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Lebensmittel: „Mindestens haltbar bis...“ ist nicht das empfohlene Wegwerfdatum

Mag. Claudia Greindl, 06.02.2022 20:22

BEZIRK FREISTADT/OÖ. Ein Greenpeace-Video sorgt für besonderes Aufsehen: Zu sehen ist ein Müllberg mit Unmengen an von einem Supermarkt entsorgtem Fleisch. „Schockierend“, so etwa Landesbäuerin-Stellvertreterin Johanna Miesenberger aus Pregarten. Aber: Lebensmittelverschwender Nummer eins ist eindeutig der Konsument selbst.

Nicht nur Fleisch, sondern auch Massen an Brot werden weggeworfen, wie hier auf einer Kompostieranlage in Engerwitzdorf im Bezirk Urfahr-Umgebung. (Foto: Greindl)

Das Fleisch hat ganz knapp das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten. Die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen machen es nicht möglich, dass man die Lebensmittel dennoch verkauft. So landete das Fleisch auf dem Müll, obwohl es noch genießbar wäre. „Aus den Fugen geraten“ Die Aufregung angesichts des Videos ist groß. Landwirtschaftskammer OÖ-Präsident Franz Waldenberger zu Tips: „Das ist ein Schlag ins Gesicht. Es tut jedem Bauern im Herzen weh, wenn er hochwertige Produkte herstellt und sie dann weggeschmissen werden – ein Zeichen eines aus den Fugen geratenen Ernährungssystems.“

Bauern traurig und wütend

Auch die stellvertretende Landesbäuerin Bundesrätin Johanna Miesenberger aus Pregarten findet deutliche Worte: „Schockierende Bilder, wie Lebensmittel vernichtet werden, tun mir persönlich sehr weh. Zu sehen, wie Produkte bäuerlichen Ursprungs vernichtet werden, macht viele Bäuerinnen und Bauern traurig und zu Recht wütend.“ Wichtig sei aber, dass diese Bilder die Gesellschaft wachrütteln und sie den Konsum, den Umgang mit dem Essen und unser Versorgungssystem überdenkt und ändert. „Alle Stakeholder entlang der Versorgungskette sind mitverantwortlich und gefordert, in ihrem Verantwortungsbereich etwas zu ändern“, so Miesenberger weiter. Präsident Waldenberger ist sich sicher, dass die Ansprüche des Konsumenten heruntergeschraubt werden müssen. Kurz vor Ladenschluss noch volle Regale heiße, dass am nächsten Tag Produkte weggeschmissen werden.

Vermeidbarer Lebensmittelabfall im privaten Haushalt

Auch wenn aktuell über die Verschwendung von Lebensmitteln in Supermärkten gesprochen wird: Rund 60 Prozent des vermeidbaren Lebensmittel-Abfalls in Österreich fallen im privaten Haushalt an, rund 20 Prozent im „Außer-Haus-Verzehr“ und nur neun Prozent im Supermarkt und Großhandel. Laut Initiative „Land schafft Leben“ liegt die Summe der vermeidbaren Lebensmittelabfälle (landwirtschaftliche Produktion ausgenommen) geschätzt bei rund 900.000 Tonnen jährlich in Österreich. Ursachen für Lebensmittelverluste sind vor allem mangelnde Einkaufsplanung, falsche Lagerung und Haltbarmachung. Oft werden auch die Mindesthaltbarkeitsangaben nicht richtig aufgefasst. Johanna Miesenberger: „Ein paar Tipps lassen sich ganz einfach umsetzen: beim Einkauf wieder mehr auf Qualität als auf Quantität und Preis schauen, bei der Zubereitung auf saisonales Kochen und regionale Lebensmittel schauen. Lebensmittelreste können günstig zu schmackhaften Gerichten verarbeitet werden. Auf der Packung eines Lebensmittels muss ein Ablaufdatum angegeben sein – sehen, riechen und schmecken, ob das Produkt vielleicht doch noch zum Verzehr tauglich ist – denn es heißt ja ‚mindestens haltbar bis…‘ und nicht ‚tödlich ab‘.“ Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist also kein „empfohlenes Wegwerfdatum“.

Gesetzeslage evaluieren

Damit solche Fleischberge wie im Greenpeace-Video und andere Lebensmittel direkt vom Supermarkt nicht mehr im Müll landen, wird vorgeschlagen, die Gesetzeslage zu evaluieren. „Vielleicht sind auch gewisse Fristen beim Mindesthaltbarkeitsdatum zu knapp bemessen“, so LK-Präsident Waldenberger. „Tatsache ist, dass jene Lebensmittel, die zu Schleuderpreisen angeboten werden, leichter und schneller im Müll landen“, weiß Johanna Miesenberger. „Kenne ich aber als Konsument hinter dem Produkt den Bauern, die Bäuerin bzw. die Verarbeitung, die mit viel Liebe und Herzblut und ehrlicher Arbeit geschehen ist, ist ein wertschätzender Umgang mit dem Lebensmittel selbstverständlich.“ Neben Familien seien auch die Schulen und pädagogischen Einrichtungen hierbei wertvolle Impulsgeber. Die Bäuerinnen haben mit der Initiative „Lebensmittel sind wertvoll“ mit Aktionen zum Welternährungstag begonnen, auf diese Entwicklung der Lebensmittelverschwendung aufmerksam zu machen. Die Seminarbäuerinnen geben wertvolle Tipps in ihren Blogs wie www.regionale-rezepte.at und www.esserwissen.at


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