Frühe Sprachförderung in Kindergärten im Salzkammergut
SALZKAMMERGUT. In den oberösterreichischen Kindergärten hat mit dem neuen Kindergartenjahr wieder das flächendeckende logopädische Screening begonnen. Dabei werden Kinder im Alter von vier bis fünf Jahren systematisch auf Sprachauffälligkeiten untersucht. So auch in den Bezirken Gmunden und Vöcklabruck.
Die Logopädie ist eine medizinisch-therapeutische Fachdisziplin, die sich mit Störungen der Kommunikation, des Sprechens, der Stimme, der Atmung und des Schluckens beschäftigt. Logopäden arbeiten eigenverantwortlich, untersuchen, diagnostizieren und behandeln Sprach- und Sprechstörungen bei Menschen aller Altersgruppen. Besonders im Kindergartenalter ist eine frühe Förderung entscheidend, um spätere schulische Schwierigkeiten zu vermeiden. „Je näher sich die Therapie an der natürlichen Sprachentwicklung orientiert, desto besser und schneller sind die Ergebnisse“, erklärt Martina Bernegger, Leiterin des logopädischen Dienstes der Volkshilfe. 2024 wurden in Oberösterreich 10.306 Kinder untersucht. Rund 4.500 von ihnen benötigen laut Bernegger entweder eine logopädische Therapie oder regelmäßige Kontrolle.
Kinder, bei denen eine Kontrolle empfohlen wird, sprechen einzelne Laute oder Lautverbindungen noch nicht sicher aus. „Hier können die Eltern mit Anleitung zu Hause gut üben“, so Bernegger. Bei jenen, die eine Therapie brauchen, wird gezielt und spielerisch an Aussprache, Sprachverständnis, Grammatik oder Wortschatz gearbeitet.
Oberösterreich als Vorreiter
„Heutzutage gibt es viel mehr modernes Therapiematerial, neue Methoden und eine enge Zusammenarbeit mit Eltern und Pädagogen“, sagt Bernegger. Als sie 1991 ihre Ausbildung abschloss, waren in Oberösterreich nur zwölf Logopädinnen im Einsatz. Heute sind es fast 40, die flächendeckend in den Bezirken tätig sind. Diese Entwicklung sei nur durch die finanzielle Unterstützung des Landes möglich gewesen. Laut Bernegger zeigen die bisherigen Ergebnisse, dass Logopädie sehr wirksam ist: „95 Prozent der Auffälligkeiten können verbessert werden, viele sogar vollständig behoben.“
Schwerpunkt Artikulationsstörungen
Im Bezirk Gmunden wurden 2024 insgesamt 1.216 Kinder gescreent. „407 Kinder benötigen Therapie, 374 Kontrolle“, berichtet Logopädin Michaela Posch, die in Gosau lebt und für die Gemeinden Gosau, Hallstatt, Obertraun und Bad Goisern zuständig ist. In diesen vier Gemeinden werden heuer 94 Kinder untersucht.
„Etwa 64 Prozent der Auffälligkeiten liegen im Bereich der Artikulation, also bei phonetisch-phonologischen Störungen“, erklärt Posch. Weitere 17 Prozent betreffen den Satzbau und die Grammatik, rund zehn Prozent myofunktionelle Störungen. Zudem werden Schwierigkeiten in der phonologischen Bewusstheit, Redefluss- oder Stimmstörungen sowie Hörprobleme und Kiefer- oder Zahnfehlstellungen festgestellt. Posch betont, dass gerade im inneren Salzkammergut die Zusammenarbeit mit Eltern, Pädagogen und Kinderärzten sehr gut funktioniere. Viele Familien würden die Unterstützung der logopädischen Dienste gerne annehmen, weil sie den Nutzen der frühen Förderung erkennen.
Engpässe bei Therapieplätzen
Im Bezirk Vöcklabruck wurden im Vorjahr 969 Kinder untersucht. „Am häufigsten treten Aussprachestörungen auf – vom einfachen S-Fehler bis zu komplexen Störungen, die jahrelange Betreuung erfordern“, berichtet Logopädin Monika Staude-Großruck aus Gampern. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Maria Schöffl und Verena Mittermaier betreut sie den Standort in Vöcklabruck. „Gerade in den letzten Jahren sehen wir zunehmend Kinder mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, die oft auch im Bereich der Sprache große Schwierigkeiten haben“, so Staude-Großruck. Viele dieser Kinder werden über Jahre hinweg begleitet – oft bis zum Schuleintritt. Sorge bereiten der erfahrenen Logopädin jedoch die personellen Engpässe: „Zurzeit haben wir unbesetzte Stellen. Für manche Kinder können wir nicht die Therapiefrequenz anbieten, die sie eigentlich brauchen würden.“
Auch nach dem Kindergarten benötigten viele Kinder weiterhin logopädische Betreuung, was durch die freiberuflich tätigen Kollegen abgedeckt werden müsse. „Leider sind die Wartezeiten auf einen fixen Therapieplatz im Bezirk oft länger als ein halbes Jahr. Besonders Kassentherapeuten fehlen, denn die Behandlung bei Wahltherapeuten ist für viele Familien finanziell nicht leistbar“, betont Staude-Großruck.
Eltern erhalten nach dem Screening Unterstützung
Die logopädischen Dienste der Volkshilfe und Caritas bieten ihre Leistungen für Kinder bis zum Schuleintritt kostenlos im Auftrag des Landes Oberösterreich an. Nach dem Screening erhalten die Eltern eine schriftliche Rückmeldung mit Kontaktdaten und Empfehlungen. Bei Bedarf können sie direkt eine Beratung oder Therapie vereinbaren.
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