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Poet und Prolet: „Ich lasse mich in keine Schublade mehr stecken!“

Regina Wiesinger, 21.02.2017 20:00

FREISTADT. Nach den Trackshittaz, einem Solo-Album und viel Zeit, um zu sich selbst zu finden, ist Wendja – besser bekannt als Lukas Plöchl – mit einem ganz persönlichen Album zurück. Mit Tips hat er über seinen Namen, seine  vielen Facetten und natürlich das neue Album „Poet & Prolet“ gesprochen.

Als Wendja – Lukas Plöchls chinesicher Name – tourt der Musiker derzeit durch Deutschland, mit Zwischenstopp in Wien am 10. März. Foto: Claudia Greindl

Tips: Was hat es mit deinem neuen Namen „Wendja“ auf sich?

Lukas Plöchl: Ich heiße mit vollem Namen Lukas Wendja Plöchl. Wendja ist chinesisch und bedeutet wörtlich übersetzt „beste Sprache“. Meine Musik ist ja auch Sprache, vorallem ist sie sehr textlastig und tiefgründig. Das passt also sehr gut und somit musste ich mir keinen Künstlernamen aus den Fingern saugen.

Tips: Geändert hat sich nicht nur dein Name, sondern auch der Stil deiner Songs. Du singst außerdem jetzt auf hochdeutsch. Kannst du dich damit besser identifizieren?

Plöchl: Ich würde es nicht als hochdeutsch bezeichnen, in Berlin sagen sie, das ist „Ösi-Deutsch“. Das möchte ich auch nicht verlieren, das zeigt meine Wurzeln. Ich habe das Gefühl, wenn ich etwas deutlich sagen will, switche ich in die Hochsprache, weil ich möchte, dass die Leute das auch verstehen. Und ich denke, dafür ist Sprache da, um sich selbst auszudrücken.  

Tips: Du hast auch den Großteil deiner Tour-Auftritte in Deutschland, nur zwei in Österreich. Warum?

Plöchl: In Österreich bin ich sozusagen gebrandmarkt durch meine Vergangenheit. In Deutschland fange ich von Null an und die Zeit, die es jetzt in Österreich noch braucht,  bis sich alles entwickelt, überbrücke ich mit Auftritten in Deutschland. Ich war voriges Jahr als Special Guest mit Sierra Kid in Deutschland auf Tour und da sind meine Songs schon sehr gut angekommen.

Tips: Wie lange hast du an deinem neuen Album gearbeitet?

Plöchl: Das kann man so nicht sagen. Nach der Trackshittaz-Zeit ist eine Phase des Sackenlassens gekommen. Und da sind viele Lieder entstanden. Irgendwann waren da plötzlich 80 Songs und so ist es losgegangen, dass sich daraus etwas Cooles entwickelt hat. Das Album war dann in zwei Wochen aufgenommen, aber die ganze Phase hat mehrere Jahre gedauert.

Tips: Auf der CD befindet sich eine große Bandbreite an verschiedenen Songs und Texten. Woher kommen die alle?

Plöchl: Ein Song ist ja nur eine Momentaufnahme. Das Schöne am Album ist, dass diese Songs von sehr vielen Momenten zeugen, die über einen längeren Zeitraum passiert sind. Bei uns würde man sagen, auf dem Album sind „Kraut und Ruam“ zusammengeworfen. Aber ich wollte nach Trackshittaz keine Schiene mehr fahren, ich wollte nach außen hin nichts mehr repräsentieren, das ich jetzt in keinster Weise mehr bin.

Tips: Spiegelt die Auswahl der Songs dein Leben wieder? Du betonst ja immer wieder, dich nicht mehr in eine Schublade drängen zu lassen.

Plöchl: Während ich überlegt habe, welche Songs ich aufs Album gebe, welche Lieder zusammen passen, hab ich mich dabei ertappt, dass ich schon wieder versuche, eine Schiene zu basteln. All diese Songs sind Facetten von mir. Ich habe dann die 14 Songs genommen, die mir am besten gefallen und wurscht – das Album wird keinen roten Faden haben.

Tips: Dein Album heißt „Poet & Prolet“. Sind das zwei verschiedene Seiten von dir?

