Vielfalt am Hof in Sandl: Nolana-Schafe sagen Nein zur Wolle
SANDL. Gut 40 Schafe der in Österreich überaus seltenen Rasse Nolana führen am Biobauernhof der Familie Stifter in Pürstling ein feines Leben. Das Besondere: Nolanas haben kein Wollvlies und müssen daher nicht geschoren werden. Vermarktet wird das Fleisch der Lämmer.
Wenn Robert Stifter abends mit einem weißen Eimer auf die Weide kommt, dann wissen seine Schafe: Es ist Zeit zum Heimgehen. Jeden Abend holt der Nebenerwerbslandwirt, im Hauptberuf Polizist, die Mutterschafe und Bock Pepi in den Stall. Der Wolf soll nachts keinen reichlich gedeckten Tisch vorfinden. „Das größte Schaf – also ich – geht vor, und alle anderen kommen mir hinterher“, scherzt Robert Stifter, der die 17,5 Hektar große und auf 910 Metern Seehöhe gelegene Landwirtschaft der Schwiegereltern mit seiner Frau Gerda 1995 übernommen hat.
Wirtschaftliche Fleischrasse ohne Wollkleid
Vor einigen Jahren suchte das Ehepaar nach einer weniger zeitintensiven Alternative zu den Milchkühen und kam durch Zufall auf das Nolana-Schaf. Diese Schafrasse entstand ab 1995 unter der Leitung der Fachhochschule Osnabrück, die verschiedene Haarschafrassen in Wollschafherden einkreuzte und die Tiere immer weiter selektierte. Ziel war es, eine wirtschaftliche, schwere Fleischrasse ohne Wollkleid zu züchten. Denn die Schurkosten übersteigen den Erlös für die Schafwolle bei Weitem, die Wollproduktion lohnt sich daher für kleine Betriebe nicht. Die Nolanas sind robust, hornlos und außerdem „eine sehr leise Rasse“, sagt Robert Stifter und meint damit, dass sie kaum blöken.
Schafe brauchen keine Schur
2018 zogen die ersten zehn jungen Nolanas am Bauernhof in Pürstling ein. Heute, fünf Jahre später, tummeln sich bei Familie Stifter 38 schwarze, weiße, braune und gescheckte Nolana-Mutterschafe, außerdem ein Bock. „Wir haben viele Fortbildungen rund ums Schaf besucht, tauschen uns außerdem regelmäßig mit Nolana-Züchtern in Deutschland und in der Schweiz aus, und der Rest ist Lernen durch Tun“, sagt Robert Stifter.
Luxus-Vogelnester
Die wolllosen Nolana-Schafe wechseln ihr Kurzhaarkleid im Frühling und Herbst und brauchen keine Schur. „In Pürstling haben wir lauter mit Schafhaaren ausgekleidete Luxus-Vogelnester“, schmunzelt der 52-Jährige, der gerne Jungbäume in seinem Wald mit Schafhaaren „dekoriert“ – als Verbissschutz, Rehe mögen den Geruch nicht.
Heuer 52 Lämmer geboren
Während der Ablammzeit – 52 Lämmer wurden heuer geboren – gibt es für die Stifters besonders viel zu tun. Nicht jede Geburt verläuft problemlos, und gerade bei Mehrlingen muss öfter mal ein Lamperl mit der Flasche aufgezogen werden. Die weibliche Nachzucht verbleibt am Hof oder wird an andere befreundete Züchter verkauft. Die kleinen Böcke, die zwölf Wochen lang bei ihren Müttern bleiben dürfen, werden im Alter von etwa fünf Monaten – „bevor sie zu ,schafeln‘ beginnen“, sagt Gerda Stifter – geschlachtet und küchenfertig zerlegt direktvermarktet.
Charakterschafe
„Wenn Schlachttag ist, habe ich meist keinen so guten Tag. Man baut ja doch eine Beziehung zu den Tieren auf und wir kennen jedes beim Namen“, sagt Robert Stifter. „Es ist interessant, jedes Schaf hat seinen ganz eigenen Charakter. Es gibt neugierige und schüchterne, dumme, g’scheide und freche.“ Derzeit wird der alte Kuhstall zu einem Schafstall umgebaut. „Langfristig wollen wir bis zu 60 Mutterschafe halten“, sagen die ersten Nolana-Züchter im Bezirk Freistadt.
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