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Frauenberatungsstelle Babsi appelliert: Null Toleranz für Gewalt gegen Frauen

Mag. Claudia Greindl, 30.01.2019 18:24

FREISTADT. Vier Morde an Frauen in Österreich innerhalb kurzer Zeit sorgen für Diskussionen, die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket geschnürt, das für mehr Frauensicherheit sorgen soll. Tips hat bei der Frauenberatungsstelle Babsi in Freistadt nachgefragt, was von Gewalt betroffene Frauen tun können und welche Maßnahmen es zum Schutz von Frauen braucht.

  1 / 2   Vielen Frauen fällt es schwer, sich aus Gewaltbeziehungen zu lösen. Foto: Lolostock/Shutterstock.com

Tips: Wie viele Beratungen zum Gewaltschutz werden bei Babsi durchgeführt?

Christine Lasinger: Wir haben im Jahr rund 150 Beratungen. bei denen aktuell erfahrene Gewalt oder auch zu einem früheren Zeitpunkt erlebte Übergriffe thematisiert werden.

Tips: Was raten Sie Frauen, die sich in einer Gewaltsituation befinden?

Lasinger: Ein Appell an betroffene Frauen: Scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen! Es darf bei Übergriffen null Toleranz geben. Man sollte auch im Bekannten- und Verwandtenkreis die Frauen dazu ermutigen, sich Hilfe zu holen. Beratungen werden kostenlos und anonym angeboten. Danach kann man gemeinsam entscheiden, welche Unterstützung nötig ist. Wir können juristische Beratung und auch psychologische Hilfestellungen anbieten. Gewalttaten, egal in welcher Form, hinterlassen auch Spuren in der Psyche. Seit 20 Jahren gibt es eine gute Zusammenarbeit mit dem Gewaltschutzzentrum OÖ. So wird zweimal pro Woche bei Babsi Beratung vor Ort, vor allem bei Wegweisungen und Betretungsverboten sowie bei Stalking, angeboten.

Tips: Warum fällt es vielen Frauen schwer, sich aus einer Gewaltbeziehung zu lösen?

Lasinger: Die Frauen haben große Ängste, oft auch Existenzängste. Sie sind teilweise finanziell abhängig und haben Angst davor, wie der Partner auf eine Trennung reagiert. Gerade in Trennungsphasen sind Frauen am gefährdetsten. Sie fragen sich, wie es weiter gehen soll, wie sie durchkommen sollen. Vor allem wenn sie Kinder haben gibt es viele Fragen. Aber sie sind nicht alleine, es gibt Unterstützung. Den ersten Schritt aber müssen sie selbst machen. Sie müssen sich Hilfe suchen und diese auch annehmen können. Oft ist auch die Scham groß. Frauen suchen dann den Fehler bei sich selbst, fragen sich, was sie falsch gemacht haben oder schämen sich, dass sie sich die Gewalttaten so lange gefallen lassen haben. Die Entscheidung zur Trennung fällt schwer, es braucht viel Kraft. Aber wenn sie den Schritt in ein selbstbestimmtes Leben geschafft haben, dann fragen sie sich, wie sie es so lange aushalten konnten.

Tips: Was soll man tun, wenn man den Verdacht hat, dass jemand aus dem Bekanntenkreis von Gewalt betroffen ist?

Lasinger: Es ist wichtig, die betreffende Person im richtigen Moment anzusprechen – wenn sie mal alleine ist. Zu fragen, ob sie Hilfe braucht, ob alles okay ist. Einfach zeigen, dass man für sie da ist, dass sie nicht alleine ist. Meist kommen betroffene Frauen mit einer Freundin oder Verwandten als Unterstützung zu uns in die Beratung. Viele Gewalttaten an Frauen kommen im sozialen Umfeld, also im Familien- oder Bekanntenkreis vor. Meist kommt die Gewalt auch nicht von heute auf morgen.

Tips: Welche Formen gibt es?

Lasinger: Oft fängt es mit psychischer, sozialer oder finanzieller Gewalt an, bevor es zu körperlicher Gewalt kommt. Beleidigungen, Eifersucht, der Kontakt zu Freundinnen und der Familie der Frau wird verhindert. Oder sie darf nicht mehr arbeiten und ist finanziell abhängig. Zu Gewalt zählt auch Stalking und sexuelle Gewalt. Meist kommen mehrere Formen von Gewalt in Kombination gemeinsam vor.

Tips: Die Bundesregierung hat ja nun ein Maßnahmenpaket zum Frauenschutz in Aussicht gestellt. Was braucht es von der Politik wirklich, um Frauen besser schützen zu können?

Lasinger: Eine neue Frauen-Helpline-Nummer einzuführen reicht nicht. Es gibt bereits eine österreichweite Frauen-Helpline gegen Gewalt (0800/222555), die rund um die Uhr mit Expertinnen besetzt ist. Es braucht mehr Plätze in Frauenhäusern, mehr Frauenübergangswohnungen. Ganz wichtig ist auch die Täterarbeit. Wenn ein Betretungsverbot ausgesprochen wird, passiert mit den Tätern meist gar nichts. Hier braucht es ein verpflichtendes Anti-Aggressions-Training. Wo sich Besitzdenken gegenüber Frauen verfestigt und Beziehungen ein Machtgefälle aufweisen, sind Frauen besonders gefährdet. Ein Zusammenwirken von gesellschaftspolitischen Aufklärungskampagnen, Opferschutz und Täterarbeit müssen optimiert werden, um nachhaltige Verbesserung für (potenziell) betroffene Frauen zu gewährleisten. Es muss für Frauen einfacher werden den ersten Schritt zu gehen. Wichtig sind auch Präventionsmaßnahmen, die könnten schon ab der Volksschule erfolgen und sind für Buben genauso wichtig, auch sie können Opfer von Gewalt werden.

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß, Staatssekretärin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) und FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl kündigten ein Maßnahmenpaket für mehr Frauensicherheit an. Die geplanten Maßnahmen: eine neue Notrufnummer, strengere Strafen für Wiederholungstäter, eine Vereinfachung des Betretungsverbotes, mehr Plätze in länderübergreifenden Frauenhäusern.


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