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Eine Frau, ein Sud: „Bier liegend lagern ist die absolute Todsünde“

Tanja Auer, 25.07.2023 15:00

GRIESKIRCHEN. Für den Weltbiertag am Freitag, 4. August, gibt Braumeisterin Gloria Fahrbach aus der Brauerei Grieskirchen Einblicke in eine der größten Leidenschaften der Menschheit und teilt dabei ihr Wissen rund um den berauschenden Hopfentee.

Bierbrauerin Gloria Fahrbach hat sich schon mit 15 Jahren dem Bier verschrieben. (Foto: Grieskirchner Brauerei/Christoph Koch)

Tips: Was hat Sie dazu inspiriert Braumeisterin zu werden?

Fahrbach: Ich hab mit 15 meine Lehre gestartet. Damals wusste ich vorher noch gar nicht wirklich was ich werden will oder werden kann. Nach dem Informieren über die klassischen Frauenberufe wusste ich, das bin ich nicht. Ich wusste aber auch nicht was ich werde. Und dann habe ich über den Brauer- und Mälzerberuf gelesen und wusste sofort das bin ich. Und dann habe ich mich bei der Eggenberger Brauerei beworben und ihnen erklärt, dass ihre Suche mit mir beendet ist. Da konnten sie dann auch gar nicht mehr anders als mich auszuwählen. Die Gerüche, die Maschinen, etwas mit den Händen zu kreiieren. Ich erschaffe gerne mit den Händen und darum hat mich der Beruf auch seit dem ersten Tag eingefangen.

Tips: Was würden Sie jungen Frauen mit auf den Weg geben, die sich ebenfalls für die Kunst des Bierbrauens interessieren, sich aber aufgrund dem Status der Männerdomäne nicht trauen sich in dem Bereich ausbilden zu lassen?

Fahrbach: Ich arbeite jetzt auch nur mit Männern und wurde immer herzlich und offen empfangen. Man soll nicht zu viel darüber nachdenken und einfach mal machen. Am besten man schnuppert einmal in den Beruf hinein. Und auch, wenn man dann für sich erkennt, dass es doch nicht das richtige ist oder man nicht mehr in einer Brauerei arbeiten möchte, hat man immer noch genug Alternativmöglichkeiten wie zum Beispiel Lebensmittelanalytik oder Arbeiten in einem Labor.

Tips: Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Fahrbach: Tatsächlich ist bei mir kein Tag wie jeder andere. Ich komme morgens in die Arbeit und dann gibt es Kontrollgänge. Man geht in den Gärkeller, probiert Jungbiere, hat regelmäßige Geschmackskontrollen bei jedem Produktionsschritt. Man muss dann quasi überall nochmal geschmacklich abnehmen. Man ist sensorisch so gut geschult, dass man sofort erkennt, ob es in die richtige Richtung geht oder ob man vielleicht einen Fehlgeschmack kreiert hat. Bier ist nunmal ein hagliches Lebensmittel.

Tips: Das klingt jetzt so, als würden Sie den ganzen Tag Bier genießen.

Fahrbach: Das klingt tatsächlich so, aber im Schnitt kommt man vielleicht auf eine Halbe am Tag.

Tips: Sind Sie aufgrund Ihrer Berufswahl ein gern gesehener Partygast?

Fahrbach: Bei den Männern stehe ich auf alle Fälle hoch im Kurs. Wenn ich sage, ich bin Braumeisterin, sind die Männer oft gleich ganz fasziniert, aber meine Freunde mögen mich auch. Auch, wenn ich kein Brauer wäre.

Tips: Stimmt es, dass eine Frau das Bier erfunden hat?

Fahrbach: Bis ins Mittelalter gehörte Brauen noch zur Hausarbeit und war damit in Frauenhand. Wie Backen und Kochen. Jede Frau hatte ihr eigenes Hausbier und einen eigenen Sudkessel zu Hause. Erfunden haben es aber die Sumerer, um ihre Kranken zu berauschen.

Tips: Wie wichtig ist die Wahl des richtigen Bierglases?

Fahrbach: Sehr wichtig. Wenn man jetzt das gleiche Bier in drei verschiedene Gläser leert, wird es in allen drei Varianten anders erscheinen. Da kommt es auf die Dicke des Glases an, ob unten bauchig oder oben offen. Jedes Bier hat ja Aromen und das spielt alles mit dem richtigen Glas zusammen.

Tips: Welches Bier passt am besten zu Steak oder Burger?

Fahrbach: Ein klassisches Pils ist immer ein guter Durstlöscher. Auch Weizen, wenn man es mag. Lagerbiere gehen am Abend zum Grillen gut. Für Steaks und Burger bietet sich das klassische Wiener Lager an.

Tips: Wie wählt man überhaupt das richtige Bier aus, um eine Mahlzeit zu ergänzen?

Fahrbach: Für Desserts geht beispielsweise ein schweres, dunkles IPA oder ein Chocolate Stout immer. Man kann auch den Bier-Sommelier machen, wenn man sich dafür interessiert.

Tips: Wie wichtig ist die richtige Trinktemperatur?

Fahrbach: Die Temperatur macht sehr viel aus für das Mundgefühl. Ist es zu warm, wird das Bier als schal empfunden. Ist es zu kalt, können sich die Aromen nicht gut entfalten. Klassisches Lager trinkt man beispielsweise kühlschrankkalt bei rund acht Grad.

Tips: Wie lagert man Bier?

Fahrbach: Unbedingt stehend lagern. Bier liegend lagern ist die absolute Todsünde. Im Bier ist im Flaschenhals oben immer etwas Sauerstoff und wenn man es hinlegt, vergrößert sich die Oberfläche, auf die der Sauerstoff wirken kann. So leidet am Ende der Geschmack.

Tips: Wie lange ist Bier eigentlich haltbar?

Fahrbach: In Bezug auf das Mindesthaltbarkeitsdatum mag ich die englische ‚best before‘ Version lieber. Es wird nicht schlecht, es verdirbt nicht, aber es kann schal werden. Der Bock hingegen ist nach Ablauf des MHD immer besser. Wird Bier schal, kann man es übrigens immer noch zum Kochen verwenden, wie zum Beispiel einen Liter Bier auf das „Braumeister Bradl“ geben.

Tips: Wie wichtig ist es, lokale Biersorten zu unterstützen?

Fahrbach: Man sollte die Brauereien in der Region, in der Gemeinde, im Dorf unterstützen um damit die Sortenvielfalt zu erhalten. Vor allem Privatbrauereien.

Tips: Gibt es schlechtes Bier?

Fahrbach: Das ist wie mit Kuchen. Dem einen schmeckt der Kuchen mehr, dem anderen dieser. Es gibt genauso viele Geschmäcker wie Menschen. Es gibt vielleicht verdorbenes Bier, aber kein schlechtes.

Tips: Was ist Ihr Lieblingsbier?

Fahrbach: Grieskirchner Bier natürlich. Ich bin ein Märzenmädchen. Ich mag das Malzige, ich mag es wenn das Bier einen Körper hat und ich mag es nicht so sehr gehopft. Frauen trinken ja lieber Märzen, Männer hingegen trinken gerne Pils, weil Pils einfach trocken ist mit einer ordentlichen Hopfung.  

Tips: Stichwort Weltbiertag - Was sorgt am Stammtisch für den Aha-Effekt?

Fahrbach: Wo man immer gut punkten kann, ist das Trinkgefühl. Kippt nicht den halben Liter auf einmal runter, weil ihr grad so durstig seid, sondern genießt es. Nehmt einen Schluck, lasst ihn auf der Zunge, überlegt was ihr schmeckt. Da kommt man dann auf ganz viel drauf. Sozusagen eine kleine Achtsamkeitsübung. Bier ist so ein vielfältiges Produkt, da kommt man oft erst auf die verschiedensten Geschmäcker, wenn man sich auf das Experiment Genuss einlässt.

Tips: Haben Sie einen Geheimtipp gegen den Bierkater?

Fahrbach: Ja, ein Reparaturseidl wär ganz nett. Und viel Wasser.

Seit Sommer 2022 arbeitet auch die Bayerin Julia Hinter in der Brauerei Grieskirchen. Somit haben gleich zwei Braumeisterinnen der langjährigen Männerdomäne Einhalt geboten.

Die 37-jährige Gloria Fahrbach war sich schon mit 15 Jahren sicher, dass ihre Wege zum Sudkessel führen müssen. Die diplomierte Brauerei-Sensorikerin ist seit zwei Jahren Braumeisterin bei Grieskirchner Bier und sagt von sich selbst ein „Märzenmädchen“ zu sein. Außerdem bietet sie jeden Donnerstag ab 17 Uhr Führungen in der Brauerei an.

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