GROSS GERUNGS. Unglaublich, was 42,5 Quadratmeter alles an Schätzen bergen können. Lukas Hinterndorfer steckt gerade mitten in seiner Ausstellungsvorbereitung und verwandelte seine Wohnung in eine kreative Bastel-, Werk- und Schneiderstube.
Eine Esstischlampe aus Besteck, antike Möbelstücke, Kaffeetassen mit Goldränder, Fauteuil - historisches Ambiente mitten in Groß Gerungs. „Ja das bin ganz ich, das ist mein Stil“, lacht Lukas Hinterndorfer.
Von Glubschaugen und Heiligenschein
Der 27-jährige Florist arbeitet gerade jede freie Minute an seiner Ausstellung „artig?!“, die am Freitag, 7. September (19.30 Uhr) im Alten Rathaus in Groß Gerungs eröffnet wird. Daher bietet jeder Winkel seiner Wohnung eine andere Überraschung - 14 Ausstellungsobjekte sind hier bereits zu finden. Da eine Pflanzung, die in gewachstes Leinen getaucht ist, dort ein Paar Schuhe aus gefühlten 1000 Glubschaugen - sein „wahrscheinlich gruseligstes Werkstück“.
Momentan arbeitet Lukas gerade an den Angel Wings. Die beiden Flügel, ganz aus Papierfedern gearbeitet, bekommen einen Ehrenplatz im Rathaus - in ihrer Mitte ein großer goldener Heiligenschein, darunter ein Sessel - und fertig ist die Selfiestation, wo „jeder mal zum Engel werden darf“. Neben Sticken, Stricken oder Weben hat er auch das Schneidern für sich entdeckt, wie ein bestickter und bedruckter Rock aus Leinen und Chiffon zeigt. „Jeder Designer würde das wahrscheinlich als dilettantisch bezeichnen, aber ich mache es wirklich leidenschaftlich gerne“, lacht Lukas.
Daneben ein Werkstück mit „fliegenden“ Buchstaben, gefertigt aus Draht, dass sich bei näherer Betrachtung als Teil des Songtextes „Unerhört solide“ von Pizzera & Jaus entpuppt. Doch das war noch längst nicht alles, eine Lampe aus alten Negativen, die ihre leuchtende Wirkung erst entfaltet, wenn man sie einschaltet, eine „spitze“ Tischdekoration, eine Schüssel rein aus Zündhölzer oder eine aus Zeitschriften verarbeitete Schale mit edlem Charakter. Denn dafür wurden nicht irgendwelche Magazine hergenommen, sondern die Vogue, die der Gerungser schon seit Jahren liest, und die „viel zu teuer ist, um sie Wegzuschmeißen“.
„Was ist schon normal?“
Was ist der Rote Faden der Ausstellung? „Eigentlich gibt es gar keinen, er ist genauso mehrdeutig wie der Titel „artig?!“,, die Ausstellung ist ein Gesamtkunstwerk aus verschiedensten Materialien“, so Hinterndorfer. „Ich glaube auch nicht, dass alles alle anspricht, aber ich möchte mit den Werkstücken ein bisschen zum Nachdenken anregen“, so seine Intention.
So spiegeln sich Gegensätze wider, beispielsweise wird der Brautschmuck untypisch unblumig, komplett in Grün gehalten, während der Bräutigam die Blumen bekommt. „Ich drehe es mal um, wer sagt schon, was normal ist?“ Das Buffet wird das Thema „Glaube und Sünde“ aufgreifen.
Auch die Tischdeko, ebenfalls Teil der Ausstellung, soll zum Innehalten anregen, nicht zuletzt in Bezug auf den Umgang mit anderen Menschen. „Ich merke, dass der Umgang in gewissen Runden rauer geworden ist, ich empfinde einfach, dass viele Menschen unfein miteinander umgehen, wir haben viel an Höflichkeit verloren.“ Seine subjektive Wahrnehmung der Gesellschaft rückt er, der sich selbst immer fragt, ob er artig oder unartig sei, in den Mittelpunkt.
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