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Josef Fürst (97): Dem Herrgott jeden Tag dankbar

Mag. Claudia Greindl, 15.09.2022 19:00

UNTERWEISSENBACH. „Ich danke dem Herrgott in der Früh, dass ich gut geschlafen habe und noch haxeln kann“, sagt Josef Fürst. Wenn der ehemalige Fleischhauermeister, Gastwirt und Bürgermeister am 21. September aufwacht, wird er sein 98. Lebensjahr vollendet haben.

Josef Fürst (Foto: Greindl)
Josef Fürst (Foto: Greindl)

Ein Rezept fürs Altwerden gibt es für den Senioren nicht. „Geraucht und getrunken habe ich nicht, aber sonst habe ich mir nichts abgehen lassen“, sagt der Unterweißenbacher in völliger geistiger Frische. Das eine oder andere körperliche Gebrechen lässt es den 97-Jährigen ruhig angehen. Mit der Gehhilfe schafft er jedoch immer noch sein Tagespensum: Vom Hotel Fürst, das sein Enkel Wolfgang heute führt, marschiert er täglich aus.

1.000 Schritte am Tag

„1.000 Schritte am Tag habe ich mir vorgenommen.“ Begonnen hat sein Leben im Jahr 1924 in eben diesem Markthaus. Seinen Eltern Josef und Anna wurden insgesamt drei Buben geboren. „Nach fünf Klassen Volksschule habe ich ab 1936 drei Klassen Hauptschule in Linz besucht und im Schülerheim Salesianum gewohnt“, erzählt Josef Fürst. Nur dreimal im Jahr sei er nach Hause gekommen. Danach begann er die Fleischhauer-Lehre im Betrieb seines Vaters.

Am Nikolaustag 1942 eingerückt

„Am Nikolaustag 1942 bin ich dann eingerückt.“ Wenige Tage vor Kriegsende 1945 wurde er östlich von Prag gefangen genommen. „Bevor wir nach Russland verladen worden sind, habe ich jemandem einen Zettel zugesteckt für meine Familie.“ Die Information, dass Josef lebt, kam tatsächlich bei seinen Eltern an. In den zweieinhalb Jahren seiner Gefangenschaft, in der er in einer Kohlegrube arbeiten musste, wusste man daheim nichts von ihm. „Wir haben keinen Hunger gelitten, die Russen brauchten die Kohle, das war lebensrettend.“ Zurück nach Österreich kam er an seinem 21. Geburtstag. Es folgten Jahre als Fleischergeselle, der Meisterbrief und 1951 die Heirat mit Hermine.

Den Betrieb 1955 übernommen

1955 übernahm das Paar den Betrieb. „Meine Frau war Wirtin und Köchin mit Leib und Seele, ich war für die Fleischhauerei und den Viehhandel zuständig.“ Mit Josef, Wolfgang und Klaus stellten sich drei Kinder ein. Die Fremdenzimmer, die Fürsts Vater 1936 schon eingerichtet hatte, wurden ausgebaut. Hermine war immer auch der „Baumeister“ der Familie. „Sie hat eine besondere Gabe dafür und eine gute Vorstellungskraft gehabt. Es gibt im Haus keinen Raum, den wir nicht umgebaut haben.“ Die Zahl der Betten wuchs von fünf auf 50, gerne belegt von Gästen aus Wien und Linz. Auch Seminargäste fühlten sich viele Jahre lang wohl im Haus. An eine Seminarreihe denkt Josef Fürst besonders gerne zurück an die Russisch-Seminare, die in Unterweißenbach jahrzehntelang stattfanden, nachdem Fürst zufällig in Kontakt mit Dr. Georg Dox geraten war. „Einmal hatten wir sogar Teilnehmer aus zehn Nationen da.“

Bürgermeister von 1966 bis 1987

Ach ja, und Bürgermeister war Fürst auch noch, und zwar gleich von 1966 bis 1987. „Es war nicht immer einfach, aber ich bin ganz gut durchgekommen“, schmunzelt der 97-Jährige. Trotz seines vielfältigen Engagements in Beruf, Politik und Vereinen (80 Jahre bei der Feuerwehr!) blieb noch Zeit für Familie und Urlaub. „Ich bin gerne gereist, mit und ohne Familie, etwa nach Südafrika und China.“ Hermine ist ihm 2010 vorausgegangen. Seinen Tag verbringt er mit Zeitunglesen, Rätsel lösen – „und ich rechne gerne die Kasse ab und helfe beim Grillspieße aufspießen.“ Ob Josef Fürst noch gerne auf der Welt ist? „Ich bin dem Herrgott dankbar und nehme es so, wie es kommt.“


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