Personen, die über psychische Belastungen, familiäre Konflikte oder Suizidgedanken sprechen. Auch Voglsam beobachtet, dass viele Menschen erst dann Hilfe suchen, wenn sie bereits an einem Punkt der Erschöpfung stehen. „Es wäre wichtig, früher auf Signale zu achten – auf innere Unruhe, Schlafstörungen oder das Gefühl, nur noch zu funktionieren.“ Ihre Kamingespräche sollen ein sicherer Ort sein, an dem man ins Reden kommt, bevor die Seele „laut“ werden muss.

Lichtblicke im Dunkel

Auch wenn man nicht jedes Schicksal verhindern kann, gibt es Wege, mit seelischer Belastung besser umzugehen – und andere im eigenen Umfeld zu stützen. Dazu gehört, zuzuhören, präsent zu sein, Gespräche anzubieten. „Wir können nicht verhindern, dass es dunkle Momente gibt – aber wir können lernen, mit ihnen zu leben, ohne uns darin zu verlieren“, sagt Voglsam.

Kamingespräche

Tips verlost für das erste Kamingespräch mit Karin Voglsam am Mittwoch, 19. November, 17.30 bis 19 Uhr, 2x1 Sitzplatz. Das Treffen findet in einer Gruppe von zirka fünf bis sieben Personen statt. Das Angebot soll es langfristig immer monatlich zu unterschiedlichen Themen geben. Nach dem wissenschaftlichen Input bekommen Teilnehmer Werkzeuge und Methoden an die Hand, die sofort angewandt und in den Alltag integriert werden können. Thema des ersten Treffens: Emotionen und innere Balance.

Telefonische Soforthilfe bei psychischen Problemen:Telefonseelsorge: 142 Krisenhilfe OÖ: 0732 2177 Rat auf Draht: 147 (alle drei rund um die Uhr erreichbar)Ö3-Kummernummer: 116 123 (täglich von 16 bis 24 Uhr)

Kamingespräch:

Mittwoch, 19. November 2025, 17.30 bis 19 Uhr

Teilnahmekosten: 30€ pro Person

Sportplatzstraße 41, 4470 Enns

Weitere Infos: www.mentaltraining-voglsam.at


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