GMÜND. Thomas Sautner hat seinen neuesten Roman „Die Älteste“ veröffentlicht. Tips bat den Autor aus diesem Anlass zu einem Gespräch über seinen persönlichen Zugang zur und den Umgang mit der Schriftstellerei. von ERICH SCHACHERL
Thomas Sautner wurde 1970 in Gmünd geboren. Er wuchs im Waldviertel auf, studierte Politikwissenschaften und Zeitgeschichte und arbeitete anschließend jahrelang als Journalist. Danach wurde er Schriftsteller. Sein erster Roman „Fuchserde“ erschien 2006. Darauf folgten die Romane „Milchblume“ (2007), „Fremdes Land“ (2010), „Der Glücksmacher“ (2012) sowie der literarische Reise- und Heimatbegleiter „Waldviertel steinweich“ (2013). Im Februar 2015 erschien sein aktuelles Buch „Die Älteste“ im österreichischen Picus Verlag.Tips: Warum schreibst du?Sautner: Das Lesen und das Schreiben machen mein Leben möglich.Tips: Du hast Politikwissenschaften und Zeitgeschichte studiert, bist aber Schriftsteller geworden. Wie kam es zu dieser Entwicklung?Sautner: Ich war lange Jahre Journalist, schließlich wollte ich mich intensiver und tiefergehend mit den Dingen auseinandersetzen. Also wechselte ich zum Buch.Tips: Was willst du mit deinen Büchern erreichen?Sautner: Das, was vielleicht alle Romane wollen: das Leben. Ja, das Leben will ich erreichen. Den Sinn hinter den Dingen. Das Wesen der Existenz. Alles.Tips: Wie sieht ein schriftstellerischer Tag bei dir aus?Sautner: Rückzug mit Laptop und Kaffee, dann hoffen, dass es schreibt mit mir. In den besten Fällen diktieren mir Gedanken, die eingeflogen kommen, ein, zwei prächtige Seiten, manchmal aber haben sie keine Lust sich herzugeben. Dann muss ich mit dem einen oder anderen läppischen Satz abziehen, den ich selbst zusammengestoppelt habe.Tips: Was willst du deinen Lesern mitgeben?Sautner: Ich nichts. Aber meine Romane, denke ich, können etwas weitergeben. Für sie jedoch zu sprechen hüte ich mich, sie legen Wert darauf, selbst zu erzählen.Tips: In deinem Debütroman „Fuchserde“ steht das fahrende Volk der Jenischen im Mittelpunkt, jetzt kehrst du in deinem neuen Roman „Die Älteste“ wieder zu ihnen zurück. Woher kommt das Interesse an dieser Volksgruppe?Sautner: Den Zugang zu den Jenischen verdanke ich einem lieben Waldviertler Freund, dem Kräuterflüsterer und Gartengestalter Martin Flicker. Er ist Jenischer. Durch ihn bin ich auf die Idee gekommen, „Fuchserde“ zu schreiben. Lisbeth, die Hauptfigur in meinem aktuellen Roman „Die Älteste“, hat Martins Urgroßmutter zum Vorbild. Sie war – wie Lisbeth im Roman – die Sippenälteste und verbrachte ihre letzten Lebensjahre als Einsiedlerin im Wald, nahe einem Moor. Dort lebte sie unter anderem als Besenbinderin, Korbflechterin, Kräuterfrau und eben auch als Heilerin, wovon der Roman handelt.Tips: Worum geht es für dich in deinem Leben?Sautner: Ich bin täglich, oft stündlich dabei, es neu zu erfahren.Tips: Hast du spezielle Methoden, um Zugang zu deinem kreativen Potenzial zu finden, also beispielsweise Meditation, Musik, Aufenthalt in der Natur?Sautner: Besinnung und Ruhe.Tips: Was bedeutet das Waldviertel für dich?Sautner: Rückzugsort, Ruhe, Natur, Kraft und Heimat.Tips: Was möchtest du sonst erzählen?Sautner: Das Spannende an Literatur soll der Text sein und nicht der Autor. Ein guter Roman ist immer größer, weiter, erhellender als sein Verfasser, reicht immer über den Autor hinaus. Das liegt nicht nur daran, dass der Roman das Leben mitunter wie unter einer Lupe zeigt, es realer und begreifbarer macht, als es die Realität selbst vermag, es liegt auch daran, dass der Mensch während des Schreibens ein anderer ist, offener und bereiter als sonst, und er in diesem Zustand Gedanken geschenkt bekommt, die ihm für gewöhnlich nicht zu Kopf steigen würden. Nietzsche meinte, ein Gedanke kommt, wenn er will und nicht wenn der Mensch will. Ich glaube, wir können noch weiter gehen: Die spannendsten Gedanken werden nicht vom Menschen gemacht, die spannendsten Gedanken machen den Menschen; sie fliegen ihm zu, wie man sagt. Als Romancier muss man dann nur flink genug sein, sie zwischen zwei Buch- deckeln festzuhalten.Tips: Danke für das Interview.
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