Der Kachelofen-Restaurateur und sein Schwiegersohn, der Glasuren-Tüftler
GMUNDEN. Die Pandemie kann manche Dinge auch begünstigen, kreatives Talent beispielsweise. Christoph Spiessberger, ein begnadeter Autodidakt in Sachen Keramik, ist ein Beispiel dafür. Das hier ist die Geschichte einer (nicht nur) künstlerischen Männerfreundschaft, die in einem Regal des Gmundner Keramikladens sichtbar geworden ist. Dort, beim Trauntor, zeigen Christoph Spiessberger und sein Mentor und Schwiegervater Robert Hellmeier erstaunliche Artefakte.
Am Anfang stehen der pensionierte Gmundner Lehrer Robert Hellmeier (65) und sein Faible für uralte Kachelöfen. Hellmeier restauriert seit 40 Jahren Kachelöfen aus dem gesamten Alpenraum. Sie entstammen vorwiegend der Renaissance, mitunter sogar der Gotik. Wobei „restaurieren“ zu kurz greift, denn selbst dann, wenn zwei Drittel der Kacheln fehlen, baut Hellmeier mit umfassendem Wissen den ganzen Ofen nach. Jede Kachel ist ein Unikat, beim Trocknen und Nachbearbeiten wird sie von Hand wochenlang gewendet und gehätschelt.
Kachelofen-Leidenschaft entstand aus Zufall
Bei ihm, erzählt Hellmeier, sei es Neigung, aber auch Fügung gewesen, dass er diese Leidenschaft entwickelt habe. Er hatte sich schon bei der Ausbildung zum Werklehrer für Keramik anstatt Elektronik entschieden. Aber an seinem ersten Schultag in der Vorchdorfer Mittelschule habe er just am selben Schreibtisch Platz genommen wie Erich Spitzbart. Der charismatische Kurator, Kunstvermittler und Galerist (Galerie am Tanglberg) handelte damals, 1980, schon mit Antiquitäten und brauchte einen, der alte Ofenkacheln nachbaute.
Robert Hellmeiers Kenner- und Könnerschaft und sein Gespür fürs Jahrhunderte alte Original gehen so weit, dass er bei seinen Glasuren auf Rezepturen zurückgreift, die der Gmundner Volkskundler Architekt Franz König-Hollerwöger als Gmundner „Scharffeuerfarben“ gesammelt hatte.
Aus „Pandemie-Hobby“ wurde eine echte Passion
Nun aber zum Schwiegersohn: Christoph Spiessberger, 28, Jurist, Assistent an der Uni Innsbruck und derzeit am Dissertation-Schreiben, hatte in Robert Hellmeiers Haus-Werkstatt schon mal personalisierte Bierkrüge für den Geburtstag von Freunden oder eine Vase für die Oma getöpfert und dafür Gips-Gussformen aus Hellmeiers früherem Werkunterricht hergenommen.
Im Lockdown räumte er schließlich eine elektrische Töpferscheibe hervor, weil er als blutiger Anfänger das Drehen lernen wollte. Das war das Erweckungserlebnis für ein enormes Talent. Als Autodidakt gelangen Christoph Spiessberger bald formvollendete Gefäße mit leicht asiatischer Handschrift.
Nachdem ihm sein Schwiegervater auch noch ein Buch über Glasuren hingeschoben hatte, wurde Christophs Begeisterung fast schon zur Besessenheit. Er mischte selber Glasuren, vertiefte sich in die Chemie und Physik des Brennens, experimentierte ohne Unterlass, schaffte neben einem strombetriebenen auch noch einen Gasbrennofen an und stellte den Wecker nicht selten auf 3 Uhr Nacht, um heikle Brenn-Prozesse von Hand zu steuern.
Keramik-Laden als „Katalysator“ zum Handel
„Wir stellen ja sehr hohe Ansprüche, wenn einer sich ein Regal bei uns mieten will“, erzählt die Initiatorin des Gmundner Keramikladens, Eva Fürtbauer aus der Abteilung Stadtentwicklung/Kultur: „Die meisten sind Profis und Töpfermarkt-Aussteller aus ganz Europa. Für Einheimische gibt’s keine Bevorzugung. Wir waren allerdings baff über die Qualität, die Robert und Christoph vorgelegt haben. Und wir sind glücklich, dass genau unser Geschäftsmodell es ermöglicht, solche Perlen in die Auslage zu legen. Von selber hätten diese beiden Gmundner nie einen eigenen Laden riskiert.“
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden