Positive Bilanz der Arbeiterkammer Grieskirchen: 2,82 Millionen Euro für Arbeitnehmer erreicht
GRIESKIRCHEN. 5272 Arbeiterkammer-Mitglieder wandten sich im vergangenen Jahr mit arbeits- und sozialrechtlichen Fragen an die AK Grieskirchen – ein Plus von neun Prozent. Insgesamt konnte die AK mehr als 2,82 Millionen Euro für ihre Mitglieder erreichen, um 15 Prozent mehr als 2016.
Laut Elisabeth Marschalek von der AK Grieskirchen sei feststellbar, dass viele Firmen seit dem Inkrafttreten des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes am 1. Jänner 2017 aus Angst vor hohen Strafen versuchen, Verstöße gegen das Arbeitsrecht außergerichtlich zu bereinigen. Sie würden im Vergleich deutlich häufiger bereits nach der ersten Intervention der AK bezahlen. Dennoch müssten nach wie vor viele Rechte von Arbeitnehmern vor Gericht eingefordert werden. Insgesamt wurden im Vorjahr 85 Fälle gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossen. Hauptsächliche Gründe für Rechtshilfen und -vertretungen waren Endabrechnungsdifferenzen und vorenthaltendes laufendes Entgelt sowie unbegründete Entlassungen und fristwidrige Kündigungen.
Probleme vor allem in Betrieben ohne Betriebsrat
Persönliche Beratungen wurden zu 53 Prozent von Frauen in Anspruch genommen. Kommt es zu gerichtlichen Vertretungen wagen mehr Männer (59,5 Prozent) den Schritt vor Gericht. Auffallend sei immer wieder, dass es vor allem in Betrieben ohne Betriebsrat zu Problemen kommt. Die Anzahl von Unternehmen mit Betriebsräten sei im vergangenen Jahr wieder leicht gestiegen, meint Marschalek.
Kritik an Senkung der Kammerumlage
Kritik kommt vom stellvertretenden AK-Direktor Franz Molterer zu den Vorhaben der Bundesregierung, die Kammerumlage zu senken. „Wir reformieren laufend und umfassend, weil es notwendig ist, dass man auf dem letzten Stand ist. Wir sehen daher nicht die Notwendigkeit, eine neue Reform aus dem Hut zu zaubern. Außerdem hat in den vergangenen zehn Jahren kein Arbeitnehmer gesagt, dass ihm die Kammerumlage nicht passt, denn Arbeitnehmer wissen, dass das Geld so gut aufgehoben ist.“
Viele Fragen zum Dienstzeugnis und Probleme bei Paketzustellern
Im Jahr 2017 gab es auffälligh viele Beratungen zum Thema Dienstzeugnis. Viele Arbeitnehmer berichteten, entweder keines bekommen zu haben oder zwar eines bekommen zu haben, dieses aber nicht verwenden zu können. Die AK interveniert in solchen Fällen bei den Unternehmen und macht sie auf die vorgeschriebenen Inhalte in einem Dienstzeugnis aufmerksam. So muss etwas eine Dienstzeugnis über wesentliche Tätigkeiten sowie den Beschäftigungszeitraum informieren. Und es darf keine negative Wertung beinhalten.
Auch Beratungen von Paketzustellern häuften sich im vergangenen Jahr in der AK Grieskirchen. Oftmals bekommen sie Fahrzeiten nicht bezahlt: Der Weg zurück in die Firma ab der letzten Zustelladresse wird häufig nicht mehr gerechnet. In diesen Fällen fordert die AK nicht bezahlte Arbeitszeiten von den Arbeitgebern ein. Problem dabei: Vielfach sind die Ansprüche zum Zeitpunkt der Intervention wegen kurzer Verfallsfristen im Kollektivvertrag nicht mehr einholbar. Paketzustleler müssen laut Kollektivvertrag offene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten schriftlich geltend machen. Die AK empfiehlt deswegen, sich bei offenen Zahlungen rasch an die AK zu wenden. Häufig haben Paketzusteller auch überlange und ungesetzliche Arbeitszeiten. So berichteten gleich mehrere Paketzusteller in der Beratung, dass sie in ihrem Betrieb zwei verschiedene Listen zur Arbeitszeitaufzeichnung führen: Jene mit den tatsächlichen ARbeitszeiten und eine „offizielle“ , die bei etwaigen Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat vorgelegt wird.
Ein Fall aus dem Arbeitsrecht:
Erst ein Exekutor brachte 186 Euro fehlenden Lohn herein
Als Kellnerin begann eine Frau aus dem Bezirk Grieskirchen bei einem Wirt zu arbeiten, zu einem Stundenlohn von 8,20 Euro brutto. An den ersten beiden Tagen war die Frau jeweils elf Stunden im Einsatz. Am dritten Tag musste sich die Frau krankmelden, woraufhin der Wirt das Arbeitsverhältnis beendete. Er behauptete, die Frau habe nur vier Stunden bei ihm gearbeitet und zahlte ihr deswegen nur knapp über 30 Euro Lohn aus.
Die Frau wandte sich an die AK. Diese forderte den Wirt in einem Interventionsschreiben auf, den fehlenden Lohn inklusive Überstundenentgelt sowie die anteilige Urlaubsersatzleistung auszuzahlen. Doch der Wirt weigerte sich. Also ging der Fall weiter zum Arbeits- und Sozialgericht Wels, das der AK und somit der Frau Recht gab. Doch noch immer weigerte sich der Wirt, die offenen Ansprüche zu zahlen. Erst durch ein Exekutionsverfahren kam die Frau zu ihren offenen Ansprüchen: 186 Euro.
Ein Fall aus dem Sozialrecht:
AK erstritt höheres Pflegegeld für krebskranke Frau
Verzweifelt wandte sich die Tochter einer schwerkranken Frau aus dem Bezirk Grieskirchen an die AK. Sie schilderte, dass ihre Mutter an Krebs leide, Diabetes und bereits mehrere Amputationen gehabt habe. Sie sei auf einen Rollstuhl angewiesen, sehr verwirrt, habe Bluthochdruck und ein Nierenversagen. Die Tochter konnte glaubthaft machen, dass ihre Mutter im Monat mehr als 200 Stunden Betreuung brauchte.
Mit diesem Stundenaufwand wäre der Mutter eine monatliches Pflegegeld der Stufe 5 (920,30 Euro) zugestanden - doch die Pensionsversicherungsanstalt gestand ihr nur Pflegegeld der Stufe 4 (677,60 Euro monatlich) zu. Also klagte die AK gegen den Pflegegeldbescheid. Es kam zu einer Neubeurteilung: das neuerliche Gutachten stellte fest, dass die Pflegebedürftige für einen Monat Anspruch auf Pflegegeldstufe 5 und danach - für einen Zeitraum von knapp zwei Monaten - sogar afu Pflegegeldstufe 6 (1285,20 Euro) hatte. Sie verstarb kurze Zeit später an ihren Leiden.
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