Lichtkünstler David Anderle über eine andere Art von Schönheit
VITIS. Lichtdurchflutet mit klaren Formen und einer aufgeräumten Umgebung - so präsentiert sich das Fotoatelier von David Anderle. Mit einem breiten Lächeln und einem festen Händedruck begrüßt mich der Lichtkünstler an seinem Arbeitsplatz, nahe dem Hauptplatz in Vitis. Sofort richtet sich mein Blick auf die großformatigen Bilder der neuen Ausstellung. Menschen mit Narben blicken stolz von den Wänden- ein innovatives Projekt, dessen Idee sich aus einem Saunabesuch entwickelt hat.
Narben stellen in unserer Gesellschaft oft einen Makel dar, der vom Träger nur allzu gern versteckt wird. Auf Basis dieses Tabus hat Anderle eine Serie mit Modellen aus Österreich und Deutschland erstellt, die diesen vermeintlichen Makel in den Mittelpunkt stellt und die dadurch geprägte Persönlichkeit des Trägers zeigt. Doch wie kommt man auf die Idee, Narben abzulichten? „Die Idee zu diesem Projekt kam durch einen Input meiner Freundin“, erklärt David Anderle seinen neuen Bilderzyklus, „bei einem Besuch in der Sauna machte sie mich auf ein bildhübsches Mädchen mit einer prägnanten Narbe aufmerksam. Wir beiden waren uns einig, dass dieser „offensichtliche Makel“ ihre Ausstrahlung keineswegs beeinträchtigt.“Mit den Worten „das wäre doch mal ein gutes Thema für eine Ausstellung“ setzte sie den Grundstein in den Kopf des Fotografens, der sich schon bald zu einem starken Projekt entwickelte und nun in einer Vernissage am 27. April gipfelt. Im Gespräch mit Tips erzählt der kreative junge Mann von seinem künstlerischen Schaffen.
Tips: Woher kommt deine Leidenschaft für die Fotografie?
David Anderle: Fotografen reifen wie guter Wein - über Jahre: von zaghaften Knipsern zu Berufsfotografen. Durch meinen Vater bin ich schon als Kind mit Fotografie in Berührung gekommen, habe es aber lange Jahre als Hobby und nicht sonderlich ernsthaft betrieben. Erst der Kauf meiner ersten „richigen“ Kamera hat mich neugierig auf die Technik und die damit verbundenen kreativen Möglichkeiten gemacht. Im Selbststudium, mit kleinen Kursen und der Mitgliedschaft beim Fotolaborclub Groß Siegharts wurde Fotografie zu einem Steckenpferd und nimmt seither einen großen Teil meiner Freizeit in Anspruch. Nach Abschluss der Prager Fotoschule bemühe ich mich meine eigene Bildsprache zu schärfen und erkennbar, vielleicht sogar unverwechselbar zu bleiben oder werden.
Tips: Was bedeutet dir deine neue Ausstellung? Hast du einen speziellen Bezug dazu?
David Anderle: Bis aus einer Fotoserie eine Ausstellung wird, sind einige Überlegungen und viele Stunden Arbeit notwendig. Es ist ein ganz besonderer Moment, wenn man die Aufnahmen dann das erste Mal an der Wand hängen sieht. Durch die lange Zeit, die man sich mit den Fotos und auch mit den Menschen darauf beschäftigt, baut man eine sehr persönliche Beziehung auf. In jedem einzelnen Fall hat man eine interessante Persönlichkeit kennen gelernt – manche davon sind Freunde geworden. Die Narben gehören zu ihrer Persönlichkeit, sie machen einen Teil von ihnen aus.
Tips: Welche Erfahrungen hast du mit deinen Narben-Modellen gemacht? War es schwieriger sie abzulichten? Hast du vielleicht sogar etwas dabei gelernt, neue Sichtweisen entdeckt?
David Anderle: Bei jeder Person, die für die Ausstellung Modell gestanden hat, steckt eine Geschichte hinter den Narben.Als Fotograf möchte ich diese Geschichte einem breiten Publikum erzählen und damit das Thema enttabuisieren. Die Träger der Narben haben ihre Narben als Teil von sich selbst akzeptiert und tragen sie wie ein Tattoo auf ihrer Haut. Die betroffene Personen haben oftmals weniger Probleme damit als Leute, die sie das erste Mal treffen.
Tips: Hast du ein künstlerisches Vorbild?
David Anderle: In der Studio-Fotografie habe ich mich viel mit Aufnahmen von Horst P. Horst beschäftigt – ich mag diesen Retro-Stil seiner oft dramatisch ausgeleuchteten Porträts und Fassion Fotos. Betreffend künstlerischer Fotografie halte ich Ralph Gibson als einen der wichtigsten zeitgenössischen Fotografen. Er hat eine ganz eigene Bildsprache und lenkt die Aufmerksamkeit durch klare Bildsprache auf genau den Aspekt, den er zeigen will.
Tips: Gibt es schon Ideen für neue Projekte?
David Anderle: Ja, die gibt es – darüber möchte ich aber noch nicht allzu viel verraten (grinst).
Analoge Fotografie und Workshops
Aktuell ist gerade eine weitere Ausstellung im Landesklinikum Waidhofen/Thaya zu sehen. Unter dem Titel „Sperrgebiete“ zeigt Anderle Landschaftsaufnahmen des Truppenübungsplatzes Allentsteig. Als technische Grundlage wurde körniger Film und eine analoge Kamera ohne technische Hilfemittel verwendet. Ziel ist dabei weniger die detaillierte Abbildung, sondern das Auslösen von Emotionen und die Vermittlung eines authentischen Gefühls für den Ort, an dem die Aufnahme entstanden ist.Zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Berufsfotograf bietet er auch Workshops zum gemeinsamen Fotografieren an. Auf einer Fläche von 75 Quadratmetern bietet sein Studio eine großzügige Arbeitsumgebung für das Erstellen und Präsentieren von Fotografie. Dieses Studio steht ihm selbst, aber auch Gastfotografen und Veranstaltern zur Verfügung.
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