Plöchl: Definitiv! Aber die ganze Bandbreite spannt sich von Poet bis Prolet, ich bin auch alles dazwischen. 

Tips: Im Song „Zeit für Menschlichkeit“ sprichst du die aktuelle Flüchtlingsproblematik an. Hast du selbst Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht?

Plöchl: „Zeit für Menschlichkeit“ steht auch für das Flüchtlingsthema, aber nicht nur. Hinter diesem Thema steckt noch viel mehr. Nämlich dass sich die Menschen gegenseitig nicht mehr richtig zuhören können. Wir reden zwar miteinander, aber sagen nichts damit. Die Frage „Wie geht es dir?“ ist eine essentielle Frage, nur ist sie meistens von keinem ernst gemeint. Und dieses nicht mehr Zuhören kann soweit gehen, dass man nicht mehr hinhorcht und schaut, wer wirklich Hilfe braucht. Ich möchte helfen können, ohne dass ich ein Trottel bin. Aber momentan wird alles so dargestellt, dass du ein Depp bist, wenn du jemandem hilfst. Mit dem Song habe ich aber auch meine Erfahrungen verarbeitet, als ich in Wien während des Flüchtlingsstroms bei der Organisation „Train of Hope“mitgearbeitet habe.

Tips: Du schreibst auf deiner Facebookseite „Ich bin mir selbst zu schade, um mich einer Seite von mir zu berauben“. Was willst du den Leuten damit sagen?

Plöchl: Ich habe lange Zeit das Poetische ganz weglassen müssen, wenn wir wieder auf das Poet und Prolet zurückkommen. Deshalb ist es am Anfang auch nur so herausgesprudelt aus mir. Aber ich  bin mir selbst zu schade, um mich einer Seite von mir zu berauben. Weder in die eine, noch in die andere Richtung. Wie es die Leute verstehen sollen – ich weiß es nicht. Ich bin nicht leicht zu verstehen und das macht mich vielleicht wiederum verständlich. Denn welcher Mensch da draußen versteht sich schon selbst so richtig gut?

Tips: Soll diese Aussage ein Appell an die Menschen sein, alle seine Seiten zuzulassen?

Plöchl: Ja! Natürlich gibt es Grenzen, du sollst keinen umbringen oder so. Aber wir geisseln uns selbst so stark. Diese Zukunftsvision, dass man es eines Tages geschafft haben soll, gibts halt nicht. Ich habe mit dem, was mir am Anfang passiert ist, mit „Oida taunz“ und dem ganzen, auf ziemlich harte Weise gelernt, dass es dieses „Ich bin angekommen“ nicht von außen gibt. Das gibt es nur als Entscheidung von innen.

Das ganze Album ist eine Reise auf der Suche nach mir selbst. Ob ich mich dabei gefunden habe oder nicht, sei dahin gestellt. Aber für den Moment fühlt es sich ganz stimmig an.

Tips: Und wohin soll dich diese Reise noch bringen?

Plöchl: Gute Frage! Ich habe eins gelernt auf dieser Reise, und zwar: Ich werde an keinem meiner Ziele festhalten, wo es sich längst herausgestellt hat, dass es eine Fatamorgana ist. Und ich werde sicher nicht bis zum bitteren Ende gehen, um meinen Stolz zu pflegen und dann dort stehen zu können, in einer Fatamorgana. Ich glaube auch, dass ich soweit bin, dass ich mich umdrehen traue, um ein Ziel hinter mir zu erreichen.

Was mich freuen würde, ist, dass sich die Leute das Album zumindest einmal anhören und eine Chance geben. Ich weiß, dass es nicht jedermanns Sache ist, weil es keinen roten Faden gibt. Aber ich glaube, dass das Album allen, denen Trackshittaz nicht gefallen hat, gefallen wird.

NEUE CD: Wendjas CD „Poet & Prolet“ ist am 17. Februar erschienen, seine Tour startete mit einem Konzert in Traun. Ein zweiter Österreich-Gig ist in Wien (10. März) geplant, weitere Tourstopps absolviert Lukas Plöchl in Deutschland, unter anderem in München (8. März). Tips verlost zwei signierte CDs von Wendja!


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