Zwischen Fichten und Sensoren: von der Forschungsarbeit am Zöbelboden
MOLLN/REICHRAMING. Inmitten des Reichraminger Hintergebirges steht einer der bestausgerüsteten Forschungsstandorte für ökologische Langzeitforschung in Österreich. Auf rund 90 Hektar werden am Zöbelboden die Auswirkungen von Luftschadstoff-Belastungen und Klimawandel auf Bergwaldökosysteme erforscht. Tips begleitete Nationalpark-Mitarbeiterin Stefanie Tweraser bei der Probenentnahme.
Entlang des Großen Bachs führt die Forststraße immer tiefer in die ausgedehnten Wälder des Nationalpark Kalkalpen. Bis auf ein paar wenige Wanderer ist hier, im Herzen des Reichraminger Hintergebirges, kaum jemand unterwegs.
Ein ungewöhnlicher Arbeitsweg für einen Mittwochmorgen. Doch der Forstjeep mit dem Nationalpark-Logo bahnt sich unbeirrt seinen Weg. Oder besser gesagt: Stefanie Tweraser, die hinter dem Lenkrad sitzt. Einmal wöchentlich nimmt sie oder einer ihrer Kollegen den Weg von Molln nach Reichraming und bis hoch zum Zöbelboden auf sich – zur Probenentnahme auf einem der bestausgerüsteten Forschungsstandorte für ökologische Langzeitforschung in Österreich.
Eine High-Tech-Anlagemitten im Steilhang
„Seit 1992, also noch vor Gründung des Nationalparks, werden am Zöbelboden die Auswirkungen von Luftschadstoff-Belastungen und Klimawandel auf Bergwaldökosysteme erforscht. Betrieben wird die Forschungsstation vom Umweltbundesamt – unterstützt vom Nationalpark Kalkalpen und den Österreichischen Bundesforsten“, erzählt Stefanie Tweraser während der holprigen Autofahrt. Wenig später wird am Straßenrand eine große Infotafel ersichtlich: Sie markiert den Beginn des hochinstrumentierten Standorts. „Die Forschungsstation misst rund 90 Hektar, wobei auf drei Flächen sehr engmaschige Untersuchungen stattfinden. Zu diesen Intensivplots zählen eine ehemalige kleine Wildwiese, eine Fläche inmitten einer über hundertjährigen Fichtenkultur und eine Steilfläche“, erklärt Tweraser. Letztere hat sie soeben betreten – und zeigt sich dabei ganz unbeeindruckt von diesem unwirklichen Bild, das sich hier inmitten der Nationalpark-Wildnis ergibt: Entlang eines Holzstegs säumen sich zahlreiche Messstationen. Lysimeter, Dendrometer, Regenwassersammler: Mehr als 600 Geräte und Sensoren sind am Zöbelboden installiert. Eine High-Tech-Anlage mitten in der Waldwildnis.
Großer Datenschatz aus mehr als 30 Jahren Forschung
„Durch die langjährige Umweltbeobachtung können wir auf einen großen Datenschatz zurückgreifen“, erzählt Stefanie Tweraser weiter, während sie mit geübten Handgriffen die Regen- und Bodenwasserproben entnimmt. So zeigen etwa die Ergebnisse, dass sich die Vegetationszusammensetzung infolge der Luftverschmutzung und der Stickstoff-Einträge verändert. Zum Beispiel gibt es immer weniger Flechten, da diese Organismen sehr empfindlich auf Luftverschmutzung reagieren. Die Forschungsergebnisse liefern auch wichtige Erkenntnisse zum Klimawandel: Aufgrund der geringeren Niederschläge und längerer Trockenphasen stagniert der Holzzuwachs bei den Bäumen. „In Trockenjahren wachsen Bäume weniger, speichern dadurch weniger Kohlenstoff und sind damit weniger effektiv als Klimasenke. Wobei Fichten viel leichter in Dürrestress fallen als Buchen oder Lärchen“, erklärt Tweraser.
Wenn Wälder zu CO2-Emittenten werden
„Wenn Wälder großflächig zusammenbrechen – etwa durch Abholzung oder Borkenkäferbefall – werden sie sogar zu CO2-Emittenten“, erzählt die Mollnerin später auf dem Weg zum zweiten Intensivplot. Auch dort zeigt sich ein ähnliches Bild: Inmitten des alten Fichtenwaldes führt der u-förmige Holzsteg zu den einzelnen Messstationen. Ein Anblick, der sich für Tweraser wie Zuhause anfühlt. „Verbringt man so viel Zeit an einem bestimmten Ort, wird er sehr vertraut. Wie ein erweitertes Wohnzimmer“, sagt sie lachend und macht sich auf ein Neues daran, die verschiedenen Proben zu sammeln.
Wer das Zöbelboden-Team einmal zur Forschungsstation begleiten will, hat am 9. Oktober Gelegenheit dazu: Unter dem Titel „Mit Forscher:innen unterwegs: Klimaforschung im Nationalpark“ wird eine geführte Tour angeboten. Infos und Anmeldung auf www.kalkalpen.at
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