Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Warum im Bezirk Freistadt die Altersarmut weiblich ist

Mag. Claudia Greindl, 16.05.2024 18:12

BEZIRK FREISTADT. Als Gewerkschaft für die ältere Generation sieht Bezirksvorsitzender Hans Affenzeller den Pensionistenverband Freistadt. Und diese hat Unterstützung offenbar auch bitter nötig: Altersarmut ist im Bezirk deutlich vorhanden. Besonders Pensionistinnen haben es schwer, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Fast 44 Prozent der Frauen müssen mit maximal 1000 Euro Pension im Monat auskommen.

  1 / 2   Wenn am Ende des Monats die Pension nicht reicht: Hans Affenzeller und Elisabeth Leitner machen auf die zunehmende Altersarmut aufmerksam. (Foto: Gerhard Weinmüller)

„Mir tun die Leute wirklich leid“, erzählt Hans Affenzeller von seinen Erfahrungen aus den Sozialsprechtagen des Pensionistenverbands und von den Veranstaltungen in den Ortsgruppen. Ob es das betagte Ehepaar ist, das sich das Begräbnis des Sohnes nicht leisten kann, die geschiedene Pensionistin ohne Unterhaltsanspruch, die ein Hörgerät braucht, oder das Paar, das nach der gemeinsamen Wanderung nicht mehr zum Mittagessen mitgeht, weil das Geld fehlt: „Altersarmut ist bei uns wesentlich weiter verbreitet, als man glauben würde, und sie ist überwiegend weiblich“, so der Bezirksvorsitzende.

Die Statistik gibt ihm Recht: Die durchschnittliche Pensionshöhe (ASVG) beträgt im Bezirk 1.654,98 Euro brutto. 2.318 Euro erhalten Männer durchschnittlich im Monat, Frauen müssen sich fast mit der Hälfte, nämlich mit 1.184 Euro, begnügen. „Fast 44 Prozent der Frauen, aber nur jeder zehnte Mann muss mit einem Tausender Pension oder weniger auskommen“, rechnet Affenzeller vor. Knapp sieben Prozent der Freistädter Pensionisten bezogen 2023 eine Ausgleichszulage von durchschnittlich 325 Euro. Auch hier ist die Geschlechterverteilung ungleich: Nur 4,5 Prozent der Männer (239), aber 8,5 Prozent der Frauen (638) sind auf diese Zahlung angewiesen.

„Die geringen Frauenpensionen sind eine Armutsfalle und erfahrungsgemäß die Folge von Teilzeitarbeit vieler Frauen“, weiß Hans Affenzeller. Dazu kommt, dass der Bezirk Freistadt jahrzehntelang zu den Einkommens-Schlusslichtern in unserem Bundesland gehört hat. Bis sich die Betroffenen dazu entschließen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, dauert es oft sehr lange. „Manche Menschen, die nach langem Überlegen endlich zu uns zur Beratung kommen, sind nicht nur finanziell, sondern auch psychisch am Ende ihrer Kräfte und haben sich vom gesellschaftlichen Leben längst zurückgezogen“, berichtet Renate Leitner vom Sozialservice Freistadt. Mit ihrem Team bemüht sich die Freistädterin dann um Lösungen und versucht, möglichst alle Zuschüsse und Kostenbefreiungen auszuschöpfen.

Sozialmarkt: die Armut abfedern

Wenn auch der Alltag mit dem zur Verfügung stehenden Geld noch zu bestreiten ist, hapert es spätestens dann, wenn unvorhergesehene Ausgaben wie eine größere Reparatur oder eine Neuanschaffung anstehen. Wird etwa eine Kurzzeitpflege nötig, ist diese unmöglich, weil unfinanzierbar. „Für unerwartete Ausgaben gibt es schlichtweg kein Geld“, weiß auch Elisabeth Leitner, ehemalige Stadträtin und Obfrau des Vereins Sozialmarkts Freistadt. Eben dieser Sozialmarkt „arcade“ hat es sich vor 15 Jahren zur Aufgabe gemacht, Armut allgemein und Altersarmut im Besonderen ein wenig abzufedern. Von den 555 Einkaufsberechtigungen entfallen knapp die Hälfte auf Mindestpensionsbeziehende mit Ausgleichszulage.

„Wir verkaufen die von Lebensmittelmärkten und Privaten gespendeten Waren um bis zu 60 Prozent günstiger als regulär. Manche Produkte wie Öl, Kaffee, Zucker und Hygieneartikel müssen wir leider kontingentieren, weil wir sie nicht in ausreichender Menge bekommen“, so Leitner. Pro Woche beträgt das Einkaufslimit 35 Euro, pro Öffnungstag kommen rund 100 Kunden, die zum Teil schon Stunden vor dem Aufsperren vor der Geschäftstüre stehen. Ein Team von 35 überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeitenden, zum Teil selbst Mindestpensionisten, sorgen für die Warenabholung, das oft mühsame Aussortieren, räumen das Geschäft ein und machen wieder sauber. Die Einkaufsberechtigungen stellt das SozialService Freistadt anhand von Einkommensnachweisen aus. „Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer bei Armut sehr groß ist und viel mehr Leute eine Einkaufsberechtigung bekommen könnten. Arm zu sein und dies auch zuzugeben ist noch immer mit Scham behaftet“; sagt Renate Leitner. Insgesamt dürfen im Bezirk 803 Menschen in einem der drei Sozialmärkte in Freistadt, Hagenberg oder Unterweißenbach einkaufen.

Der Pensionistenverband Freistadt fordert eine Neudefinition der geltenden Armutsgrenzen und eine Erhöhung der Richtwerte für die Ausgleichszulage. Derzeit wird diese als Differerenz zwischen Mindestpension und 1.217,96 für Alleinstehende und 1.921.46 für Ehepaare gewährt. Aktuell betragen die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten laut Statistik Austria monatlich 1.501 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt. Erforderlich wäre laut PV mindestens eine Anhebung auf eben diesen Betrag bei Einzelhaushalten und 2.367 bei Paaren, um ein „Auskommen mit dem Pensioneinkommen“ zu sichern. Die Pensionen sind zwar um 9,7 Prozent erhöht worden, allerdings ist es laut Hans Affenzeller nicht gelungen, die kleinen Pensionen anzuheben.

Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden