Zeitumstellung: In Windhaag drehen Josef und Josef per Hand an der Kirchturmuhr
WINDHAAG BEI FREISTADT. Josef Traxler und Josef Fenzl sind in Windhaag die Herren der Zeit - zumindest, was die Zeit der Kirchturmuhr angeht. Wenn in der Nacht zum 27. Oktober die Sommerzeit endet, erklimmt das Duo die Turmstufen bis zum neun Meter langen Uhrpendel und hält für eine Stunde die Zeit an.
Die meisten Kirchturmuhren werden heute per Funk im Frühling eine Stunde vor (Sommerzeit) oder im Herbst eine Stunde zurück (Winterzeit) gestellt. In der Nacht auf 27. Oktober ist es wieder so weit. Doch in Windhaag bei Freistadt wird noch per Hand an der Uhr gedreht. Josef Traxler (66) und Josef Fenzl (66) kennen sich mit dem alten, historischen Uhrwerk aus dem 19. Jahrhundert bestens aus, und sind zur Zeitumstellung stets pünktlich zu Stelle.
Pendel wird für eine Stunde angehalten
Am Abend des 26. Oktober werden die beiden Windhaager, die sich schon aus der Schulzeit kennen und seitdem befreundet sind, wieder die 33 engen und steilen Stufen bis zum Pendel erklimmen. „Dann halten wir einfach das Pendel für eine Stunde an“, erklärt Traxler.
Die Wartezeit vertreiben sich die beiden auch heuer wieder bei Kaffee oder bei einem Bier, ehe es wieder rauf auf den Turm geht. „Die eigentliche Schwierigkeit dabei ist, die Zeit nicht zu übersehen“, so Traxler und Fenzl, die vor zwei Jahren gemeinsam diese Aufgabe übernommen haben. Auch wenn es im Herbst eigentlich nur einen Mann braucht.
Zange und Zeiger
Nicht so im Frühling. Wird die Uhr eine Stunde vor gestellt, wird tatsächlich an der Uhr gedreht, oder vielmehr am Uhrwerk. Einen „Stock“ höher steht es. Mit einer Zange muss ihm zu Leibe gerückt werden – so lange, bis die Zeiger wieder richtig stehen. Und das geht eben nur zu zweit. „Einer dreht und einer steht unten, schaut auf die Uhr und meldet, wenn die Zeit wieder stimmt“, sagen die Freiwilligen.
Neun Meter langes Pendel
Die Zeitumstellungen nutzen Traxler und Fenzl immer auch gleich, um das Uhrwerk zu schmieren, zweimal jährlich. Die beiden kümmern sich aber das ganze Jahr über darum, dass die exakte Zeit angezeigt wird. Und das erfordert Aufmerksamkeit – vor allem bei großen Temperaturschwankungen muss eingegriffen werden.
„Unser Pendel ist neun Meter lang“, erklärt Pfarrassistent Peter Keplinger: „Bei Hitze dehnt es sich aus, bei Kälte zieht es sich zusammen. Dann stimmt auch die Zeit nicht mehr!“ In solchen Fällen ist Fenzl der richtige Mann. „Von meinem Küchenfenster aus sehe ich genau auf den Kirchturm – mit dem Fernglas“, schmunzelt er. Geht die Uhr falsch, greift der pensionierte Schlosser ein. Und merkt er es einmal nicht gleich, dann läutet auch schon mal das Telefon – irgendein Windhaager hat immer einen Blick auf die Turmuhr.
Findige Tüftler
Was wird sein, wenn sich die beiden einmal nicht mehr um die Uhr kümmern können oder wollen? „Dann wird sich sicher jemand anders finden“, sind sie überzeugt. Bislang gab es in der kleinen Gemeinde bei Freistadt immer findige Tüftler, die ihr Können eingesetzt haben, um die Zeit am Laufen zu halten. „So etwa zieht heute in der Windhaager Kirche ein Waschmaschinenmotor die Gegengewichte des Pendels in die Höhe“, so Keplinger.
In den meisten Gemeinden gibt es jedoch tatsächlich niemanden mehr, der die Mühe auf sich nimmt. Daher wird automatisiert. Die Kirchenuhren laufen dann über Funk, sind mit der Atomuhr in Brüssel verbunden und zeigen auch immer die exakte Uhrzeit an
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden