"Alles immer besser": Wenn ständige Selbstoptimierung zum Zwang wird
MOLLN. Eine positive Lebenseinstellung, die perfekte Morgenroutine, das Schreiben eines Glückstagebuchs: Wer ständig an sich arbeitet, sein Leben unablässig optimiert, dem werden Erfüllung und Erfolg versprochen. Woher dieser Drang zur stetigen Selbstoptimierung kommt und was er mit uns macht – das analysiert der Mollner Michael Girkinger in seinem neuen Sachbuch „Alles. Immer. Besser. Licht und Schatten der Selbstoptimierung“.
Werbung, Ratgeber und digitale Hilfsmittel animieren unablässig dazu, uns selbst zu optimieren. Wer seinen Schlaf trackt, die Tasse Kaffee gegen grünen Smoothie tauscht und täglich 10.000 Schritte geht, der führt ein besseres und glücklicheres Leben – so zumindest die Botschaft. Der 43-jährige Michael Girkinger aus Molln hat sich mit diesem Trend zur ständigen Selbstoptimierung intensiv beschäftigt – und seine Recherchen und Erkenntnisse in einem Sachbuch verpackt.
Der Weg zum „perfekten Ich“
„Sich selbst zu verbessern ist das Motto unserer Zeit. Ich wollte mich damit auseinandersetzen, welche gesellschaftlichen Faktoren hinter dem Trend zur Selbstoptimierung auf uns einwirken“, erzählt Girkinger. Im Wesentlichen seien zwei Faktoren ausschlaggebend: „Wir leben zum einen in einer Kultur, die uns dazu anhält, möglichst viel aus dem Leben heraus zu holen. Die uns ständig mit neuen Konsum-Reizen und mit Bildern und Vorstellungen versorgt, wie ein 'ideales Leben' oder ein 'perfektes Ich' aussieht. Zum anderen zwingen uns Wirtschaft und technische Entwicklungen, uns immer wieder anzupassen, damit wir nicht irgendwann zum alten Eisen gehören. Hier entsteht ein starker Druck, sich selbst zu verbessern“, erklärt der Mollner.
Wenn das Glück auf sich warten lässt
Dieser ständige Druck, die beste Version unserer selbst zu leben, kann dabei genau das Gegenteil des eigentlich gewünschten Effekts bewirken: Wir leben nicht glücklicher und zufriedener, sondern gestresster. „Wenn Selbstoptimierung mehr Leid, Unsicherheit und Unwohlsein erzeugt als vorher da waren, handelt es sich mehr um Selbstsabotage als um Selbstverbesserung“, so Girkinger, der in seinem Buch kritisch hinterfragt, „im Namen der Selbstverbesserung einem Angebot nach dem anderen nachzujagen.“
Geschichten, die inspirieren
Betrübt oder entmutigt hinterlässt einen Girkingers Buch aber nicht: Der Mollner erzählt darin auch von all jenen, die durch Selbstdisziplin Großartiges geleistet haben, wie der Musiker Henry Rollins aus Los Angeles, der sich durch Gewichtheben und Musik aus widrigen Umständen befreite. „In meinem Buch kommen viele Menschen zu Wort, echte und aus der Literatur, die erzählen, welche Erfahrungen sie mit Veränderung, Verbesserung und der Suche nach Glück gemacht haben. Inwiefern das gelungen ist – oder auch nicht. Und wie sie damit umgegangen sind.“
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