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Als Helfer im Flüchtlingslager auf Lesbos: Neumarkter Tobias Paar berichtet

NEUMARKT. Vier Monate lang arbeitete Tobias Paar aus Neumarkt ehrenamtlich im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos. „Ich war geschockt über die Situation vor Ort“, berichtet der studierte Informatiker.

Die Idylle trügt: Tobias Paar erlebte das Elend, die Perspektivenlosigkeit und die Verzweiflung der auf Lesbos gestrandeten Flüchtlinge hautnah mit. Fotos: Paar
photo_library Die Idylle trügt: Tobias Paar erlebte das Elend, die Perspektivenlosigkeit und die Verzweiflung der auf Lesbos gestrandeten Flüchtlinge hautnah mit. Fotos: Paar

Von März bis Juli 2019 half der 32-Jährige bei verschiedenen Hilfsorganisationen auf Lesbos mit. Täglich machen sich Flüchtlinge vor allem aus Afghanistan, aber auch Syrien, dem Iran und dem Irak sowie afrikanischen Ländern auf den gefährlichen, neun Kilometer langen Weg von der Türkei über die Ägäis bis zur griechischen Insel Lesbos.

„Meine Aufgabe im ersten Job war es, zusammen mit anderen Freiwilligen aus der ganzen Welt rund um die Uhr Ausschau nach Flüchtlingsbooten zu halten. Wenn wir sahen, dass sie den Leuchtturm ansteuerten – dieser warnt vor besonders gefährlichen Gewässern – haben wir versucht, das Boot an sicherer Stelle an den Strand zu lotsen.“

Vor Ort versorgten Helfer die Geflüchteten mit trockenem Gewand, Essen und Trinken, bevor sie ins Flüchtlingslager auf einer alten Militärbasis gebracht wurden.

Flüchtlinge sitzen jahrelang auf der Insel fest

„Wenn die Flüchtlinge auf Lesbos ankommen, haben sie keine Ahnung, was sie wirklich erwartet. Die Schlepper versprechen ihnen das Blaue vom Himmel und dann sitzen die Geflüchteten – wenn die Flucht über die Ägäis gelingt – jahrelang in dem völlig überfüllten Flüchtlingslager auf Lesbos fest“, berichtet der Neumarkter.

Dort hausen die Menschen auf sehr beengtem Raum in Containern und Zelten. Im Sommer ist es darin glühend heiß, im Winter bitterkalt. Es gibt keine Kanalisation und nur eine ganz kleine Klinik, in der Tobias Paar bei der Aufnahme der Patienten half. „Zwei Ärzte und drei Krankenschwestern versorgten in einer Acht-Stunden-Schicht bis zu 110 Patienten“, berichtet der Neumarkter. Paar arbeitete bei der „Crowd Control“: „Wir versuchten einfach, das Chaos so gering wie möglich zu halten.“

Kritik an Griechenland

„Mehrere Hilfsorganisationen kümmern sich in dem für 2500 Menschen ausgelegten Lager um die bis zu 10.000 Flüchtlinge, während sich der Staat Griechenland so weit als möglich raushält“, kritisiert Paar. Immer wieder kommt es in dem Lager zu Reibereien zwischen den Bewohnern. „Aber erst, wenn es wirklich eskaliert, wird das Militär gerufen, das wiederum gewaltsam einschreitet“, wirft Paar Griechenland vor, möglichst wenig Zeit und Geld in eine bessere Versorgung und Betreuung der Geflüchteten investieren zu wollen.

Schwer traumatisiert

„Die Geflüchteten sind sehr unglücklich, ihnen fehlt jegliche Zukunftsperspektive. Alles, was sie wollen ist, an einem sicheren Ort zu leben und für sich selbst sorgen zu können. Stattdessen warten sie bis zu zwei Jahre auf die erste Anhörung“, berichtet Paar. 

„Viele sind durch die Erlebnisse in den Kriegen schwer traumatisiert und bräuchten psychologische Hilfe, die es aber auf Lesbos für sie nicht gibt.“ Immer wieder haben Flüchtlinge, auch Kinder, im Lager Selbstmordgedanken. Oft können Angehörige das gerade noch verhindern. Tobias Paar hat von vielen traurigen, erschütternden Schicksalen erfahren. Es kommt auch immer wieder zu Todesfällen im Lager. Die meisten entstehen durch Erfrieren im Winter, und einige aufgrund von Angriffen zwischen den Bewohnern. 

Vor Gräuel in der Heimat geflüchtet

„Kein Mensch verlässt seine Heimat leichtfertig oder weil er arm ist. Diese Menschen fliehen vor dem Krieg, um überhaupt eine Chance aufs Überleben zu haben. Wenn sie die Türkei erreichen, haben sie das Schlimmste bereits hinter sich. Gerade die Flüchtlinge aus Afrika: Ich habe ehemalige Kindersoldaten kennengelernt. Menschen, die in ihrer Heimat schwer gefoltert und afrikanische Frauen, die ausnahmslos alle vergewaltigt wurden.“ 

Nicht nur auf Lesbos, auch auf vielen anderen griechischen Inseln kommen viele Flüchtlinge an. Vergangene Woche haben mehr als 5.100 Personen versucht mit Booten von der Türkei nach Griechenland zu kommen. 3.300 von ihnen wurden von der Türkischen Polizei gestoppt und wieder zurückgebracht, 1.800 sind auf den Inseln (Lesbos, Chios, Samos, Kos, Leros und weiteren kleinen Inseln) angekommen.

Vorläufige Endstation Lager

Nach vielen Gesprächen mit Geflüchteten weiß Paar: „Die Schlepper verstecken ganze Familien in leer stehenden Häusern oder in den Wäldern an der türkischen Küste, bis dann ganz plötzlich das Zeichen zum Aufbruch kommt. Da muss dann alles schnell gehen, um nicht von der Polizei erwischt zu werden. In der Hektik sind schon Kinder zurück geblieben. Die Schlepper selbst gehen nicht an Bord, sondern erklären schnell den Motor und weg sind sie. Zwei Drittel der völlig überfüllten Flüchtlingsboote werden noch in türkischen Gewässern abgefangen, nur ein Drittel schafft es bis Lesbos.“ Dort ist für die Menschen das Lager auf Jahre hinaus die Endstation.

Über seine Erlebnisse berichtet Tobias Paar am 5. September in seiner Heimatgemeinde.

Donnerstag, 5. September 2019

um 19.30 Uhr

Josef-Wald-Saal, Neumarkt

Anmeldung erbeten:

aloiswiesmayr@gmx.at oder 0650/3241959

Der Eintritt ist frei


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